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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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geschenkt hatte, von sich geschleudert hatte (weil ich sie ihm zurückgeben wollte). Oder neben dem Tor, das er eingetreten hatte, nachdem er mir gesagt hatte, ich solle verschwinden (weil ich ihn einen Idioten genannt hatte).
    Ich war nicht mal sicher, ob ich ihn sehen wollte, oder ob ich Angst hatte, ihn zu sehen. Aber meine Sorge war unbegründet. Der Friedhof war genauso verlassen wie die Straße. Jeder versuchte, dem Sturm aus dem Weg zu gehen. Genauso wie John versuchte, mir aus dem Weg zu gehen. Oder mich schon vergessen hatte.
    »Miss Oliviera«, sagte der Friedhofsaufseher hinter mir. »Ich verstehe nichts von dem, was Sie da soeben gesagt haben. Wer ist er ? Was meinten Sie, als Sie sagten, Sie wären dort gewesen?«
    »Ist doch ganz egal.« Ich musste lachen; es war einfach alles zu absurd. »Ich habe ihm eine Tasse Tee ins Gesicht geschüttet.«
    Ich hörte, wie der Küster sich mit einem Knarzen von seinem Stuhl erhob.
    »Warten Sie«, sagte er. »Soll das heißen, dass Sie …«
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?« Ich wirbelte herum. Ich wusste selbst nicht, warum ich es gerade an ihm ausließ, schließlich war es nicht seine Schuld. Der arme alte Mann. Ich glaube, es lag daran, dass ich am Fenster stand und gesehen hatte, dass er nicht da war. Dass er nie wieder da sein würde, und das nach allem, was ich durchgemacht hatte. Nach allem, was ich gerade gehört hatte … Eigentlich hätte ich erleichtert sein müssen, aber was ich spürte, war nichts als Enttäuschung.
    Ich gehörte nicht ins Neue-Wege-Programm, ich gehörte zurück in den Kindergarten.
    »Was wollen Sie von mir? Warum stecken Sie mir geheimnisvolle Nachrichten zu? Warum versuchen Sie ständig, mich einzuschüchtern?«, fragte ich wütend. »Geht es um Geld, damit Sie dieses bescheuerte Tor reparieren können? Schön. Ich werde meinen Dad fragen, der wird den Schaden bezahlen. Nur erzählen Sie’s niemandem. Meine Mom versucht nämlich gerade, hier noch mal ganz von vorne anzufangen.«
    Ich ging hinüber zu seinem Schreibtisch und schnappte mir die Halskette.
    Sofort fühlte ich mich besser. Beruhigt. Was wohl das Verwirrendste an dem Ganzen war.
    »Und ich habe Sie belogen«, sprach ich weiter. »Das gehört tatsächlich mir, und ich nehme es mir wieder. Irgendwelche dämlichen Flüche interessieren mich nicht. So.« Ich schaute ihm direkt in die Augen. »Wie viel?«
    Mr. Smith sah überrascht aus. Mehr als nur überrascht: geschockt.
    »Geld?«, wiederholte er. »Es geht hier nicht um Geld, Miss Oliviera. Geld hatte nie etwas damit zu tun.«
    Ich sah ihn verwirrt an. »Aber wenn Sie kein Geld von mir wollen«, fragte ich, »was wollen Sie dann?«
    »Nun, zuallererst einmal die Wahrheit.« Er schaute an mir vorbei und blickte durch das Fenster, vor dem ich gerade gestanden hatte, nach draußen. »Wie lange kennen Sie John denn schon?«

Als ob dein Ohr taub seinen Klagen bliebe,
    Als sähest du ihn nicht im Wirbel dort,
    Bedroht, mehr als ob Meeressturm ihn triebe?
    Dante Alighieri, Göttliche Komödie , Zweiter Gesang
    I ch?« Ich starrte ihn ungläubig an. »Sie meinen, Sie kennen John?« Erst jetzt merkte ich, was ich getan hatte: Ich hatte dem Küster gegenüber gerade Johns Existenz zugegeben. Oder … hatte er nicht gerade mir gegenüber Johns Existenz zugegeben?
    »Nun, natürlich kenne ich ihn«, erwiderte Mr. Smith und schaute mich an, als wäre ich etwas schwer von Begriff. »Zwar nicht so gut, wie Sie es offensichtlich tun, aber ich habe auch nicht die Unterwelt betreten, als ich starb.«
    »Sie meinen, Sie …«
    »Aber ja«, sagte er und klopfte sich ungeduldig auf die Brust. »Herzinfarkt. Bypassoperation. Aber ich habe nur ein Licht gesehen.« Er setzte sich wieder hin, und der Blick, mit dem er mich jetzt ansah, war ein vollkommen anderer als noch kurz zuvor. Es lag jetzt ein gewisser … Respekt darin. Als wäre ich in seinen Augen nicht länger nur der ungebärdige Teenager, für den er mich anfangs gehalten hatte.
    Als der ich mich, wie ich zugeben musste, auch ein wenig aufgeführt hatte. Doch fand ich, dass ich diesbezüglich mildernde Umstände geltend machen konnte.
    »Wie war das bei Ihnen, Miss Oliviera? Wie sind Sie gestorben?« Sein Blick war jetzt beinahe mitfühlend.
    »Ich bin gestolpert und habe mir den Kopf angeschlagen«, antwortete ich. »Und dann bin ich ertrunken. Aber ich hatte auch eine schwere Unterkühlung«, fügte ich schnell hinzu, weil ich nicht gerne erzählte, wie ich gestorben war. Es

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