Jerry Cotton - 0512 - 40 Cent fuer Garrys Leiche
Rauschgiftschieber festnehmen, aber er wurde gewissermaßen vor unserer Nase ermordet. Als man dem Leichnam die Armbanduhr abband, fand man auf der Rückseite ' eine eingekratzte Telefonnummer. Aber diese Rufnummer gibt es nicht. Was sagen Sie zum Tatbestand?«
»Selbstverständlich gibt es die Nummer, Jerry. Niemand kratzt sich eine Nummer in die Uhr, die es wirklich nicht gibt. Wie kommen Sie denn darauf, daß es diese Nummer nicht gäbe?«
»Auskunft der Telefongesellschaft.«
»Wie ist die Nummer?«
»Murray Hill 8-2194.«
»Augenblick mal, ich habe das Verzeichnis der Telefonbezirke hier. Murray Hill… ah hier! Stimmt. Hinter Murray Hill muß die Zahl mit zwei, drei, vier oder fünf anfangen.«
»Stimmt. Das sagte die Telefongesellschaft auch.«
»Die Nummer wird verschlüsselt sein.«
»Kluges Kind, Abe. Und nun raten Sie mal, warum ich Sie anrufe?«
»Kleiner Schäker«, tönte es durch die Leitung. »Ich werde mein Bestes tun. Rufen Sie in einer Stunde noch einmal an, ja? Dann kann ich Ihnen vielleicht schon ein paar Möglichkeiten zur Auswahl geben.«
»Was sollten wir simplen Burschen vom Außendienst bloß ohne euch Spezialisten anfangen?« fragte ich. »Also lassen Sie Ihren berühmten Geist sprühen, Abe. Bis nachher!«
»So long, Jerry!«
Ich kehrte an unseren Tisch zurück, wo Phil inzwischen mit dem bestellten Kaffee eingetrudelt war. Als ich mich setzte, hörte ich, daß sie inzwischen bei einem anderen Aspekt des Falles angekommen waren.
»Ihr seid mir richtige Polizisten«, maulte meifi Freund gerade. »Zuerst müßt ihr mal mißtrauisch sein. Wer sagt denn, daß dieses Mädchen mit irgendwelchen Gangstern unter einer Decke steckt? Dafür liegt nicht der geringste Beweis vor.«
»Aber zwei Stunden nach dem Mord an MacGarry, mit dem sie anscheinend befreundet war, verschwindet das Girl«, wandte Ed Schulz ein. »Das wäre doch ein sehr seltsamer Zufall, nicht wahr?«
»Von Zufall hat niemand gesprochen«, sagte Phil eigensinnig. »Aber zum Beispiel könnten die Gangster das Mädchen gekidnappt haben.«
»Warum?« platzte ich heraus.
Phil bedachte mich mit einem strafenden Blick.
»Denken war ja nie deine starke Seite«, hetzte er, »aber ab und zu könntest du es doch wenigstens einmal versuchen. Erste Frage: Warum suchen wir überhaupt das Mädchen?«
»Weil sie MacGarry kannte und weil wir hoffen, daß sie uns etwas über seinen Bekanntenkreis erzählen kann«, antwortete Easton.
»Fein«, sagte Phil. »Zweite Frage: Wer hat ein Interesse daran, daß das Mädchen nicht dazu kommt, der Polizei etwas zu erzählen?«
»Natürlich die Kerle, die MacGarry umgebracht haben«, erwiderte Easton und verzog das Gesicht. »Holla, Decker! Wollen Sie damit andeuten, daß dieselben Halunken, die MacGarry umgebracht haben, sich das Mädchen geschnappt haben könnten, weil das Mädchen vielleicht etwas von ihnen weiß?«
»Ich will damit sagen«, meinte Phil sehr ernst, »daß auch diese Version etwas für sich hat. Und wenn sie den Tatsachen entspräche, Herrschaften, dann ist dieses Mädchen jetzt in einer verteufelt ernsten Situation.«
Wir sahen uns erschrocken an. Niemand konnte wissen, wie es sich wirklich mit dem Girl verhielt. Aber es war nicht von der Hand zu weisen, daß auch Phils Theorie eine Erklärungsmöglichkeit bot. Und je genauer ich sie mir durch den Kopf gehen ließ, desto mehr Wahrscheinlichkeit gewann sie für mich. Jean Leffield war im Büro angerufen worden, sofort nachdem sie vom Lunch zurückgekommen war. Danach hatte sie das Büro verlassen mit der Bemerkung, ein Bekannter von ihr hätte einen Unfall erlitten und verlangte nach ihr im Krankenhaus. Es war eine ziemlich sichere Methode, eine Frau von ihrer Arbeit wegzulocken. Man mußte an ihr Mitgefühl appellieren. Welche Frau würde dem Wunsch eines Sterbenden nicht nachkommen, der sie noch einmal sehen wollte?
»Jetzt haben Sie uns aber in eine verzwickte Situation gebracht, Decker«, murmelte Easton nachdenklich. »Angenommen, Ihre Version trifft den Kern der Dinge. Dann wissen wir, daß das Mädchen in den Händen von skrupellosen Mördern ist. Aber was können wir dagegen unternehmen? So gut wie gar nichts. Wir wissen nicht, wie die Männer aussehen, wie sie heißen, wo man sie finden kann, welchen Wagen sie fahren — wir wissen rein gar nichts von ihnen.«
Phil hatte anscheinend seinen optimistischen Tag.
»Na und?« fragte er. »Das ist doch nicht das erste Mal, daß wir am Nullpunkt anfangen
Weitere Kostenlose Bücher