Jerry Cotton - 0508 - Die Bombe tickt
Chapman bitter.
Phils Blick glitt zu der großen, offenstehenden Terrassentür. Irgend etwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
Sofort wußte er, was es war. Trotz der völligen Windstille bewegten sich die Zweige eines Rhododendronbusches. Ein Vogel vielleicht? Oder ein Hund? Phil griff nach dem Glas. Er durfte nicht zu auffällig in den Garten starren. Er nahm einen kleinen Schluck. Die Zweige waren zum Stillstand gekommen.
Phil setzte das Glas ab. »Halten Sie es für möglich, daß man hinter Ihnen her ist?«
»Oh, Sie denken an Fulham?« fragte Chapman und zuckte die Schultern. »Ich habe viel darüber nachgedacht und bin zu keinem konkreten Ergebnis gekommen…«
»Haben Sie eine große Puppe oder etwas ähnliches im Hause?« fragte Phil.
Chapman machte ein verdutztes Gesicht. »Eine Puppe? Fragen stellen Sie! Nein, so etwas besitzen wir nicht.«
»Drehen Sie sich jetzt bitte nicht um«, sagte Phil. »Ich glaube, daß wir beobachtet werden. Irgend jemand ist im Garten. Ich verabschiede mich jetzt von ihnen… nur so zum Schein. Wenn ich gegangen bin, werden Sie sich erheben und im Zimmer auf und ab gehen. Sie dürfen auf- keinen Fall ruhig sitzen bleiben!«
»Warum nicht, um Himmels willen?«
»Ich möchte nicht, daß Sie dem Unbekannten ein klares, unbewegliches Ziel bieten.«
»Wollen Sie mir Angst machen?«
»Nicht im geringsten. Sie können das Risiko ablehnen«, meinte Phil. »Tatsächlich würden Sie sich einer gewissen Gefahr aussetzen…«
»Darauf verzichte ich«, sagte Chapman. Er erhob sich und ging zu der kleinen Hausbar, die vom Garten her nicht eingesehen werden konnte.
Phil nickte verständnisvoll. »Ich verstehe Ihre Bedenken. Dummerweise ist es nur so, daß wir den Fall ein und für allemal bereinigen könnten.«
»Wie meinen Sie das?«
»Wenn es mir gelänge, den Unbekannten auf frischer Tat zu ertappen, könnten wir seinen Auftraggeber ermitteln und weitere Gefahren für Sie unmöglich machen.«
»Ich soll Ihnen als Köder dienen«? »Das trifft den Nagel auf den Kopf.«
»Und was wäre, wenn der Kerl Ihnen entwischte?« fragte Chapman.
»Das müssen wir riskieren.«
Chapman dachte nach. Er biß sich auf die Unterlippe und trommelte mit den Fingern auf die Bartheke. »Okay«, meinte er dann. »Ich bin einverstanden!«
»Sie können mich zur Verabschiedung in die Diele bringen und dort ein paar Minuten warten«, schlug Phil vor. »Das verschafft uns einen kleinen Zeitgewinn.«
»Vielen Dank«, meinte Chapman. »Was ist, wenn der Kerl die Chance ausnutzt und rasch ins Wohnzimmer huscht?«
»Er ist sicherlich nicht hergekommen, um sich bloßzustellen, es sei denn, er will mit Ihnen sprechen. In diesem Fall könnte ich ebenfalls über die Terrasse ins Zimmer treten. Von welchem Grundstück komme ich am unauffälligsten in Ihren Garten?«
»Vom linken«, antwortete Chapman. »Das gehört den Browns. Der Garten ist dicht bepflanzt. Außerdem sind die Leute gerade im Urlaub.« Phil stand auf. »Gut. Fangen wir an!«
»Warum haben Sie nach der Puppe gefragt?« wollte Chapman wissen.
»Wir hätten sie zur Täuschung herrichten können.« Phil ging zur Tür. Chapman brachte ihn nach draußen. Eine Minute später hatte Phil das Haus verlassen. Er sah die vielen, am Straßenrand geparkten Autos. Etwa dreißig Yard von Chapmans Haus entfernt stand ein Ford, auf dessen Fahrersitz ein Mann saß und Zeitung las.
Phil prägte sich die Nummer ein, ging dann um das Haus der Browns herum. Vorsichtig pirschte er sich an den Garten der Chapmans heran. Er hatte dabei keine Mühe, im Schutz von Büschen und Bäumen zu bleiben.
Seine katzenhafte Anschleichtechnik wäre freilich gar nicht erforderlich gewesen, denn der Mann hinter dem Rhododendronbusch hatte nur Augen und Ohren für das Geschehen in Chapmans Wohnzimmer.
Dort ging Rex Chapman auf und ab. Der Mann hinter dem Busch öffnete eine Reisetasche aus schwarzem Kunstleder. Er entnahm ihr ein zusammenlegbares Gewehr. Mit wenigen Griffen hatte er es schußbereit gemacht. Als letztes setzte er das Zielfernrohr auf. Das Gewehr hatte keinen Geräuschdämpfer. Dem Mann bereitete dieser Umstand wenig Sorgen. In dieser Gegend, wo zu jedem Haus ein großer Garten gehörte, fielen sicherlich häufig Schüsse.
Er nahm das Gewehr an die Schulter und richtete das Fadenkreuz der Visiereinrichtung auf das unruhige, etwa dreißig Yard von ihm entfernte Ziel.
»Wollen Sie Spatzen schießen?« fragte ihn Phil in diesem Augenblick. »Dafür sollten
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