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Jeremy X

Jeremy X

Titel: Jeremy X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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den vier oder fünf Jahrhunderten an Lebenszeit, die ihr die Kombination aus Prolong und ihrem Genom hätten schenken sollen. Und er wusste, dass jedes bisschen dieser Liebe, jeder einzelne dieser Erfolge zu Totgeburten wurden, als der Ausschuss für Langfristige Planung seiner Tochter die todbringende Injektion verabreicht hatte.
    Und genau darauf läuft es letzten Endes hinaus, nicht wahr, Jack?, gestand er sich ein, im Schutze der Dusche und der Privatsphäre unausgesprochener Gedanken. Für den ALP war Francesca Simes letztendlich bloß ein weiteres Projekt. Ein weiterer Faden in dem Masterplan, an dem sie seit Jahrhunderten webten. Und was macht ein Weber, wenn einer seiner Fäden nicht tut, was er soll? Er schneidet ihn ab, nichts anderes. Er schneidet ihn ab, er wirft ihn weg, und dann macht er mit seiner Arbeit weiter.
    Aber sie war nicht bloß ein Faden! Nicht für Herlander. Das war seine Tochter! Sein kleines Mädchen! Das Kind, das an seiner Hand laufen gelernt hatte. Die Tochter, die lesen gelernt hatte, indem er ihr Gutenachtgeschichten vorlas. Die gelernt hatte zu lachen, indem sie sich seine Witze anhörte. Sie war die Person, die er mehr geliebt hatte, als er sich jemals hätte selbst lieben können. Und er konnte nicht einmal um ihr Leben kämpfen, weil der Ausschuss es ihm nicht gestattet hatte. Die Entscheidung lag nicht bei ihm - sie lag beim Ausschuss, und der Ausschuss hat die Entscheidung auch getroffen.
    Zitternd atmete er tief durch und schüttelte kurz den Kopf.
    Du lässt dich von deinem Mitgefühl in Richtungen treiben, in die du dich wirklich nicht wagen solltest, Jack, sagte er sich selbst. Natürlich tut er dir Leid - mein Gott, wie könnte er dir nicht Leid tun? -, aber es gibt einen Grund, warum das System so aufgebaut ist, wie es eben ist. Irgendjemand muss auch die schweren Entscheidungen treffen, und wäre es wirklich besser, sie jemandem zu überlassen, dessen Liebe es ihm noch viel mehr erschweren würde, diese Entscheidung zu fällen? Jemandem, der für den Rest seines Lebens mit den Konsequenzen seines eigenen Handelns und seiner eigenen Entscheidungen würde leben müssen, nicht mit denen von jemand anderem?
    Er verzog das Gesicht, als er sich an das Memo von Martina Fabre erinnerte, das Bestandteil von Simes' Stammdatei war. Das Memo, in dem Simes' Vorschlag - sein Flehen - vermerkt war, persönlich die Verantwortung für Francesca übernehmen zu dürfen. Sich persönlich um die Pflege zu kümmern, die sie zum Überleben benötigte, dafür zu sorgen, dass auf rein privater Basis beauftragte Ärzte weiterhin mit ihr arbeiteten, und alles aus eigener Tasche zu bezahlen. Er war sich voll und ganz bewusst gewesen, in welcher Größenordnung diese Kosten gelegen hätten - der ALP hatte es ihm überdeutlich gesagt, als es sämtliche Ressourcen aufzählte, die in ihre Langzeitpflege und ihre Behandlung ›unprofitabel investiert‹ wären - und es war ihm egal gewesen. Und nicht nur das, er hatte, mit der gleichen Präzision, die ihm auch bei seiner wissenschaftlichen Arbeit zu eigen war, deutlich dargelegt, dass er in der Lage gewesen wäre, diese Kosten zu tragen. Es wäre ihm nicht leichtgefallen, und es hätte sein ganzes Leben bestimmt, doch er hätte es schaffen können.
    Nur dass die Entscheidung eben nicht bei ihm gelegen hatte, und der Ausschuss war, wie Dr. Fabre es ausgedrückt hatte, ›nicht willens gewesen, Dr. Simes zu gestatten, sein Leben zu zerstören, bloß weil er aussichtslos nach einem Wunderheilmittel für ein Kind suchen wollte, das von Anfang an als Hoch-Risiko-Projekt eingestuft worden war. Es wäre in höchstem Maße unverantwortlich von uns gewesen, ihm zu gestatten, so viel seines eigenen Lebens in eine Tragödie zu investieren, die der Ausschuss geschaffen hatte, indem er die Simes' gebeten hatte, ihnen bei diesem Projekt behilflich zu sein.‹
    Jack schaltete die Dusche ab, trat aus der kleinen Kabine und machte sich daran, sich mit den warmen, dicken Handtüchern abzutrocknen, doch sein Gehirn ließ sich nicht so leicht abschalten wie das Wasser. Er streifte eine Schlafanzughose über - Oberteile trug er nicht mehr, seit er fünfzehn Jahre alt geworden war - und ertappte sich selbst dabei, einen Weg in seinem Apartment einzuschlagen, der zu dieser späten Stunde für ihn äußerst unüblich war.
    Er öffnete die Hausbar, ließ einige Eiswürfel in ein Glas fallen, goss einen ordentlichen Schuss verschnittenen Whiskeys darüber und schwenkte das Glas

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