Jerry Cotton - 0523 - Ich war das As der Unterwelt
weiteres Mißverständnis zu verhindern, kam ich hierher.«
»Okay — und was wollen Sie von mir?«
»Ich will Ihnen ein paar Fragen stellen!«
»Warum?«
»Tja«, sagte ich, »wir Zeitungsleüte sind sehr neugierige Menschen.«
Er fuhr sich langsam über das Kinn. »Neugier kann in Dummheit ausarten«, sagte er.
Ich grinste.
»Darf ich das als Zitat von Ihnen bringen? Vielleicht in der Rubrik .Markante Aussprüche’?«
»Werden Sie nicht unverschämt, Mr. van Dyk. Ich bin nicht der Mann, der sich an der Nase herumführen läßt. Das sollten Sie bei Ihrem Ausflug nach New York gemerkt haben, als Sie sich als Gangster auf spielten.«
»Ich weiß«, sagte ich.
»Wissen Sie, was mit vorwitzigen Reportern geschieht?«
Ich nickte.
»Deswegen bin ich ja hier. Ich habe gesehen, was mit Jack Brown passier.t ist und wie es Mike Hood ergangen ist, und ich habe keine Lust, ein ähnliches Schicksal zu erleiden.«
Jetzt grinste er auch und erinnerte mich an einen römischen Koasul, der gerade dabei- ist, die Liste der beim nächsten Staatsstreich zu beseitigenden Gegner zusammenzustellen.
»Fein«, sagte er. »Dann hören Sie auf meinen Rat. Fahren Sie ganz schnell nach Hause, legen Sie sich ins Bett und drehen Sie das Gesicht zur Wand. Und so bleiben Sie die nächsten Wochen liegen. Dann geschieht Ihnen nichts.«
»Sie sind zu gütig«, sagte ich bescheiden. »Leider ist diese Möglichkeit nicht mehr gegeben.«
»Warum?« fragte er.
»Die Polizei sucht mich.«
Er sah mich groß an, und ein belustigter Ausdruck trat in seine Augen.
»Aber warum denn?«
»Die Polizei hat mich in Verdacht, Mike Hood ermordet zu haben. Wissen Sie, als ich da draußen am Cross Peak war, ist etwas Häßliches passiert. Erst hat mich einer auf den Kopf gehauen, und dann gab es eine Knallerei — tja, und dann lag Mike Hood tot auf der Erde. Nun, gibt es Zeugen, die mich dort gesehen haben, meine Prints sind überall in der Jagdhütte — kurz, ich nehme, an, die Polizei hat schon die Fahndung nach mir ausgeschrieben.«
»Aber warum haben Sie sich denn der Polizei nicht gestellt?« fragte er grinsend.
»Das ging nicht. Ich hätte einige Mühe gehabt, meine Geschichte zu erklären. Ich hätte angegeben, auf Holdens Anweisung da ’rausgefahren zu sein, aber Holden hätte das abgestritten.«
»Tja, vermutlich«, sagte er.
»Eben. Und Zeugen gab es nicht. Sie hätten natürlich auch alles abgestritten, Mr. Paladino. Also hätte man mich erst mal eingelocht.«
»Aber Sie hätten doch nach weisen können, daß es Notwehr war.«
»Richtig«, sagte ich geduldig. »Aber erst einmal hätte ich im Gefängnis von Massany gesessen. Das ist ein ebenerdiger Bau. Ich habe mir ihn angesehen. Ein paar entschlossene Männer dürften es schaffen, jemanden, der dort gefangen ist — nun, wie soll ich sagen?«
»Umzubringen?« schlug er vor.
»Das ist das richtige Wort. Und eben dies befürchte ich. Wie gesagt, ich entsinne mich an Jack Brown, an Mike Hood…«
»Und Sie möchten nicht dasselbe Schicksal erleiden«, sagte er verständnisvoll. »Und deshalb sind Sie nachts zu mir gekommen. Tja, Mr. van Dyk, ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht helfen. Leider«, sagte er und langte nach seinem Glas. »Solche Dinge haben ihre Eigengesetzlichkeit«, erklärte er und nahm einen Schluck.
»Ich dachte mir, daß Sie eine solche Antwort geben würden«, sagte ich. »Und deshalb habe ich etwas unternommen, was Sie wissen sollten, ehe Sie Ihre Killer losschicken.«
»Und das wäre?« fragte er.
»Ich habe eine schriftliche Erklärung über die Vorfälle von heute abgegeben und habe insbesondere das Gespräch mit Holden wörtlich niedergelegt. Dieses Schriftstück habe ich bei einer Vertrauensperson deponiert. Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich Ihnen den Namen dieser Vertrauensperson nicht nenne.«
»Vollstes Verständnis«, grinste er.
»Ich habe Anweisung gegeben, daß im Falle meines Todes oder Verschwindens das Schriftstück der Polizei übergeben wird. Ich bin ziemlich sicher, daß das für einen Haftbefehl gegen Sie ausreichen würde.«
»Meinen Sie?« sagte er.
Ich nickte.
»Ich habe mir das sorgfältig überlegt. Wenn mir etwas geschieht, wird sich der Verdacht sofort gegen Sie richten. Aber, wie immer, wird es an Beweisen fehlen. Und da habe ich vorgesorgt. Dieses Schriftstück wird den Beweis liefern. Holden wird Mühe haben, dagegen anzukämpfen. Ich nehme an, daß diese Überlegung Sie von unüberlegten Schritten abhalten
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