Jerry Cotton - 0523 - Ich war das As der Unterwelt
wird.«
»Sie kommen sich wohl mächtig schlau vor, Mr. van Dyk!«
»Ich möchte lediglich nicht Ihr nächstes Opfer sein«, sagte ich und erhob mich. »Lassen Sie sich meine Worte durch den Kopf gehen, Guten Tag, Mr. Paladino!«
***
Mein Wagen parkte ein gutes Stück von Paladinos Grundstück entfernt in einem Seitenweg. Ich war auf jede nur denkbare Gemeinheit gefaßt, als ich dorthin zurückging, und ich machte daher einen kleinen Umweg durch die Büsche.
Die Nacht war frostig und klar. Am Himmel hing eine schmale Mondsichel und spendete schwaches Licht. Vorsichtig näherte ich mich, und als ich den Wagen sehen konnte, stutzte ich. Dann nahm ich meine Automatic aus der Halfter und war mit ein paar lautlosen Sätzen beim Wagen. Ich riß die Tür zum Beifahrersitz auf und drückte dem dort sitzenden Mann den Pistolenlauf in die Seite.
»Keine verdächtige Bewegung«, sagte ich. Im nächsten Augenblick ließ ich verblüfft die Waffe sinken.
Das war kein Mann. Das war ein Mädchen. Und ein verteufelt hübsches sogar. Sie hatte schimmerndes blondes Haar und war in einen hellen Regenmantel verpackt, der ihre vorteilhafte Figur unterstrich. Sie sah mich an, ohne Erschrecken zu zeigen. Sie hatte große strahlende Augen und ein ebenmäßiges Gesicht.
»Sie trauen Daddy wohl jede Schlechtigkeit zu«, sagte sie, und irgendwo in ihrer Stimme vibrierte derselbe Stahl, der ihren Vater auszeichnete.
»Also Sie sind Nancy Paladino«, sagte ich. »Erst der Vater, dann die Tochter. Darf ich fragen, was Sie in meinem Wagen tun?«
»Ich habe auf Sie gewartet.«
»Das habe ich schon fast vermutet!«
»Ich muß Sie unbedingt sprechen, Mr. van Dyk«, sagte sie. »Sie wollen doch in die Stadt zurückfahren. Nehmen Sie mich mit. Unterwegs können wir uns unterhalten.«
»Nun, ich will nicht uncharmant sein, Miß Paladino. Aber Sie werden zugeben, daß die Umstände etwas eigenartig sind.«
»Ich dachte nicht, daß Sie das stören würde«, sagte sie, und es schien, als sei sie belustigt. »Oder fanden Sie den Besuch bei meinem Vater eben nicht eigenartig? Übrigens haben Sie es mir zu verdanken, daß Sie überhaupt ins Haus kamen.«
»Das Tor war offen«, sagte ich.
»Aber unser chinesischer Butler wollte sich gerade auf Sie stürzen. Er ist Meister im Karate. Ich hielt ihn davon ab und sagte ihm, daß Sie mit Vater verabredet seien.«
»Also so War das«, brummte ich. »Vielen Dank.«
»Eine Hand wäscht die andere«, sagte sie. »Ich möchte Ihnen eine Frage stellen, die für mich sehr wichtig ist.«
»Okay«, sagte ich und setzte mich ans Steuer. »Stellen Sie Ihre Frage!«
Ich startete den Motor und fuhr rückwärts aus dem Seitenweg heraus.
»Fahren Sie nicht da entlang«, sagte sie. »Auf der Strecke hat es einen Unfall gegeben Dort wimmelt es von Polizei. Fahren Sie durch den Wald. Der Weg ist zwar schlechter, aber wir sind ungestört.«
»Unter normalen Umständen«, lächelte ich, »klingt So etwas aus dem Mund eines hübschen Mädchens sehr verheißungsvoll.«
»Zum Glück haben wir keine normalen Umstände«, sagte sie trocken.
Der Ford quälte sich jetzt einen schmalen Waldweg mit tief ausgefahrenen Rinnen entlang.
»Also«, sagte ich, »kommen wir zur Sache!«
»Sie sind Reporter?«
»Ja«, sagte ich.
»Sie haben vermutlich eine Menge Material über Vater zusammengetragen!«
»Es geht«, sagte ich, »Ihr Vater hat etwas gegen Reporter und tut alles, um ihnen die Arbeit zu erschweren.«
»Wundert Sie das?«
»Nein«, sagte ich.
»Sie wollen einen Artikel über Vater schreiben?« Es war halb Frage, halb Feststellung.
»Das ist das Typische an der Arbeit eines Reporters«, sagte ich.
»Schreiben können Sie natürlich nur, was Sie genau wissen«, sagte sie.
»Und was ich beweisen kann«, nickte ich. »Sonst muß ich mit einer Verleumdungsklage — oder mit noch Schlimmerem — rechnen.«
»Aber bei Ihrer Materialsammlung — da stoßen Sie doch auch auf Dinge, die Sie zwar glauben, aber nicht beweisen können.«, »Das ist richtig«, sagte ich. »Ich nehme an, ich weiß jetzt, worauf Sie hinauswollen, Miß Paladino. Soll ich es Ihnen sagen?« Ich sah sie von der Seite an. Bei der Dunkelheit war ihr Gesicht nur undeutlich zu erkennen, aber mir schien, als sei der Ausdruck von Sicherheit plötzlich verschwunden.
»Bitte«, sagte sie leise.
»Sie wollen wissen, ob Ihr Vater Marvin Steele ermor det hat«, sagte ich.
Sie schwieg. Der Motor brummte, und der Ford arbeitete sich mühsam eine
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