Jerry Cotton - 0525 - Der Teufel mit der weissen Weste
die ersten Anzeichen einer Erschöpfung bemerkbar. Ich erhob mich, taumelte einige Schritte zurück und ließ mich in eine kleine Mulde fallen.
»Du willst es nicht anders, Satan«, krächzte ich heiser. »Gehen wir also in die zweite Runde.«
Ich machte mir keine Illusionen darüber, daß Abbott, der mich jetzt bewaffnet wußte, vorsichtiger zu Werke gehen würde.
Abbott ließ den Wagen bis auf vielleicht fünfzig Yard heranrollen und hielt. Leider konnte ich ihn hinter der gesprungenen Windschutzscheibe nicht deutlich erkennen. Aber er schien unverletzt.
Einige Minuten war es gespenstisch still.
Plötzlich rief Abbott mit schallender Stimme: »Heh, Cotton, komm ’raus! Du hast keine Chance!« Er wartete eine ganze Weile auf meine Antwort. »G-man, hörst du nicht?« Seine Stimme bebte vor unbändigem Haß. »Komm ’raus, du Hundesohn von einem G-man.«
Ich grinste über seine Unsicherheit und schwieg.
Neben der Windschutzscheibe erschien der Lauf seines Gewehres. »Zum letztenmal, Cotton! Komm ’raus!«
Ich sah mit gemischten Gefühlen auf den funkelnden Gewehrlauf. Abbott hatte die bessere Ausgangsposition. Er lag in der guten Deckung des Wagens und hatte das Gewehr, mit dem er verteufelt gut umzugehen verstand.
Ich dagegen lag ungeschützt in der prallen mörderischen Sonne, mit drei Schuß Munition zu meiner Verteidigung.
Abbott riß wütend das Gewehr hoch und jagte in rasender Reihenfolge einige Schüsse zu mir herüber.
Kleine Sandfontänen spritzten vor meiner Nase auf. Ich preßte mich gegen den glühenden Sand und zog den Kopf zwischen die Schultern. Der Satan hatte mich also doch entdeckt.
Ich hatte einen entscheidenden Fehler begangen. Als ich‘ihn erkannte, war er nicht mehr zu korrigieren.
Abbott lachte zynisch. »Wie du willst, G-man! Ich habe Zeit! Du wirst mich noch auf Knien anflehen, daß ich dich erschießen soll«, schloß er mit eiskaltem Hohn.
Eine halbe Stunde vielleicht war nichts mehr von ihm zu hören. Still und drohend stand der Landrover da. Böse starrte mich die Bulldoggenschnauze mit den riesigen Augen an. Ich wischte mir über die entzündeten Augen, aber die Vision einer reißenden Bestie wollte nicht weichen, je länger ich auf die Front des Wagens starrte.
»Cotton, wie geht es dir?« kam unvermittelt Abbotts Anfrage, als wüßte der Teufel nur zu gut über meinen Zustand Bescheid.
»Geh zum Teufel!« krächzte ich und erschrak über meine eigene Stimme. In diesem Moment wurde mir endgültig bewußt, daß ich Gordon Abbott auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
Meine Zunge lag wie ein aufgequollenes, pelziges Stück Leder zwischen den Zähnen. Die Stimmbänder waren so rauh wie das Blatt einer Schlüsselfeile. Ich trank den glühenden Hauch der Wüste und starrte durch den flirrenden Glast auf den Wagen, während sich meine Finger qualvoll in den Sand eingruben.
Die Minuten tropften wie eine Ewigkeit dahin. Jede Sekunde maß den Zeitraum von abertausend Menschenleben.
Es ist aus, Jerry! hämmerte das Blut in meinen Schläfen. Diesmal wird es dich erwischen, mein Junge.
Steh auf, du Idiot! befahl ich mir. Steh auf, und jage dieser Bestie in Menschengestalt eine Kugel in das verbrecherische Gehirn. Worauf wartest du noch? Willst du hier verrecken, du Schwächling.
Wasser! — Wasser! bohrte es in meinem Hirn. Meine Hände tasteten über den Sand.
»Wasser! — Wasser! — Mein Gott, wo ist der Kanister!« Immer hastiger fuhren meine Hände suchend über den Sand. Ich warf mich herum und starrte entsetzt hinter mich. »Nein!« schrie ich auf. »Das kann doch nicht sein!«
Verschwunden!
»Nein!« Namenloses Entsetzen packte mich. Selbst in meinem benommenen Zustand erkannte ich, was das bedeuten würde. Beim Sturz von dem Wagen war mir Sand in den Mund gedrungen. Er knirschte überall in meinem Rachen und verursachte ein geradezu wahnsinniges Durstgefühl. Ich wußte, daß ich Wasser haben mußte, unter allen Umständen Wasser.
Wie in Trance zog ich mich an den Rand der Mulde. Die Bulldogge stand nach wie vor drohend auf ihrem Platz. Bann fiel mein Blick auf den Kanister. Er stand etwa zwei Körperlängen von mir entfernt einsam im Sand. Dort, wo ich ihn abgesetzt hatte.
Ich starrte ihn an wie ein Fata Morgana. Mich schüttelte ein hysterisches Lachen, als ich mich wie unter einem fremden Zwang erhob.
»Wasser! — Wasser!« Meine lederne, gequollene Zunge leckte über die mit dicken Blasen bedeckten Lippen.
Der erste Schuß ging haarscharf an meinem
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