Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Titel: Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
der mittelgroße Mann. Er trug eine sehr dicke schwarzgerahmte Brille und war etwa vierzig Jahre alt. Seine Nase war auffallend dick und klobig. Phil nickte, obwohl ihn gerade an dem Duft des Gebäcks etwas störte. Er vermochte nicht zu sagen, was es war.
    Ihm fiel die nächtliche Anruferin ein. Er warf das Gebäckstück in einem Impuls weit von sich. Es landete auf dem Rasen am Teich. Eine Ente watschelte darauf zu und begann es zu verspeisen.
    »Nach all den Brotkrumen wird sie das Dessert zu würdigen wissen«, meinte Phil entschuldigend und drehte den Kopf zur Seite. Er sah, wie der bebrillte Mann davonging, anscheinend zutiefst beleidigt. Phil zuckte mit den Schultern. Er hatte nicht beabsichtigt, den Mann zu verletzen, hielt es jedoch für angebracht, an diesem Sonntag besonders vorsichtig zu sein.
    Er beobachtete die Ente, die das Schmalzgebäck verzehrte. Mit einer merkwürdig schlaffen, fast schläfrigen Bewegung wendete das Tier den Kopf zur Seite. Dann lief ein Zucken durch den Leib. Die Ente rollte die Böschung hinab und fiel ins Wasser.
    Die Ente unternahm keinen Schwimmversuch und trieb am Ufer entlang. Sie war tot.
    Phil wirbelte herum.
    Er blickte suchend in die Gesichter einer bunten, schier unübersehbaren Menge von Sonntagsspaziergängern. Er sah Familien mit Kindern, er sah weißhaarige alte Herren, und er sah plaudernde alte Damen, er sah Nurses mit Kinderwagen und junge Leute mit Transistorradios. Einen Menschen sah er nicht — den mittelgroßen bebrillten Mann, den »edlen Spender«.
    ***
    Ich betrat das Office gegen vierzehn Uhr zwanzig. Phil war schon da. Er hatte sein Jackett abgelegt und seinen Schlipsknoten gelockert. Alles in allem hinterließ er den Eindruck, als habe er bereits einen arbeitsamen Vormittag hinter sich. Erstaunt hob ich die Augenbrauen. »Ich wußte nicht, daß man hier Enten füttern kann«, sagte ich und schloß die Tür hinter mir.
    Phil betrachtete verblüfft mein geschwollenes Gesicht. »Hast du den Ehrgeiz, als Freiballon zu starten?« fragte er. »Du siehst jedenfalls so aus.«
    Ich ließ mich in den Drehsessel fallen und griff nach dem Telefonhörer. Ich wählte die Nummer des Labors und erkundigte mich, wer Sonntagsdienst hatte. »Dr. Shapiro«, wurde mir geantwortet. »Genau der richtige Mann«, sagte ich. »Würden Sie ihn bitten, zu mir zu kommen?«
    »Was willst du vom Doc?« fragte Phil. »Was ist passiert?«
    »Die nächtliche Anruferin hat Wort gehalten«, informierte ich Phil. »Um ein Haar wäre ich das Opfer eines wildgewordenen Bienenschwarms geworden.«
    »Im Ernst?«
    »Nein, im Lokal und vorher auf der Straße«, blödelte ich, obwohl mir gar nicht danach zumute war. Ich wußte immer noch nicht, was die Bienen so verrückt gemacht hatte.
    Phil schob einen Stapel Fotos zur Seite. »Da kann ich mithalten«, sagte er und berichtete, was ihm beim Entenfüttern zugestoßen war. »Ich habe die arme Ente mitgebracht. Unser Veterinär wird eine Autopsie vornehmen müssen.« Er wies auf die Fotos. »Das sind die Bilder vorbestrafter Männer, die in Alter und Aussehen dem Burschen am Ententeich ähneln. Der Gesuchte ist leider nicht darunter.«
    Ich dachte an Steve. »Hast du versucht, Steve zu erreichen?« fragte ich.
    »Mindestens ein Dutzend Mal. Er meldet sich nicht«, sagte Phil. Ich sah seinem Blick an, daß er sich um Dillaggio sorgte. Die Tür öffnete sich. Dr. Shapiro kam hereinspaziert. Er hatte seinen weißen Kittel an und die alte zerkaute Shagpfeife zwischen den Lippen. Es gab Leute, die steif und fest behaupteten, er gehe mit dem Ding schlafen, doch das war sicherlich übertrieben. Fest stand, daß er sie auch beim Sprechen nicht aus dem Mund nahm. Er setzte sich, und ich erklärte ihm, was mir zugestoßen war.
    James Shapiro war ein Chemiker von hohen Graden. Er war jedoch nicht einseitig und galt als fähiger Allround-Wissenschaftler. Mein Bericht schien ihn kaum zu beeindrucken.
    »Isoamylazetat«, murmelte er. Es war ein schwieriges Wort, und es wurde nicht verständlicher durch die Tatsache, daß Shapiro dabei die Pfeife im Mund behielt.
    »Wie bitte?« fragte ich.
    »Ein Duftstoff«, erklärte Shapiro. »Sie sind damit markiert worden.«
    Blitzartig durchzuckte mich ein Gedanke. Der Gedanke an das aufregende rothaarige Mädchen, das meinen Kopf ebenso herzig wie fest zwischen ihre schmalen Hände genommen hatte. Jetzt verstand ich ihr merkwürdiges spontanes Verhalten. Die Handschuhe hatten fraglos den Duftstoff auf mein Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher