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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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klang so dämlich. Vor allem, wenn ich den Vogel erwähnte.
    Er nickte. »Aha. Selbstverständlich. Das war auch der Grund, weshalb man Sie wiederbeleben konnte.« Er fingerte erneut an seiner Brille herum, polierte sie mit einem Tuch, das auf dem Schreibtisch bereitlag, und setzte sie wieder auf, um mich weiter neugierig anzuschauen. »Sie sagten etwas über … eine Tasse Tee, die Sie ihm ins Gesicht geschüttet haben?«
    Ich blickte zu Boden. »Ja. Deshalb … nun ja, so konnte ich ihm entwischen.«
    »Ich verstehe«, erwiderte er in vollkommen neutralem Tonfall. »Und das dürfte dann ungefähr … eineinhalb Jahre zurückliegen?«
    Überrascht schaute ich ihm wieder in die Augen. »Woher …?«
    »Ach, das war nur geraten«, unterbrach er mich, seine Stimme plötzlich weit weg. »Es würde vieles erklären. Das ist alles.«
    »Was erklären?« Ich verstand überhaupt nichts.
    »Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf«, meinte er nur und blickte mich wieder an. »Also.« Mit einem lauten Quietschen beugte er sich auf seinem Stuhl nach vorn. »Erzählen Sie mir doch, wie Sie an diese Kette gekommen sind. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, natürlich. Ich würde ihn ja selbst fragen, aber … nun ja, in letzter Zeit war er nicht sonderlich gesprächig.« Er grinste plötzlich und seine Augen funkelten förmlich hinter den runden Brillengläsern. »Jetzt weiß ich natürlich, weshalb. Aber ich bin sicher, Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass John durchaus seine Launen hat.«
    Ich schüttelte den Kopf, denn ich konnte einfach nicht glauben, was ich da gerade hörte. Die ganze Zeit über hatte ich versucht, andere davon zu überzeugen, dass John real war, und niemand hatte mir geglaubt. Und jetzt saß mir so ein älterer Herr gegenüber, der mir nicht nur glaubte, sondern ihn auch noch selbst gesehen und mit ihm gesprochen hatte.
    Und ihn anscheinend nicht für ein Monster hielt. Er nannte ihn John . Einfach so. Nur … John . Der durchaus seine Launen hat.
    Ich war also nicht verrückt. War es nie gewesen.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte ich. »Sie sprechen mit ihm? Ich meine, Sie reden mit ihm? Sie beide unterhalten sich?« Ich brauchte einen Energy-Drink, einen Espresso, meine Tabletten, eine halsbrecherische Abfahrt auf meinem Cruiser, irgendwas . Ich konnte die Informationen, die ich gerade erhalten hatte, einfach nicht verarbeiten. Die Vorstellung, dass John in Mr. Smiths Büro saß, auf demselben Stuhl wie ich gerade, und die beiden sich unterhielten, widersprach allen Regeln der Logik.
    »Nun«, meinte Mr. Smith und lehnte sich nachdenklich zurück. »Nicht oft, natürlich. Aber dann und wann. Ich laufe ihm draußen auf dem Friedhof über den Weg, und wir unterhalten uns ein bisschen. Es ist natürlich nicht immer leicht. Er kann ja durchaus etwas … wie heißt das noch bei euch jungen Leuten? Ach ja: rumzicken.«
    Rumzicken? Dafür, dass er plötzlich aus dem Nichts auftauchte und versuchte, jeden umzubringen, der mich auch nur berührte, schien mir der Ausdruck ein wenig schwach.
    »Andererseits habe ich im Vergleich zu meinen Vorgängern in diesem Amt – die vielerlei Warnungen bezüglich Johns … Rumgezicke hinterließen – den Vorteil, dass ich schon einmal tot war und sie nicht«, erklärte der Friedhofsaufseher weiter. »Weshalb ich weder den Tod noch dessen Begleitumstände fürchte.«
    Meine Augen wurden groß. Richard Smith hatte also keine Angst vor John, und anscheinend auch nicht vor dem Ort, von dem er kam. Gewagt.
    »Einige dieser Warnungen stellten sich jedoch als berechtigt heraus, wie ich zugeben muss«, fuhr er fort. »Schließlich leidet dieser junge Mann beträchtliche Qualen. Wer würde das nicht an seiner Stelle? Aber die Geschichten über ihn, die Dinge, für die die Menschen hier ihn gerne verantwortlich machen, haben jeglichen Bezug zur Realität verloren. Das Tor, zum Bei …«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?« Ich starrte ihn ungläubig an. »Sie meinen doch das Eingangstor, oder? Das war nämlich er. Ich war dabei. Und es war niemand anderer als er.«
    Mr. Smith hob die Augenbrauen. »Dennoch, die mysteriösen Todesfälle, welche meine Vorgänger ihm in die Schuhe schieben wollten, gehen sicherlich nicht …«
    Ich schüttelte den Kopf. »Lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen: Waren diese Verstorbenen vielleicht sowas wie gemeine Verbrecher, die den Tod verdient hatten? Dann hat er es nämlich getan. Ganz sicher.«
    Jetzt schüttelte der Küster den Kopf.

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