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Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Titel: Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein hohles Kreuz und keuchte. Seine Augen quollen hervor. Mit beiden Händen zerrte er an seinem steifen, engen Kragen. Es war zu sehen, daß ihm das Atemholen Mühe machte. Ich bückte mich rasch und half ihm, den Kragen zu öffnen, was ihm jedoch keine Erleichterung brachte.
    »Das hat er noch nie gehabt!« sagte sein Kollege fassungslos. »Er ist jetzt schon seit zwei Jahren bei uns. Erst vorige Woche war er beim Arzt, nur so, ganz routinemäßig. Er kam ganz stolz zurück. Kerngesund, wie er meinte…« Ich gab dem Mixer einen Wink. »Rufen Sie .sofort einen Arzt!« Er nickte und eilte ans Telefon.
    Der Portorikaner bekam plötzlich seltsam dicke, geschwollene Lippen. Es war, als färbten sie sich blauviolett. Möglicherweise war das eine Sinnestäuschung; das schummrige farbige Barlicht war für genaue Beobachtungen denkbar ungeeignet.
    Ich ließ mich neben dem um Luft Ringenden auf die Knie nieder und drehte ihn behutsam auf die Seite. In seinem Rücken blitzte etwas auf, hell und metallisch, ganz kurz nur; es war wie der Reflex eines geschliffenen Steins.
    Ich faßte vorsichtig mit dem Finger hin und berührte etwas Scharfes, Spitzes. Ein Glassplitter? Der scharfe Gegenstand war durch die Kleidung in den Rücken des Portorikaners eingedrungen. Ich wußte plötzlich, hier war ein Verbrechen verübt worden.
    Ich richtete mich auf. »Wo ist der Geschäftsführer?« fragte ich den Oberkollegen.
    »In der Küche. Er speist gerade zu Abend, Sir. Soll ich ihn rufen?«
    »Ja. Aber schließen Sie bitte erst einmal den Ausgang. Niemand darf das Lokal verlassen!«
    Der Mann musterte mich verblüfft. Einige der Gäste protestierten laut. »Was bildet sich der Kerl denn ein!« empörte sich eine männliche Stimme. »Nur weil jemandem schlecht geworden ist, kann er uns doch nicht wie Rekruten behandeln!«
    Ein Zucken lief durch den Körper des Portorikaners. Ich beobachtete ihn und wartete darauf, daß sich der gestraffte Leib entspannen würde. Ich wartete vergebens.
    »Arzt kommt gleich, Sir!« rief mir der Mixer zu und legte auf.
    »Rufen Sie auch die Polizei«, sagte ich grimmig.
    »Unfall?« fragte er.
    »Nein, die Mordkommission!« antwortete ich.
    ***
    Der Mixer starrte mir ungläubig in die Augen. Im Lokal herrschte Totenstille. Alle waren damit beschäftigt, Sinn und Konsequenzen meiner Worte auf sich einwirken zu lassen. In diese Stille hinein schob sich ein merkwürdiger Quietschton. Er kam nicht aus dem Barraum, sondern wurde irgendwo in einem Nebenraum des Lokals erzeugt. In der Küche? Es klang, als würde ein Fenster geöffnet, das seit Jahren nicht mehr bewegt worden war.
    Die Toilette! Ich sprintete zu der Tür, die in die Waschräume führte. Durch den schmalen weißgestrichenen Gang gelangte ich in die Herrentoilette. Ein kühler Luftzug strich durch mein Haar. Ich riß die beiden Türen auf, entdeckte das offene Fenster und blickte hinaus.
    Ein Mann hastete quer über die asphaltierte Hoffläche auf den Parkplatz zu. Unter seinem linken Arm trug er ein schmales schwarzes Etui. Ich erinnerte mich, den Mann unter den Gästen gesehen zu haben, allerdings ohne diesen Behälter. Er war ein etwa vierzigjähriger Bursche mit hagerem intelligentem Gesicht. Gut, aber nicht auffällig gekleidet.
    Ich schwang mich hoch und hechtete kopfüber nach draußen. Ich praktizierte bei der Landung eine Fallschirmspringerrolle und war im Nu wieder auf den Beinen. Der Mann kletterte in eine grasgrüne Plymouth-Limousine des letzten Baujahres. Ich drückte mich in einen dunklen Winkel und beobachtete, wie der Mann den Wagen zurücksetzte und dann auf die Ausfahrt zujagte. Dort mußte er scharf bremsen.
    Er hatte auf seiner Flucht nicht ein einziges Mal zurückgeblickt, fühlte sich also wohl nicht verfolgt. Ich lief geduckt zu meinem roten Flitzer und schwang mich hinein. Als ich den Wagen aus der Parklücke setzte, bog der Plymouth auf die Straße ein und verschwand.
    Sekunden später hatte ich die Ausfahrt erreicht. Ich sah eine endlose Wagenschlange herankommen und riskierte es, das flotte Blechkleid meines Jaguar zu ruinieren, indem ich einem Fahrer die Vorfahrt abschnitt und mich ausgesprochen rüde in die Wagenschlange einordnete.
    Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie der Fahrer hinter mir mit einer Hand empört in der Luft herumfuchtelte. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, was er in diesem Augenblick über die Fahrer ausländischer Sportwagen dachte und sagte, aber für mich ging es darum, einen Mörder nicht

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