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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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hätte ich herausfinden sollen, was los war? »Glaubst du wirklich, dass die Frau bei der Beratungsstelle das gemeint hat, als sie von einem Ort sprach, der Pierces Bedürfnissen besser entspricht? Ein Umzug nach Isla Huesos?«
    »Schlimmer als hier in Connecticut kann es dort wohl kaum sein«, hatte Mom geantwortet.
    »Die Sache mit dem Lehrer kannst du mir nun wirklich nicht in die Schuhe schieben, Deb«, hatte Dad sich verteidigt. »Das ist ganz allein deine Schuld. Ich habe doch gehört, wie du sie gedrängt hast, Mr. Muellers Nachhilfeangebot anzu …«
    »Ach, lass mich doch in Ruhe!«, hatte Mom ihn unterbrochen, plötzlich selbst in der Defensive. »Ich ziehe mit Pierce auf die Insel, wo ich geboren wurde. Ende der Debatte.«
    »Ja, natürlich. Damit du dort die Vögel retten kannst.«
    »Irgendjemand muss es ja tun«, hatte sie gereizt entgegnet.
    »Es wird nicht das Geringste bewirken, Deb«, hatte Dad ihr versichert. »Ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn du mich fragst, willst du vor allem dorthin, weil er wieder frei ist.«
    Jetzt wurde Mom richtig sauer. »Man möchte meinen, du hättest im Moment Wichtigeres zu tun, als im Internet das Privatleben meiner Exfreunde auszuspionieren.«
    »Ich beobachte nur ihre Paarungsgewohnheiten«, konterte Dad, »so wie du das der Rosalöffler.«
    »Die Rosalöffler«, gab Mom bissig zurück, »paaren sich nicht mehr. Sie sterben. Dank dir.«
    »Mein Gott, Deborah, das soll ich also auch noch mit Absicht gemacht haben?«
    »So wie ein paar andere Dinge, die ich bei dieser Gelegenheit erwähnen könnte«, erwiderte Mom, »wäre auch das mit dem Ölleck nicht passiert, wenn du dich richtig um deine Aufgaben gekümmert hättest.«
    Das hatte gesessen.
    Aber Dad konnte es nicht abstreiten, so gern er das mit Sicherheit auch getan hätte. Das Leck war einer der Gründe, warum er in letzter Zeit so oft im Fernsehen war. Denn ein nicht geringer Teil der Wirtschaftseinbußen, unter denen Hunderte von Kommunen am Golf, darunter auch Isla Huesos, litten, ging auf das Konto seiner Firma. Touristen fuhren nun mal nicht gern in Gegenden, wo sie mit ihren Jetskis ständig über Öllachen brettern mussten, Flitterwöchler mochten keine ölverpesteten Strände auf ihren Erinnerungsfotos, und Sportfischer mieteten sich ihre Anglerboote lieber in Gegenden, wo sie die gefangenen Fische auch tatsächlich essen konnten, weil sie nicht mit dem Öl-Lösemittel verseucht waren, das Dads Firma in rauen Mengen in den Golf gekippt hatte.
    »Es ist absolut unbedenklich«, sagte Dad in den Nachrichten immer, »wie die Testreihen einwandfrei gezeigt haben!«
    Als jedoch eine Journalistin ihm eine Schale Shrimpscocktail unter die Nase gehalten hatte, mit dem Hinweis, dass die betreffenden Shrimps in mit dem Lösemittel seiner Firma kontaminierten Gewässern gefangen worden seien, und ihn dazu aufgefordert hatte, doch vor laufender Kamera zu beweisen, wie unbedenklich der Verzehr dieser Shrimps war, war er knallrot angelaufen und hatte gemeint, sein Arzt habe ihm den Verzehr von Shrimps verboten. Wegen seines Cholesterinspiegels.
    Dads Cholesterinwerte waren ganz normal.
    Ich fragte mich nur, wer dieser Er war, den Dad erwähnt hatte. Aber ich wollte Mom nicht mit noch mehr Fragen belasten. Sie hatte ohnehin schon genug, um das sie sich kümmern musste. Ich meine, die Rosalöffler, unseren Umzug, Onkel Chris und, natürlich, mich.
    Deshalb sagte ich auch kein Wort zu ihr, als ich vor dem Zubettgehen ein letztes Mal den Vorhang an meinem Zimmerfenster beiseiteschob und einen Mann draußen am Pool stehen sah. Die Partygäste waren bereits alle gegangen, und Mom schlief schon längst. Der Sturm hingegen hatte mittlerweile so richtig losgelegt, und der Strom auf unserer abgelegenen kleinen Insel war mal wieder ausgefallen. So viel zu unserer Alarmanlage.
    Es goss wie aus Eimern. Der kleine nierenförmige Pool im Garten war kurz vorm Überlaufen, und der Wind zerfledderte die Palmen wie alte Zeitungen. Doch als ein Blitz den finsteren Garten für einen Sekundenbruchteil in gleißendes Licht tauchte, war ich mir sicher, John dort unten stehen zu sehen, wie er zu mir heraufschaute. Es konnte niemand anderer sein.
    Wer sonst würde es schaffen, hier reinzukommen? Dad hatte unserem Umzug in einen anderen Bundesstaat nur unter der Auflage zugestimmt, dass Mom mich auf eine Schule schickte, die meinen »besonderen Bedürfnissen« gerecht wurde, und ein Haus in einer bewachten Wohnanlage kaufte. Unter

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