Jerry Cotton - 0539 - Die Tochter des Spions 3 of 3
vorgestellt. Allerdings mußte ich jetzt Farbe bekennen und Edith Hillar informieren. Wenn sie sich dann im Bad einschloß, war sie sicher; und wir hatten freie Bahn, um Ellwanger zu empfangen. Ich sah auf die Uhr. Es war erst vier Minuten nach halb sieben.
Vor Edith Hillars Tür blieben wir stehen. Ich klopfte. Wir warteten. Aber niemand öffnete uns. Ich klopfte noch einmal. Und zwar lauter. Im Zimmer blieb alles ruhig. Von einem unangenehmen Gefühl beschlichen, legte ich die Hand auf die Klinke. Die Tür ließ sich öffnen. Der Schlüssel steckte von innen. Das Zimmer war leer.
Wir traten über die Schwelle. Wieder roch ich den zarten Duft von Parfüm und Seife. Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster. Die Gardine zeichnete ein feines Gitter auf den Boden.
Phil deutete zum Tisch. »Das ist anscheinend für dich.«
Auf der Tischdecke aus grobem Leinen stand ein bauchiger Eiskübel. Er war bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Das Eis war bereits geschmolzen. Nur noch wenige winzige Stückchen schwammen an der Oberfläche. Aus dem Kübel ragte der Hals einer Sektflasche. Es war keine teure Marke. Aber die Idee war rührend. Auf kleinen Sets standen zwei Sektgläser. Zwischen ihnen lag ein Zettel.
Die Schrift darauf war steil und hoch und wirkte ein bißchen ungelenk. Ich las: Mr. Cotton, ich bin gleich wieder da. Bitte, machen Sie es sich bequem. Edith Hillar.
Hm. Ich nahm den Zettel mit spitzen Fingern und gab ihn Phil. Mein Freund studierte ihn. Dann legte er ihn auf den Tisch zurück, trat zum Fenster und blickte über die Dächer zum Park. Eine Weile sagten wir nichts. Schließlich zückte Phil sein Zigarettenpäckchen und hielt es mir hin. »Sie wird doch nichts dagegen haben, wenn wir rauchen…?«
»Keine Ahnung.« Ich schob seine Hand zurück. »Danke! Ich mag jetzt nicht.« Ich wanderte langsam im Zimmer auf und ab. Phil setzte sich in den Sessel am Fenster.
Irgendwas stimmte nicht. Ich spürte es deutlich. Spürte es mit einer seltsamen Nervosität in allen Haarspitzen. Aber ich konnte nicht sagen, was mich beunruhigte. Die Frau war nicht hier, na schön… Möglicherweise wollte sie noch etwas einkaufen, was sie am Tage vergessen hatte. Das war kein Grund zur Aufregung. Trotzdem… die Atmosphäre in diesem Raum war feindselig und bedrohlich. Mein Instinkt sprach an. Er warnte mich. In meinen Händen begann es zu kribbeln. Am liebsten wäre ich hinausgelaufen.
Langsam glitt mein Blick umher. Versteckt hatte sich hier niemand. Es gab keine Möglichkeit. Oder doch? Ich starrte den großen Kleiderschrank an. Dann stand ich auf. So leise, daß keine Diele knarrte, huschte ich zur Wand. Ich hielt meinen Revolver in der Hand. Die Sicherung schnappte.
Phil beobachtete mich. Als er sah, was ich vorhatte, glitt auch seine Hand zur Schulterhalfter.
Jetzt stand ich vor dem Schrank. Ein Griff, ein schneller Ruck — die Tür flog auf. Gleichzeitig sprang ich geduckt zur Seite. Zwei Revolvermündungen waren auf das Innere des Schranks gerichtet. Aber es gab nichts, was wir in Schach halten mußten. Es gab nur bunte Sommerkleider, einige Mäntel, zwei Kostüme und einen Stapel Handtücher im Hutfach.
Ich schloß den Schrank wieder.
Phil sah mich an. »Du traust dem Frieden nicht?«
Ich hob die Hand und ließ sie wieder fallen. »Ich fühle mich hier irgendwie unwohl. Aber erst jetzt. Heute nachmittag war alles okay.«
Mein Freund nickte. »Ich habe das gleiche Gefühl.«
Ich deutete auf die Tür, die zur Küche führen mußte. »Sie wird es uns nicht übelnehmen, wenn wir einen Blick hineinwerfen.«
Phil erhob sich. Wir huschten zu der Tür. Eine Diele knackte unter unseren Sohlen. Wir hielten die Waffen in den Händen. Wuchtig stieß ich die Tür auf. Dahinter lag ein kurzer fensterloser Gang. Links war eine Tür, am Ende des Ganges lag die Küche. Ihre Tür fehlte, war offenbar aus Platzmangel ausgehängt worden. Die kleine Küche war sauber und leer. Im Bad gurgelte leise eine Waschmaschine. In der Wanne lagen gebrauchte Bettbezüge und bunte Blusen. Es gab nichts, was uns hätte beunruhigen können.
»Wahrscheinlich spinnen wir beide«, meinte Phil. Er schob seinen Revolver in die Halfter zurück. Wir gingen wieder in das Wohnzimmer. Mein Freund setzte sich in den Sessel am Fenster. Ich hockte mich auf die breite Bettcouch. In der Wohnung war niemand. Trotzdem fühlte ich mich unbehaglich. So, als stünde jemand mit gezücktem Messer hinter mir.
Wir warteten. Es wurde 18.55 Uhr. Aber Edith Hillar
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