Jerry Cotton - 0512 - 40 Cent fuer Garrys Leiche
Ansley.
Der Beobachtete hatte eine kurze Pfeife im Mundwinkel hängen, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, und schlenderte langsam wie ein Spaziergänger, der kein bestimmtes Ziel hat, an dem Hause vorbei.
Ansley grinste. Mich kannst du nicht anführen, dachte er. Wollen wir wetten, daß der Bursche spätestens an der nächsten Ecke kehrtmacht und wieder zurückkommt? Ansley veränderte seine Stellung, um durch das Schaufenster hindurch den Seemann weiter beobachten zu können. Dabei trank er genießerisch seine Milch.
An der nächsten Straßenecke blieb der Seemann stehen, als warte er zusammen mit den anderen auf das grüne Licht der Ampel. Als es endlich kam, tat er das Gegenteil von allen anderen Passanten: Statt die Kreuzung zu überqueren, machte er kehrt und ging in die Richtung zurück, aus der er gerade gekommen war.
Na also, dachte Ansley zufrieden. Immer diese alten Tricks. Als ob wir, wenn wir schon mal ein Haus beobachten, uns in der nächsten Nähe hinsetzen würden mit einem Schild um den Hals ACHTUNG POLIZEI. Was denken sich diese Brüder eigentlich? Für wie dumm halten die uns?
Ansley schlürfte den Rest seiner Milch, während er zufrieden beobachtete, wie der Mann das Haus betrat, in dem MacGarry gewohnt hatte, als er noch am Leben gewesen war. Danach bezahlte er schnell und eilte über die Straße.
»Vorsicht, Kleiner«, murmelte er, als ein Taxifahrer mit zu hoher Geschwindigkeit und dennoch mit lautem Protesthupen hinter ihm vorbeikurvte. »Hast du ein Glück, Junge, daß ich gerade anderweitig beschäftigt bin«, fügte er noch hinzu, während er schon auf den Gehsteig sprang und zur Haustür lief.
Drinnen sorgte er für Geräuschlosigkeit. Er stieg die Stufen hinan, ohne daß man ihn hören konnte. Als er in der dritten Etage angekommen war, hörte er von weiter oben die Stimme seines Kollegen:
»Halt! Bleiben Sie stehen! Polizei! Bleiben Sie stehen oder ich schieße!«
Ansley zog seinen Dienstrevolver aus der Schulterhalfter, während er gelassen weiter die Stufen hinanstieg. Er hörte schon, wie ihm von oben her jemand eilig entgegenkam.
Auf dem Absatz zwischen dem dritten und dem vierten Stock trafen sie sich.
»Es ist wirklich besser, wenn Sie stehenbleiben«, sagte Ansley.
Der Seemann starrte ihn erschrocken an. Ansley trat einen Schritt näher. Im selben Augenblick sprang der Seemann vor.
»Immer diese alten Tricks«, sagte Ansley, wich geradezu elegant zur Seite und schlug mit dem Lauf seines Revolvers zu.
Der Seemann gab einen dumpfen Laut von sich, taumelte, versuchte, sich am Treppengeländer festzuhalten, und rutschte dann doch zu Boden. Ansley steckte den Revolver ein und griff hinten an seinen Gürtel, um die Handschellen auszuhaken.
Von oben kam Jimmy Martens herab, atemlos, keuchend und mit einem linken Auge, das allmählich zuschwoll.
»Hat er dich angegriffen?« fragte Ansley trocken.
»Und wie!« rief Martens, während er unwillkürlich nach seinem Auge tastete.
»Also sagen wir mal so«, konstatierte Ansley gelassen: »Wir hatten weder einen Haft- noch einen Durchsuchungsbefehl gegen den Mann. Viel hätten wir also gar nicht machen können. Aber das ändert sich natürlich schlagartig, wenn er einen Detektiv im Dienst tätlich angreift. Mindestens können wir ihn dem Schnellrichter vorführen. Und jedenfalls sind wir berechtigt, ihn jetzt nach Waffen zu durchsuchen. Und wenn ich den Lieutenant richtig verstanden habe, war ja eine gründliche Durchsuchung alles, w.orauf es ihm ankam.«
Mit routiniertem Griff brachte Ansley die Arme des Seemannes nahe genug zueinander, um die Handschellen einschnappen lassen zu können. Dann tätschelte er ihm ein wenig das Gesicht. Der Seemann stöhnte, schüttelte den Kopf und sagte etwas in einer Sprache, die Ansley nicht verstand.
»Sprichst du auch englisch, Bruder?« erkundigte er sich.
»Verdammt, ja«, .knurrte der Seemann.
»Fein«, sagte Ansley. »Siehst du, Bruder, wie wir uns verstehen? Nun sage dem Onkel mal hübsch, wie du heißt?«
»Das geht euch einen verdammten Dreck an!«
»Pfui, was sind denn das für Manieren? Als Ausländer soll man sich im Ausland immer benehmen, als ob man ein Botschafter seiner Heimat wäre. Hat dir das noch niemals jemand gesagt, Bruder? Laß mal sehen, was du da in deinen Taschen hast.«
Der, Seemann richtete sich mühsam auf. Er wollte sich zur Wehr setzen. Ansley griff gelassen nach seinem Revolver.
»Hör mal, Herzchen«, sagte er. »Langsam knistert’s in
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