Jerry Cotton - 0508 - Die Bombe tickt
hochnäsigen Eindruck…«
»Würden Sie meinen, daß die Ehe der Chapmans in Ordnung ist?«
Lucille Raggers hob den Kopf. Sie bewegte die Nase, als röche sie etwas Faules. »In Ordnung? Nun, das möchte ich nicht behaupten. Wenn der arme Mr. Chapman wüßte…« Sie unterbrach sich und schwieg vielsagend.
»Was wüßte?« mahnte Phil geduldig.
»Ich wette, sie hat einen Freund!« meinte die Frau. »Ihr Bruder ist es bestimmt nicht, der sie abends manchmal besucht.«
»Können Sie den Mann beschreiben?«
»Nein, Sir. Er kommt abends erst sehr spät nach Einbruch der Dunkelheit. Und natürlich nur . an den Tagen, wo Mr. Chapman unterwegs ist. Wissen Sie, was ich dabei besonders seltsam finde? Der Kerl kommt jedesmal mit einem anderen Wagen, und er parkt sein Fahrzeug niemals vor dem Haus.«
»Wann hat der Mann Mrs. Chapman zuletzt besucht?« erkundigte sich Phil.
»Er war erst vor wenigen Tagen hier. Lassen Sie mich erst einmal nachdenken… Nein! Es war gestern abend!«
***
Lieutenant Richmond vom dritten Morddezernat traf mit seinen Leuten knapp zwanzig Minuten nach meinem Alarmruf an Ort und Stelle ein.
Die Tote wurde aus dem Öltank geborgen. Der Polizeiarzt, Dr. Jiggins, säuberte die Leiche. Er stellte fest, daß es sich um ein etwa zwanzigjähriges Mädchen handelte, dessen Tod ungefähr vor vier Tagen eingetreten sein mußte.
Die Tote war mit einem Kostüm bekleidet, in deren Jacke sich ein eingenähtes Schild mit dem Namen des Bekleidungshauses Peck and Peck aus der 5th Avenue befand. Spuren von Gewaltanwendung waren nicht erkennbar. Die Todesursache mußte durch die Obduktion ermittelt werden. Das Mädchen trug keine Schuhe. Möglicherweise schwammen sie noch im Öltank.
Lieutenant Richmond gab Anweisung, den Tank leerzupumpen. »Wenn wir Glück haben, finden wir noch ihre Handtasche«, meinte er.
Inzwischen hatte einer von Richmonds Leuten festgestellt, welche Vermißtenmeldungen in den letzten Tagen bei der Polizei eingegangen waren. Es war ein etwa zwanzigjähriges Mädchen darunter, aber die Beschreibung paßte nicht auf die Tote aus dem Heizöltank.
Der Hausmeister wurde herbeigeholt. Es war ein älterer, mürrischer Mann. Gloster hieß er. Er warf nur einen kurzen, scheuen Blick auf die Tote. »Sie wohnte nicht hier«, sagte er.
»Haben Sie sie schon einmal in der Straße gesehen? Kommt Ihnen das Gesicht bekannt vor?« fragte Richmond.
»Nein.« Gloster war nicht sehr gesprächig. »Kann ich gehen, Sir?«
»Nur noch einen Augenblick«, meinte der Lieutenant. »Wer versorgt die Heizung?«
»Da gibt es nicht viel zu versorgen. Die Heizung funktioniert ganz automatisch. Wir lassen jährlich zweimal den Tank vollaufen, das ist alles. Kann ich jetzt gehen, Sir?« fragte der Hausmeister ungeduldig.
»Ich begleite Sie nach oben«, sagte ich zu Gloster. »Sie wohnen hier im Erdgeschoß?«
»Ja, allein. Ich bin Junggeselle.«
»Mit Ihrem Gehör ist alles in Ordnung, nehme ich an?«
Er blinzelte leicht. »Das will ich hoffen. Warum fragen Sie?«
»Vor einer halben Stunde ging es hier im Haus ziemlich turbulent zu. Erst gab es eine Schlägerei, dann wurde eine Tür aufgebrochen. Später gab es in der Mansarde Lärm. Auf dem Dach fielen sogar Schüsse. Sie müssen den Krach doch gehört haben!«
Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Sir. Ich war unterwegs, um mir Zigaretten zu besorgen. Als ich zurückkam, standen die Polizeiwagen vor dem Haus.«
»Sie kannten natürlich Roger Fulham?«
Gloster kratzte sich am Kinn. »Klar, ich wußte, daß er regelmäßig zu Rita Felloni kam. Daß er ein Gangster war, habe ich erst heute durch die Zeitungen erfahren.«
»Was können Sie mir über Miß Felloni sagen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Sie ist eine sehr angenehme Mieterin und lebt schon ziemlich lange in diesem Haus. Vermutlich könnte sie sich eine bessere Wohnung leisten, aber sie hat sich an die Umgebung gewöhnt, nehme ich an. Ihr gefällt es hier.«
»Wissen Sie, daß die junge Dame spurlos verschwunden ist?« fragte ich.
Er starrte mich an. »Ich habe sie doch vorhin erst gesehen. Sie fuhr mit einem jungen Mann fort.«
»Wann?«
»Na, so vor zwanzig Minuten! Ich stand an der Ecke und unterhielt mich mit Joe Bradford…«
»Wer war Miß Fellonis Begleiter?«
»Keine Ahnung! Ich kenne ihn nicht.«
»Haben Sie ihn schon einmal in Miß Fellonis Gesellschaft gesehen? Können Sie ihn beschreiben?«
»Beschreiben? Das ging alles viel zu schnell! Er war etwa fünfundzwanzig
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