Jerry Cotton - 0519 - Als Praemie einen Todesjob
natürlich nicht sagen, denn ich sah diesen Mann im Vorbeifahren nur ganz kurz hinter der Scheibe des schwarzen Buick, der uns auf dem Highway entgegenkam. Doch die Tatsache, daß er den Wagen im Stich ließ und schwimmend zu entkommen versuchte, als wir ihn verfolgten, ist ein weiteres Indiz«, meinte ich. »Auf jeden Fall habe ich die Fingerabdrücke des jetzt toten Mannes abgenommen und unserem Erkennungsdienst gegeben, ehe ich zu Ihnen kam. Vielleicht können uns die Kollegen in Kürze mehr sagen.«
Er nickte. »Ja. Vielleicht kann Ihnen auch Viccallo etwas sagen. Er kam, wie gesagt, freiwillig zu uns und wartet auf seine Vernehmung.«
»Haben Sie ihn festgenommen?«
»Nein, Jerry. Dazu hatten wir keine Handhabe, zumal Sie ihn ja auch nur als Zeugen suchten. Er wartet. Der alte Neville leistet ihm dabei Gesellschaft. Bis jetzt hat er noch nicht den Wunsch geäußert, fortgehen zu dürfen.« Wenigstens ein Trost. Ich schaute an meiner Uniform hinunter.
Mr. High verstand, was ich mit diesem Blick sagen wollte. »Doch«, sagte er, »ich glaube, daß Sie noch Zeit haben, sich umzuziehen.«
Es kommt öfters vor, daß einem G-man bei einem Einsatz die Kleider beschädigt oder zerfetzt werden. Deshalb haben wir im Distriktgebäude so etwas wie eine Kleiderkammer. Ihr Bestand entspricht zwar nicht den neuesten Vorschlägen der Herrenmodeschöpfer, aber besser als eine zu weite Polizeiuniform sind die Sachen auf jeden Fall.
Windermere, der die Kleider verwaltete, grinste fröhlich, als er mich in der Uniform sah. »Wieviel willst du für diese Uniform haben?« fragte er und machte dabei ein Gesicht wie ein Pfandleiher, der nichts herausrücken will.
»Einen grauen einreihigen Flanellanzug mit einem steifen Hut und einem Spazierstock«, sagte ich ernst.
Er antwortete ebenso ernst. »Grauer Anzug ist okay, aber nicht in Flanell. Hut und Stock kommen nicht in Frage…«
Ich zog mich um, und er meinte, jetzt sähe ich wieder wie ein einigermaßen anständiger G-man aus. Ich mußte unterschreiben und bat ihn, die Uniform gut einzupacken, weil ich sie bei Gelegenheit den Kollegen von der State Police in Yonkers wiederbringen wollte. Dann begann wieder der ernste Teil.
Beim alten Neville saß ein Mann mit einem Fuchsgesicht. Die beiden schienen recht angeregt zu plaudern. Als ich hereinkam, schaute mich das Fuchsgesicht interessiert an.
Neville schaute mich auch an. »Das ist Mr. Viccallo, Jerry. Er ist zu uns gekommen, um etwas zu sagen, das dich vermutlich interessieren wird.«
Viccallo sprang schnell auf.
»Das ist Mr. Cotton«, sagte ihm Neville noch.
Ich wollte keine Zeit verlieren und kam deshalb gleich zum Kern der Sache. »Ihnen müßten eigentlich in der letzten Stunde sehr die Ohren geklungen haben, Viccallo. Ich habe intensiv an Sie gedacht, und ich habe Sie suchen lassen.«
»Warum?« fragte er. Ich sah, daß er ziemlich erschrocken war.
»Warum sind Sie zu uns gekommen?« Er reagierte empfindlich wie eine Mimose. »Verdammt«, fuhr er hoch, »liegt etwas gegen mich vor?«
»Viccallo, Sie sind zu uns gekommen, um uns etwas zu sagen. Etwa zur gleichen Zeit bin ich auf die Idee gekommen, Sie suchen zu lassen, weil ich Sie als Zeugen brauche. Sie werden verstehen, daß es mich brennend interessiert, warum Sie zu uns gekommen sind. Klar?«
Sein Kragen wurde ihm zu eng. »Mensch«, sagte er, wohl mehr zu sich selbst, »man soll nie freiwillig zu den Greifern gehen. Die legen einem alles verkehrt aus.«
Neville sprang ein. »Hören Sie, Viccallo — Ihnen wird überhaupt nichts ausgelegt. Cotton will lediglich wissen, warum Sie gekommen sind. Sie hatten doch einen Grund. Oder?«
»Klar«, sagte er, »hatte ich einen Grund. Aber da habe ich nicht gewußt, daß ihr mich schon suchtet. Ich habe die Nase voll. Seit ein paar Tagen bin ich erst draußen, und schon geht es wieder los, verdammt. Wie soll man denn ein anständiger Mensch werden, wenn das so ist, hä?«
»Indem Sie mir jetzt endlich sagen, weshalb Sie gekommen sind«, ermunterte ich ihn wieder.
Er merkte, daß er an der Angel saß. »Verdammt, wegen dieser Barrymore bin ich gekommen.«
»Barrymore?« fragte ich und bemühte mich, dazu ein Gesicht zu machen wie jemand, der zum erstenmal etwas von Rolltreppen hört.
»Ja, verdammt, Barrymore heißt sie. Die Frau, die heute vormittag gekillt wurde. Ich habe nichts damit zu tun, Sie können mir glauben!« Seine Stirn begann zu glänzen.
Ich stellte mich total unwissend. Ein schneller Blick mit
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