Jerry Cotton - 0508 - Die Bombe tickt
keine Spuren der unangenehmen Begegnung entdecken. Vorsichtig strich ich über meine Haare. Zwei dicke Beulen schmerzten bei der leisesten Berührung.
Phil beobachtete mich mit verständnisvollem Grinsen. Mein Benehmen ließ erfahrungsgemäß nur eine Deutung zu. »Du bist nicht der einzige, der heute morgen ein bißchen bewegt wurde«, meinte er. »Wer war es bei dir?«
»Streng genommen waren es zwei. Ich kenne keinen von ihnen. Es passierte, als ich Rita Felloni besuchen wollte. Und mit wem bist du zusammengestoßen?«
»Rex Chapman. Er spielte verrückt. Ging einfach auf mich los, ohne irgendeine Erklärung abzuwarten.« Phil sah nachdenklich aus. »Chapman war als Soldat bei einer Pioniereinheit. Er ist als Feuerwerker ausgebildet worden.«
Ich verstand. »Du hältst es für möglich, daß er die Bombe selber gebastelt hat?«
»Zumindest besitzt er die technischen Voraussetzungen dazu«, meinte Phil. »Ich habe mich bei seinen Nachbarn erkundigt. Wenn es stimmt, was man mir sagte, hat seine Ehe einen hübschen kleinen Knacks. Er scheint seine Frau zu lieben, aber sie betrügt ihn.«
»Hast du dir von Washington seine Beurteilung durchgeben lassen?« fragte ich.
Phil nickte. »Chapmans Vorgesetzte stufen ihn als einen romantischen, etwas versponnenen Typ ein, der es immer wieder fertigbrachte, der Wirklichkeit zu entfliehen.«
»Nehmen wir einmal an, er war unglücklich und wollte seinem Leben ein Ende setzen«, sagte ich. »Warum ausgerechnet mit einer selbstgebastelten Bombe, deren Ticken er länger als zwei Stunden anhören mußte?«
»Vielleicht wollte er seiner Frau die Versicherungssumme zukommen lassen?« meinte Phil. »Chapmans Leben ist mit einer halben Million versichert. Natürlich gibt es in dem Vertrag eine Selbstmordklausel! Chapman hoffte sie mit dem Bombentrick zu umgehen.«
»Kein übler Gedanke«, räumte ich ein. »Aber weshalb sollte er der Frau, die ihn zum Äußersten trieb, ein Vermögen zukommen lassen?«
»Darauf habe ich keine Antwort. Wußte er überhaupt, daß sie ihn betrog? Seinem Wesen nach wäre es ihm zuzutrauen, daß er sich dieser Wirklichkeit verschloß.«
»Warum dann der versuchte Selbstmord?«
»Schwermut vielleicht. Eine düstere Ahnung der Wahrheit, der er nicht auf den Grund zu gehen wagte.«
»Klingt plausibel.«
»Die Sache hat nur einen Haken«, meinte Phil. »Roger Fulham paßt nicht in das Bild.«
»Er paßt großartig hinein, wenn wir die Frau verdächtigen«, sagte ich. »Sie liebte einen anderen. Sie wollte ihren Mann loswerden und gleichzeitig die halbe Million kassieren. Also mietete sie einen Killer: Roger Fulham.«
»Eine verlockende Hypothese«, meinte Phil. »Aber wie kommt es, daß Mord und Selbstmord sich gleichsam überschnitten?«
»Duplizität der Ereignisse«, sagte ich. »Man trifft sie bei Kapitalverbrechen häufiger an, als man glauben sollte.«
»Du warst bei Rita Felloni«, sagte Phil. »Ich habe inzwischen erfahren, daß sie verschwunden ist und daß du im Keller ihres Hauses eine Tote entdecktest. Wie erklärst du dir das Ganze im Hinblick auf unsere Theorie?«
»Fulham war mit Rita befreundet. Sie weiß, daß Fulham nach Chicago gefahren ist, um einen besonderen Auftrag auszuführen. Sie kennt sogar den Auftraggeber. Unser Mr. Unbekannt will natürlich vermeiden, daß Rita singt. Er stoppte mich, als ich zu ihr ging und versuchte dann, das Girl zum Schweigen zu bringen, als ich im Keller eingesperrt war. Ich verdarb ihm das Konzept. Leider hatte er zwei Komplicen in der Hinterhand, die sehr erfolgreiche Arbeit leisteten. Einer versuchte mich mit seinem Gewehr zu erwischen, und der andere nutzte die Gelegenheit, um Rita Felloni aus der Wohnung zu entführen.«
Ich griff nach dem Telefon und ließ mich mit dem Erkennungsdienst verbinden. Ich gab meinem Gesprächspartner eine genaue Beschreibung des Mannes durch, den ich über das Dach und die Leiter verfolgt hatte. »Rufen Sie sofort zurück, sobald Sie etwas gefunden haben«, bat ich. Dann wählte ich die Nummer der Handelskammer. Ich erfuhr, daß die Firma Comfort Living, der das Haus gehörte, in der die Felloni wohnte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung war. Ihr Hauptgesellschafter hieß Ralph Derrington. Ich stieß einen Pfiff aus.
»Derrington!« sagte ich und legte auf. Phil schaute mich an. »Was ist mit ihm?«
»Sofort«, sagte ich und wählte nochmals die Nummer des Erkennungsdienstes. »Streichen Sie meinen Auftrag«, bat ich. »Schicken Sie mir statt
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