Jerry Cotton - 0505 - Flirt mit dem Verderben
war 24 A, wie sie uns Clinch angegeben hatte.
Phil bemerkte meinen Blick. »Ob uns Clinch ein Märchen erzählt hat?« flüsterte er.
Ich konnte keine Antwort mehr geben. Die Tür wurde hastig aufgerissen. Wir mußten so oder so handeln.
»Mr. Sharkey?« fragte ich schnell und betrachtete mir dabei den etwas fülligen, etwa 35jährigen Mann in der Tür. Sein Gesicht war aufgedunsen, seine Augen waren gerötet und das Haar hing ihm wirr über die Stirn.
Er verzog seinen Mund zu einem verlegenen Lächeln.
»Alvarez schickt euch?« fragte er.
Der Name irritierte mich einen Moment. Alvarez. Irgendwo hatte ich in der letzten Zeit diesen Namen gelesen. Krampfhaft dachte ich in Sekundenschnelle nach. Ich kam nicht darauf.
»Ja, wir kommen von Alvarez«, sagte Phil geistesgegenwärtig.
»Kommt herein!« sagte Sharkey leutselig.
Besser konnte es gar nicht kommen. »Stören wir auch nicht?« fragte ich so, als sei ich ein schüchterner Onkel vom Land.
Er lachte bitter. »Stören? Wo mich der ganze Verein im Stich gelassen hat?«
»Wie traurig«, sagte Phil.
Wir gingen durch die Tür in die Diele, und Phil drückte die Tür hinter sich zu. Sharkey schien ein total reines Gewissen zu haben. Ohne jeden Argwohn ging er uns voraus und brachte uns in sein großes Zimmer, wo sein Sessel stand. Für uns hatte er ein paar weniger aufwendige Sitzmöbel.
Ich überlegte schnell, ob wir die Masche mit dem unbekannten Alvarez woi terspielen oder ihn überrumpeln sollten.
Er traf selbst, unbewußt natürlich, die Entscheidung.
»Ihr trinkt doch einen Whisky mit einem pleitegegangenen Boß?« fragte er und grinste schief.
»Nein!« sagte ich entschieden. »Wir trinken im Dienst nicht!«
»Im Dienst?« fragte er mit schiefgehaltenem Kopf.
»Ja«, sagte Phil. »Heute haben wir bis sechs Uhr Dienst. Außerdem haben wir uns vorgenommen, pünktlich Feierabend zu machen.«
»Das sind ja verdammt strenge Bräuche«, wunderte sich Sharkey.
»Natürlich«, sagte ich, »das FBI ist ja dafür bekannt.«
Die gerade angebrochene Flasche besten schottischen Hochland-Whiskys glitt ihm aus der Hand und fiel zu Boden. Sie hüpfte noch einmal hoch und legte sich dann gemütlich auf die Seite. Langsam gluckerte der Inhalt aus dem Flaschenhals.
Phil betrachtete sinnierend dieses Malheur. Ein Fremder konnte nicht merken, daß mein Freund den Gangster aus den Augenwinkeln aufmerksam beobachtete.
»FBI?« fragte Sharkey verblüfft.
»Ja«, antwortete ich und holte meinen blaugoldenen Stern aus der Tasche.
»Ich bin Cotton vom FBI, und mein Kollege heißt Decker. Wir sind gekommen, um Sie wegen fortgesetzter Erpressung, wegen Anstiftung zum Mordversuch und wegen Rauschgifthandels festzunehmen.«
Aus weitgeöffneten Augen schaute er mich an.
»Cotton«, flüsterte er, »Jerry Cotton. Da hat dieses Biest doch recht gehabt. Oh, dieser Idiot, warum hat er euch nicht…«
Er brach ab.
»Wen meinen Sie? Clinch?« fragte Phil gemütlich. Er schaute immer noch auf den langsam gluckernden Whisky. Schließlich stand er sogar auf und nahm die Flasche. Ohne Sharkey aus den Augen zu lassen, ging er zum Schrank, in dem noch eine Reihe anderer Flaschen stand, und stellte die verunglückte Whiskyflasche dazwischen.
»Clinch, dieses Schwein…«, flüsterte Sharkey fast unhörbar. »Hätte er ihn doch erschossen!«
»Von wem sprechen .Sie jetzt?« fragte ich. »Von Carter?«
Sharkey heulte geradezu auf, als er auch diesen Namen von uns hören mußte. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer wilden Fratze, aber ebenso schnell, wie dieser Anfall gekommen war, verging er auch wieder. Der Gangster wurde ruhig. Er sah wohl ein, daß das Rennen gelaufen war.
»Wo ist der Verschluß von dieser Flasche?« fragte Phil.
Manchmal hat der liebe Phil schon merkwürdige Einfälle, dachte ich. Aber so merkwürdig war der Einfall nicht.
»To the hell, zur Hölle mit diesem Verschluß«, fluchte da Sharkey. »Der Whisky kann von mir aus verstinken! Bei euch bekomme ich doch keinen. Er interessiert mich nicht mehr!«
»Sie nicht, aber uns«, sagte Phil ruhig. »Ihre Wohnungseinrichtung wird wohl unter den Hammer kommen. Denken Sie einmal an die Prozeßkosten.«
»Prozeßkosten?« fragte er, als höre er ein solches Wort zum erstenmal. Der Schweiß brach ihm aus. Jetzt erkannte er endgültig, was ihm bevorstand. Diese Schwäche wollte ich noch ausnutzen. »Was ist mit Alvarez«, fragte ich.
Er schaute stur vor sich hin auf den Boden.
»Was ist mit Alvarez?«
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