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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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zwar möglichst bald. Denn nach Ihrem ersten Auftauchen brauchte ich Monate , um John auch nur halbwegs zu beruhigen. Danach waren die Dinge wenigstens wieder einigermaßen im Lot. Das heißt, bis letzte Nacht, als Sie ihn erneut aus der Fassung brachten und ich am nächsten Morgen das zerstörte Eingangstor vorfand und nebenbei auch noch das Diamant-Juwel einer verstorbenen Königin. Dann materialisiert sich aus dem Nichts ein Hurrikan und hält direkt auf unsere Küste zu. Wenn ich also einen Vorschlag machen dürfte: Warum versuchen Sie nicht einmal« – er sah mich mit seinen braunen Augen flehend an – »ein bisschen netter zu dem Jungen zu sein?«
    Ich öffnete den Mund, denn es gab so einiges, was ich gerne auf Mr. Smiths Monolog erwidert hätte. Nummer eins: Egal wie nett ich John behandelte, es änderte nichts. John war wie ein wildes Tier, er machte, was immer er wollte. Nichts und niemand konnte daran etwas ändern. Nummer zwei: Egal wie nett ich auch zu John Hayden war, es würde nicht das Geringste ändern. Er konnte gehen, wohin er wollte, und tun, was er wollte, und das binnen eines einzigen Wimpernschlags.
    Doch dann merkte ich, dass es falsch wäre, diese Dinge auszusprechen. Damit hätte ich nur Mr. Smiths romantische Vorstellung von der Unterwelt zerstört, seine geliebten fünf Flüsse, die auf die Namen Schmerz und Wehklagen und was nicht alles hörten. Ihm die trostlose Wahrheit über die tätowierten Wächter und die Fähren und die Schlangen und den eisig kalten Strand unter die Nase zu reiben, würde niemanden weiterbringen. Was nützte es, wenn Mr. Smith erfuhr, dass die Wahrheit ganz anders aussah, als er sie sich zurechtgeträumt hatte? Er würde daran zerbrechen, sonst nichts.
    Genauso wie er an dem Wissen zerbrechen würde, dass John sich nicht in mich verliebt hatte, ganz egal was er dachte. Mag sein, dass er in meinen Augen gesehen hatte, wer ich bin. Aber alles, was er gesagt hatte, war, dass ich mir anscheinend um andere mehr Sorgen machte als um mich selbst.
    Wenn er so in mich verliebt war, wie Mr. Smith zu glauben schien, warum war er dann nicht ein bisschen netter zu mir? All die Monate, die ich still in meinem gläsernen Sarg vor mich hin gelitten hatte – wenn es stimmte, warum sagte er mir dann nicht einfach, dass er mich liebt? Anstatt plötzlich aus dem Nichts aufzutauchen und vor meiner Nase irgendwelche Leute fast umzubringen?
    Konnte natürlich auch sein, dass ihm die Furien zusetzten, weil er mich hatte entwischen lassen. Vielleicht war er deshalb mittlerweile vollkommen zum wilden Tier mutiert und wusste einfach nicht mehr, wie wichtig es sein kann, diese drei Worte zu hören: »Ich liebe dich.« Vielleicht wusste er auch gar nicht mehr, wie man sowas ausspricht. Er hatte ja schon genug Probleme mit einem einfachen »Tut mir leid«.
    Mein Gott, was machte ich da eigentlich? Ich konnte nicht glauben, dass ich auch nur mit dem Gedanken spielte, Mr. Smiths Vorschlag ernstzunehmen. Er war ein Kauz, ein Isla-Huesos-Kauz. Auf seine Art unterschied er sich gar nicht so groß von Oma. Wer betreibt schon auf einer Insel, auf der die Durchschnittstemperatur dreißig Grad beträgt, einen Strickladen? Kein Wunder, dass sie Richard Smith zum Friedhofsaufseher gemacht hatten. Der Kerl war besessen von diesen Totengöttern!
    In sein Büro zu kommen, war keine gute Idee gewesen, wie mir jetzt klar wurde. Was hatte ich denn schon erreicht? Nicht viel, zumindest nichts Gutes. Außer vielleicht, dass ich meine Halskette wieder hatte.
    Meine Halskette, die, wie ich nun wusste, bisher noch jedem den Tod gebracht hatte, der sie jemals in den Fingern hatte. Super.
    »Sehen Sie …«, sagte ich zu Mr. Smith und hängte mir die Kette um. Als ich das Gewicht des Diamanten auf meiner Brust spürte, fühlte ich mich schon ein bisschen besser. Was aber auch irgendwie deprimierend war. »Egal. Schon in Ordnung. Ich hab verstanden.«
    Er betrachtete mich im Schein der Lampe. »Haben Sie das wirklich, Miss Oliviera? Denn mich beschleicht das unangenehme Gefühl, dass es mir genauso wenig gelungen ist, zu Ihnen durchzudringen, wie zu John.«
    »Tja«, meinte ich, »zumindest wissen Sie jetzt, warum ich nicht besonders scharf darauf war, bis in alle Ewigkeit bei John zu bleiben. Er ist einfach unmöglich.«
    Mr. Smith sah nachdenklich aus. »Unmöglich, mag sein«, gab er schließlich zu. »Aber interessant. Genauso wie Sie. ›Bis in alle Ewigkeit‹ ist selbstredend eine lange Zeitspanne, doch wenn

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