Jerry Cotton - 0540 - Terror im Highway-Hotel
intelligenter wärst…« Sie ließ offen, was dann der Fall wäre. Aber der Satz ließ sich natürlich leicht in dem Sinn ergänzen, daß er sich dann nicht von mir hätte überrumpeln lassen. Ich sah mich in dem großen Doppelzimmer um. Es war eins vom Standardtyp der Durchschnittspreisklasse.
»Wieviel hat man Ihnen gezahlt, damit Sie hier ein bißchen Radau machen?« fragte ich.
Jetzt erschrak auch die alte Dame. Der Mann ließ sich in einen Sessel sinken und begrub das Gesicht zwischen seinen sehnigen Greisenhänden.
»Wer sind Sie?« fauchte die Alte böse.
»Ich heiße Jerry Cotton«, erwiderte ich wahrheitsgemäß.
»Was wollen Sie von uns?«
»Die Wahrheit hören. Jemand hat Ihnen Geld gegeben, damit Sie hier kleinere Zwischenfälle provozieren und sich anschließend beschweren sollten. Stimmt das?«
Der Alte ließ die Hände vor dem Gesicht sinken und nickte.
»Es muß gesagt werden, Mutter«, meinte er dumpf. »Wir sind für derlei Sachen nicht geschaffen. Ja, Mister, Sie haben recht. Wir sind Schauspieler, ohne Engagement, und es geht uns ziemlich dreckig. Für das bißchen Theater hier bekamen wir zweihundert Dollar. Und wir brauchten das Geld. Sonst hätten wir uns nie darauf eingelassen.«
»Wer gab Ihnen das Geld?«
»Es kam in einem Brief.«
»Wer gab Ihnen den Auftrag?«
»Wir können es Ihnen nicht sagen. Wirklich nicht. Wir wurden angerufen. Jemand sagte uns, daß wir zweihundert Dollar verdienen könnten. Und dann erzählte er, was wir machen müßten. Ich war anfangs dagegen. Aber zweihundert Dollar sind viel Geld, Mister.« Er sah mich so flehentlich an, daß ich es nicht über das Herz brachte, ihm zu sagen, was hätte gesagt werden müssen.
»Würden Sie die Stimme wiedererkennen?« fragte ich.
»Ja, bestimmt.«
»Haben Sie den Briefumschlag noch, in dem sich das Geld befand?«
»Den habe ich aufgehoben«, ließ sich die alte Lady Vernehmen und klirrte mit dem falschen Schmuck, den sie pfundweise trug.
»Sagen Sie mir, bitte, Ihren richtigen Namen und die Adresse.«
Sie nannten eine Anschrift in Chicago. Ich schrieb sie auf. Dann fiel mir etwas ein.
»Auf wen haben Sie eben gewartet?«
»Wir sollten hier weitere Anweisungen und noch mehr Geld bekommen«, gestand der Alte. »Aber wir hätten es nicht genommen. Glauben Sie mir, Mister, wir hätten es nicht genommen. So etwas ist nichts für uns. In der ersten Aufregung denkt man nur an das Geld. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, was wir heute abend schon durchgemacht haben. Wir schämen uns mehr als man sagen kann.«
Es stand ihm im Gesicht geschrieben, daß er nicht log. Ich beschloß, ihnen zu vertrauen — auf die Gefahr hin, daß sie mich enttäuschten.
»Hören Sie«, sagte ich eindringlich. »Sie haben sich dazu hergegeben, einen winzigen Teil eines großen Gangsterplanes auszuführen. Trotzdem denke ich, daß ich Sie aus der Sache heraushalten kann. Aber dafür sollten Sie mir auch einen Gefallen tun.«
»Wieder so etwas machen?« fragte'der Alte unglücklich.
»Nein, natürlich nicht. Sie sollen mich nur verständigen, wenn Sie neue Anweisungen bekommen haben. Merken Sie sich meinen Namen: Cotton. Der Empfang wird wissen, wo ich zu erreichen bin.«
»Aber wir wollen keine neuen Anweisungen mehr annehmen«, versicherte er und sah mich unglücklich an. »Wir eignen uns eben doch nicht für so etwas. Wir haben uns geirrt. Wir dachten, wir könnten es. Aber es geht nicht.«
Ich ließ mir durch den Kopf gehen, wie die Gangster vermutlich reagieren würden, wenn der Alte ihnen dieses etwas verspätete Geständnis seiner Ehrlichkeit machte. Die Aussichten für die beiden alten Leutchen waren nicht rosig. Ich versuchte, es ihnen zu erklären.
»Sie haben sich schon zu weit mit den Burschen eingelassen. Sie könnten ungemütlich werden, wenn Sie jetzt plötzlich aussteigen wollen. Und zwar sehr ungemütlich. Das sind keine Filmgangster, Mister. Damit Sie sehen, wie ernst es ist, will ich Ihnen etwas sagen: Die Burschen hatten außer Ihnen mindestens noch eine weitere Person angeheuert, die hier im Hotel Aufsehen erregen und den Betrieb stören sollte. Ein Mann, der sich als eine Art Playboy ausgeben und die Mädchen vom Personal belästigen sollte.«
»Siehst du!« rief die alte Lady. »Ich habe doch recht gehabt!«
»Womit, Ma’am?« fragte ich neugierig.
»Sie meinen den Mann in dem dunkelblauen Klubjackett, nicht wahr? Ich erkannte ihn gleich. Er ist auch ein Schauspieler. Kein besonders guter, aber immerhin ein
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