Jerry Cotton - 0513 - 12 Stunden Todesangst
atmete auf.
»Hat dieser Greyton Telefon?« fragte ich schnell, während ich meinen Stern wegsteckte.
»Klar«, sägte Spiegel. »Der läßt sich doch jeden Morgen wecken. 6.10 Uhr, keine Minute früher, keine…«
»Nummer?« fragte ich.
Er lächelte. »Normalerweise kenne ich natürlich die Telefonnummern meiner Kunden nicht auswendig. In diesem Fall jedoch wohl. Bei Greyton muß alles seine Ordnung haben. WO 4 — 5678!«
»Rufen Sie ihn an!«
»Ich?« wunderte er sich. »Um diese Zeit?«
»Ja, sofort.«
»Aber ich…«
»Melden Sie sich mit Ihrem Namen, und erzählen Sie ihm, Sie hätten beim Aufräumen im Laden einen Schlüssel gefunden. Fragen sie ihn, ob er ihm gehört«, sagte ich hastig.
Er machte ein unbeschreiblich dummes Gesicht.
»Ich habe doch gar keinen Schlüssel, gefunden«, wunderte er sich.
»Trotzdem!« drängte ich. »Ich muß wissen, ob er an den Apparat geht!«
»Ach so!« Er schlurfte in den Hintergrund seines Ladens. Ich folgte ihm und sah, wie er sein Telefon aus einem Berg von Telefonbüchern, Preislisten, Katalogen und Zeitungen ausgrub.
Sorgfältig wählte er die Nummer, die er mir genannt hatte. Dann lauschte er in die Hörmuschel. Für meine Begriffe dauerte es eine endlose Zeit, bis er den Kopf schüttelte.
»Muß kaputt sein.«
Ich riß ihm den Hörer aus der Hand. Die Leitung war tot. Es klickte, als der Hörer wieder auf die Gabel fiel. »Ist die Nummer denn richtig?« fragte ich.
»Natürlich!«
Doch ich hatte bereits das Telefonverzeichnis von Manhattan vor mir liegen und begann zu blättern.
Da war er: Greyton, Richard. Ludlow Street. WO 4 — 5678.
Diesmal nahm ich den Hörer von der Gabel und wählte selbst die Nummer. Sorgfältig. Jede einzelne Ziffer ließ ich genau auslaufen.
Die Leitung war tot.
Ich opferte noch eine Minute und rief die Information an, verlangte die Nummer von Greyton, Richard, Ludlow Street.
Sicher schüttelte das Girl bei der Auskunft den Kopf über diesen unfreundlichen Anrufer, der sich mitten in der Nacht eine Nummer geben ließ und dann nicht einmal die Wiederholung abwartete oder sich wenigstens bedankte.
Ich überlegte. New Yorks gesamte Polizeimacht stand mir zur Verfügung. Drüben, in der Zentrale der City Police, saßen der Polizeichef und Captain Hywood und Baker und warteten. Auf der anderen Seite, auch nicht allzu weit entfernt, saß mein Chef, der Distriktdirektor John D. High.
Uniformierte Polizeieinheiten harrten in ihren Bereitschaftsräumen, die Maschinenwaffen griffbereit.
Ein kleines Heer von Zivilbeamten der Kriminalabteilung der City Police wartete auf den Einsatzbefehl.
Und meine Kollegen vom FBI.
Meine beiden Freunde, die G-men Phil Decker und Joe Brandenburg, waren ganz nahe bei mir. In zwei, drei Minuten zu erreichen.
Zwanzig Schritte von mir entfernt stand ein Haus. In diesem Haus befanden sich die Gangster. Sie hatten eine Familie überwältigt. Gangster, die ein Verbrechen vorhatten. Die sich vermutlich durch nichts in der Welt bei ihrem Vorhaben stören lassen, wollten.
Wenn nicht gar schon ein Mord auf ihr Konto ging! Möglicherweise hatten sie sich bereits eines Verbrechens schuldig gemacht, das sie auf den Elektrischen Stuhl bringen konnte.
Dann würden sie gegenüber den Menschen, die sie noch in ihrer Gewalt hatten, keine Rücksicht nehmen.
Ich dachte an eine unserer wichtigsten Regeln: »Die Agenten sind verpflichtet, mehrmals täglich ihre lokale Dienststelle anzurufen und mitzuteilen, wo sie sich aufhalten.«
Ich war im Einsatz. Konnte ich jetzt .diese Regel außer acht lassen?
Von dieser Regel gibt es Ausnahmen. Bei Gefahr für Leib und Leben eines anderen Menschen oder des Agenten selbst. Jeder G-man hat es zu verantworten, wenn er von seiner Vollmacht Gebrauch macht.
Alle diese Gedanken arbeiteten in meinem Kopf. Vor mir stand ein Telefon. Ich brauchte nur die Hand auszustrecken und zu wählen.
Hatte ich das Haus wirklich gefunden? War das Licht im Zimmer einer Familie, die sonst viel früher pünktlich schlafen ging, ein Beweis?
Vielleicht stand das gesuchte Haus meilenweit von hier entfernt. Vielleicht fand in diesem Moment ein anderer Kollege den Beweis. Dann hatte ich Alarm an der falschen Stelle gegeben.
»Mr. Spiegel?«
»Ja?«
»Tun Sie mir den Gefallen, und gehen Sie zu dem Block zwischen Allen und Orchard Street. Warten Sie da. Höchstens eine Viertelstunde. Dort werden zwei Männer hinkommen. Kollegen von mir. Einer heißt Decker, der andere Brandenburg.«
»Decker
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