Jerry Cotton - 0508 - Die Bombe tickt
schlug sie sich rasch wieder aus dem Kopf.
Sie hatte keine Lust, sich dem Verdacht auszusetzen, ihren Mann getötet zu haben. Sie wollte nicht im ganzen Land als Mörderin gesucht werden.
Ein grausames Lächeln umspielte ihren sorgfältig geschminkten Mund. Weshalb da vonlaufen? Sie hatte nichts zu befürchten. Es war ihr gelungen, Rex Chapmans Pläne mit einem höchst wirkungsvollen Manöver zu durchkreuzen.
Als sie mit dem Wagen etwa eine halbe Stunde später in die Straße einbog, in der das Haus lag, das zur Brutstätte ihres Hasses geworden war, stellte sie überrascht fest, daß dort keine Spur von dem Menschenauflauf zu sehen war, mit dem sie gerechnet hatte. Nicht einmal ein Polizeifahrzeug parkte vor dem Haus.
Das konnte nur eines bedeuten. Der Mord war noch nicht entdeckt worden. Der Mörder hatte seinen Job ausgeführt und war zurückgefahren. Niemand hatte den Schuß als ein Verbrechen gedeutet. Wieder fröstelte Vivian. Sie lenkte den Wagen in die Garage und betrat kurz darauf das Haus. Nirgendwo brannte Licht. Sie knipste die Lampe in der Diele an und streifte den Mantel ab. Sie nahm sich Zeit. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Wenn sie das Wohnzimmer betrat, würde sie Rex finden…
Sie gab sich ein'en Ruck. Dann öffnete sie die Wohnzimmertür. Sie drückte auf den Lichtschalter und stieß einen Schrei aus.
Auf der Couch saß Phil Decker.
»Was… was tun Sie hier?« fragte die junge Frau stotternd. Ihr Blick huschte durch den Raum. Rex war nicht zu sehen. Sie hatten ihn also schon abtransportiert.
»Ich habe Sie erwartet«, sagte Phil.
»Im Dunkeln?«
»Habe ich Sie erschreckt?«
»Selbstverständlich«, sagte Vivian.
Sie trat an die Hausbar, um sich ein Glas mit Brandy zu füllen. »Wo ist Rex?« fragte sie.
»Ich nehme an, daß er in diesem Augenblick seine Unterschrift unter, das Protokoll setzt«, sagte Phil.
»Von welchem Protokoll sprechen Sie?«
»Ich beziehe mich auf das Geständnis seines versuchten Selbstmordes mit allen Hintergründen und Folgen«, sagte Phil. »Mr. Chapman war bereit, es zu Papier zu geben.«
Vivian kippte den Inhalt des Glases hinunter. Sie fühlte sich trotzdem nicht besser und zitterte noch immer am ganzen Leibe. »Ich verstehe nicht, was das alles soll«, murmelte sie heiser.
Phil erhob sich. »Es ist nicht das einzige Geständnis, das wir bekommen«, meinte er. »Da ist zum Beispiel dieser Mr. Hopkins. Kennen Sie ihn?«
»Nein.« - »Er brachte den Mann her, der Ihren Gatten erschießen sollte«, sagte Phil. »Ich verstehe kein Wort!«
»O doch, Sie verstehen sehr gut«, sagte Phil. »Sie wissen jetzt auch, daß Sie das Spiel verloren haben. Bleiben wir noch ein wenig bei Andy Hopkins. Sein Geständnis reicht aus, um Big Riggers und seine Leute verhaften zu lassen. Während wir miteinander sprechen, ist die große Aktion bereits im Gang.«
»Was habe ich mit Big Riggers zu schaffen?« fragte Vivian. Die Frage sollte ärgerlich klingen, aber es wurde nur ein heiseres Flüstern daraus.
»Das werden wir Ihnen nachweisen, Punkt für Punkt«, sagte Phil. »Erstaunlich, daß Sie trotz Ihrer verbrecherischen Mitschuld nur eine Nebenfigur bleiben werden. Im übrigen sollten Sie froh sein, daß Sie nicht wie Liane Crusher enden mußten.«
»Wer ist Liane Crusher?« fragte sie. »Erkundigen Sie sich lieber, wer sie war! Ein junges Mädchen, ungefähr in Ihrem Alter. Heute morgen wurde sie aus einem Heizöltank gezogen. Tot. Es gibt keinen Zweifel, daß Derrington ihr Mörder war.«
Vivian füllte erneut ihr Glas. Sie verschüttete dabei die Hälfte. »Ich glaube Ihnen nicht!« stieß sie hervor. »Sie wollen mich nur in die Enge treiben!«
»In der Enge sind Sie bereits, Mrs. Chapman. Sie wissen es bloß noch nicht. Wünschen Sie die Tote zu sehen? Sie ist kein schöner Anblick. Die Ärmste bildete sich ein, Derrington, der lange Zeit mit ihr befreundet war, durch eine Erpressung zurückerobern zu können. Aber Derrington war fertig mit ihr. Er wollte Sie, Mrs. Chapman, und vor allem wollte er Ihre halbe Million. Deshalb mußte seine alte Freundin sterben!«
»Lügen, nichts als Lügen«, hauchte Vivian. Sie nahm einen Zug aus dem Glas. Sie verschluckte sich dabei und mußte husten. Plötzlich schleuderte sie das Glas voll blinder Wut gegen die Wand. Es zerbrach klirrend und hinterließ auf der Tapete einen häßlichen Fleck. »Also gut!« schrie sie. »Sie sollen die Wahrheit hören! Es stimmt, daß ich Rex aus dem Wege räümen lassen
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