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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Geographie.« Und in jedem anderen Fach, in dem es nicht darum ging, wie ich den Tod von Hannah Chang rächen konnte. »Sehen Sie, ich muss jetzt wirklich …«
    »Es ist ganz einfach.« Er nahm einen Bleistift zur Hand und deutete auf die erste »Krappe«, wie er es genannt hatte: »Schmerz.« Er deutete auf die zweite: »Wehklagen.« Die dritte: »Feuer.« Dann die vierte: »Vergesslichkeit.« Schließlich die fünfte: »Und Hass.«
    Ein Donner krachte. Der Sturm war jetzt so nahe, er schien direkt über unseren Köpfen zu sein.
    »Die fünf Flüsse der Unterwelt«, sprach Richard Smith weiter, ganz entzückt über seinen eigenen Vortrag. »Acheron, Cocytus, Phlegethon, Lethe und Styx«, zählte er an seinen Fingern auf. »Bei Gott, Mädchen, bringen sie euch in der Schule denn gar nichts Nützliches mehr bei? Die Unterwelt? « Mit diesen Worten lehnte er sich in seinen Stuhl zurück und starrte mich an.
    Ich fühlte mich, als wäre ich gerade von einem Laster überfahren worden. Was natürlich kindisch war, denn eigentlich hätte ich es wissen müssen. Es war die ganze Zeit direkt vor meinen Augen gewesen. Nun, nicht ganz – um meinen Hals.
    Ich wusste nicht, warum ich es nicht gesehen hatte. Meine Therapeuten hatten ständig versucht, es mir zu erklären. Schließlich waren meine angeblichen Halluzinationen voll gewesen von Dingen, die ich im Fernsehen gesehen hatte.
    Ob wir die griechische Mythologie nicht in der Schule durchgenommen hätten?
    Natürlich hatten wir. Aber Dingen, die mich nicht interessierten, hatte ich noch nie große Aufmerksamkeit geschenkt. Auch nicht vor meinem Unfall. Auch das hatte ich geerbt, und zwar von beiden Eltern, auch wenn sie jedes Mal, wenn ich sie darauf hinwies, jeweils dem anderen die Schuld gaben: Rosalöffler, das ist allein deine Schuld. Nein, mein lieber Wurfstern, deine .
    Aber wer interessierte sich schon für griechische Mythologie? Diese Geschichten von Leuten mit seltsamen Namen, die von Pfeilen in die Achillessehne getroffen, und jungen Mädchen, die in die Unterwelt entführt wurden? Viel zu kompliziert und verworren, ohne den kleinsten Bezug zur Realität.
    Und dennoch war da … Irgendetwas stimmte nicht.
    Ich blinzelte den Friedhofsaufseher an. »Aber, da waren keine Flüsse, als ich dort war. Nur ein See.«
    Jetzt war er es, der mich anblinzelte. Was streng genommen auch nicht verwunderlich war.
    »Als Sie dort waren?« Mr. Smith nahm seine Brille ab. »Was soll das heißen, als Sie dort waren?«
    Manchmal hatte ich es so satt, mich ständig zu verstellen. Es war so unglaublich ermüdend, mich immer anpassen zu müssen und zu versuchen, »normal« zu sein. Auch wenn das Wort therapeutisch nicht sinnvoll war.
    »Diese Halskette«, begann ich und legte meine Hand darüber. Der Diamant fühlte sich warm und angenehm an auf meiner Haut, so wie er es immer getan hatte.
    Doch jetzt, da ich wusste, dass seinetwegen Tausende von Menschen gestorben waren und eine Königin, wenn auch indirekt, wegen ihm den Kopf verloren hatte, waren meine Gefühle ihm gegenüber nicht mehr ganz so wohlwollend.
    »Sie soll den Träger vor allem Bösem beschützen«, vervollständigte ich schließlich den Satz.
    »Nun ja«, sagte Richard Smith und blinzelte noch heftiger. Zum ersten Mal schien er ein wenig verunsichert. »So besagt es zumindest die Legende. Zu diesem Zweck hatte Hades sie herstellen lassen. Doch wenn jemand, der nicht zu Hades’ auserwählten Gefährtinnen gehört, versucht, sie an sich zu bringen …« Er zuckte die Achseln, rieb sich die Augen und setzte seine Brille wieder auf. »Tja, so jemanden erwartet ganz offensichtlich kein gutes Schicksal. Aber das sind, wie gesagt, nur Geschichten. Was meinten Sie, als Sie sagten …«
    »Darüber hat er mir nichts erzählt«, murmelte ich und schaute über die Schulter nach draußen. »Er hat nichts davon gesagt, dass böse Geister hinter mir her sein könnten. Auch nicht, wer er in Wirklichkeit ist. Oder vielleicht hat er das ja. Aber ich habe fast die ganze Zeit über geweint …«
    Benommen stand ich auf und ging zum Fenster. Von dort aus konnte man die Straße sehen und auch die Ecke des Friedhofs, in der die Flammenbäume standen und ihre knorrigen Äste wie ein Dach über das Hayden-Mausoleum streckten.
    Ich weiß nicht, was ich dort zu sehen hoffte. Ihn? Als ob auch nur der Hauch einer Chance bestanden hätte, dass er dort draußen neben dem Bauwerk stehen würde. An der Stelle, wo er die Halskette, die er mir

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