Jenseits
Bürstenhaarschnitt, einer Haut so rot wie der Sonnenuntergang auf Isla Huesos und einem Nacken in etwa so dick wie ein Traktorreifen, meinte beeindruckt: »Hey, von dir hab ich schon gehört. Ist dein Vater nicht der, der diese Firma leitet? Die die Army mit Waffen beliefert oder so ähnlich? Der, der im Fernsehen immer so rumbrüllt?«
»Bryce.« Farah rollte die Augen und lächelte mich entschuldigend an. »Du musst ein bisschen nachsichtig mit ihm sein. Er kommt nicht viel rum.«
»Was hab ich denn gemacht?« Bryce sah entrüstet aus. »Ich hab sie doch nur was gefragt. Was ist denn falsch daran, wenn ich sie frage, ob ihr Dad der aus dem Fernsehen ist? Ist er doch, oder?«
»Ja«, erwiderte ich und setzte mich auf den Stuhl neben ihm. »Zack Oliviera ist mein Dad.«
Das war’s. Jetzt gehörte ich dazu.
Aber nicht nur wegen meines Vaters. Es gab noch jede Menge anderer Gründe, wie sich herausstellen sollte.
»Wo sind denn deine Freunde hin?«, fragte Farah neugierig und sah sich nach Kayla und Alex um.
»Ach, die mussten los«, meinte ich beiläufig und hoffte, wenn ich die Antwort kurz und knapp hielt, würden sie umso weniger Fragen stellen.
Aber meine Sorge war vollkommen unbegründet: Keiner kam auch nur auf die Idee, weiter nachzufragen, und Bryce machte sich sofort daran, die beiden überzähligen Eisbomben zu verschlingen. Als er fertig war, stieß er einen lauten Rülpser aus, woraufhin die Mädchen empört aufquiekten und ihn mit ihren zusammengeknüllten Trinkhalm-Hüllen bewarfen.
Was sie eigentlich wissen wollten, war etwas ganz anderes.
»Ich hab das Holz«, sagte Seth und zog ein Stück Papier aus der Hosentasche. Er breitete es auf dem Picknicktisch aus und hielt es an den Ecken fest, damit der Wind es nicht davonwehte.
Ich beäugte die Zeichnung, konnte aber aus meinem ungünstigen Blickwinkel unmöglich erkennen, was die Striche und Linien darstellen sollten.
Nun, »unmöglich« stimmt nicht ganz. Ich konnte es einfach nicht glauben.
»Wo hast du’s herbekommen?«, wollte Bryce wissen. »Ich dachte, Alvarez hätte allen Läden verboten, uns Holz zu verkaufen …«
Seth warf ihm einen genervten Blick zu. »Kumpel, bitte .«
»Okay«, meinte Bryce und rülpste erneut. »Schon gut.«
»Also wirklich, Bryce«, sagte ein Mädchen gereizt. Es hieß Serena, wie sich später herausstellte. »Muss das sein?«
»Ich glaube, ich hab Sodbrennen«, verteidigte sich Bryce.
»Ach, welch Überraschung«, erwiderte Serena. »Weißt du, wie viele Kalorien allein eins von diesen Dingern hat? Und du hast gerade drei gegessen.«
Serena. Ich prägte mir den Namen ein. Während ich in der Schule kurz auf der Toilette gewesen war, um den Friedhofsaufseher anzurufen, hatte ich auch noch einen schnellen Blick auf Kaylas Facebookseite geworfen. Nur so aus Neugier. Und die Person, die die fiesesten Kommentare hinterlassen hatte, nannte sich »SerenaSweetie«. War sie diejenige, vor der Kayla solche Angst hatte? Der Grund, warum sie Farahs Einladung ausgeschlagen hatte?
»Ich kann eine Kreissäge organisieren«, sprach Seth weiter. »Das Zusammenbauen, Lackieren und vor allem die Lagerung sind das Problem. Wie ihr wahrscheinlich von letztem Jahr noch wisst …«
»Genau«, warf Farah ein und wurde gleich ein paar Zentimeter größer. »So haben wir sie doch erwischt, erinnert ihr euch? Es war einfach viel zu offensichtlich, wie sie alle ständig im Haus von Caleb Tarantinos Eltern rumhingen.«
»Ja, genau«, rief das Mädchen mir gegenüber freudestrahlend. Ihr Name war Nicole. »Ich bin aufgewacht wegen all der Scheinwerfer, und dann hab ich dich angerufen. Weißt du noch, Cody? Die ganze Nacht sind sie rein- und rausgefahren. Ich konnte nicht mehr einschlafen und hab mich gefragt, was da für ’ne Party läuft bei Cal. Und wieso wir nicht eingeladen sind.«
»Das war genial.« Cody, ein weiteres Mitglied des Footballteams – wenn auch bei weitem nicht so bullig wie Bryce und mit etwas mehr Hirn ausgestattet –, nickte begeistert. »Wir haben sie absolut kalt erwischt.«
»Wie Ninjas«, sagte Bryce stolz. »Ninjas in der Nacht. Jetzt wissen sie, dass es einem nicht gut bekommt, wenn man sich mit den Rector-Strandräubern anlegt.«
Cody und Bryce standen auf und rammten ihre Brustkörbe gegeneinander – quer über den Tisch und schön fest natürlich.
Farah und Serena rollten die Augen.
»Genau«, meinte Nicole und saugte lautstark an ihrem Strohhalm. »Trotzdem hätte ich es nett gefunden,
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