Jerry Cotton - 0554 - Das Geheimnis der Millionenbande
läßt sie sich schenken. Haben Sie keinen Freund, Miß Toplin?«
»Ja, doch…« antwortete das Mädchen. »Aber ich weiß nicht, wann ich ihn danach fragen kann.«
Diane lachte. »Fragen Sie beim nächsten Rendezvous!«
»Ich weiß nicht, wann es stattfinden wird.«
»Hat ihn sich die Army geholt?«
»Nein. Können Sie noch einmal vorbeikommen, Miß?«
»Wann?«
»Ich wünschte, ich könnte es Ihnen genau sagen, aber er ruft ganz unregelmäßig an.«
»Warum rufen Sie ihn nicht an?«
»Weil ich nicht weiß, wo er sich aufhält. Am besten erzähle ich Ihnen die ganze Geschichte, damit Sie mir glauben. Bis vor einigen Wochen wohnte mein Freund in diesem Haus. Eines Morgens war er einfach verschwunden. Ich erfuhr von der Hausverwaltung, er habe einen Brief hinterlassen, er müsse eine längere Reise antreten. Ich war sehr beunruhigt und dachte schon daran, zur Polizei zu gehen, um ihn als vermißt zu melden; aber dann rief er, drei Tage nach seinem Verschwinden, bei mir an. Er sagte, es ginge ihm gut, und er arbeite an einer großen Sache, bei der er viel Geld zu verdienen hoffe. Er wüßte nicht, wann er mich sehen könne. Er versprach, mich wieder anzurufen.«
»Tat er es?«
Sie nickte. »Seitdem dreimal. Wir trafen uns. Mein Freund arbeitet an einer wichtigen Erfindung.« Sie beugte sich vor und flüsterte geheimnisvoll. »Irgendwelche üblen Burschen haben von seiner Erfindung Wind bekommen. Er muß sich vor ihnen verbergen, bis die Patente gesichert sind.«
»Ist Ihr Freund Ingenieur oder Wissenschaftler?«
»Nein«, antwortete Suzy Toplin, »er war Kassierer bei einer Bank.« Sie zuckte die schmalen Schultern. »Ich verstehe auch nicht, wieso er plötzlich zum Erfinder wurde.«
Diane Jagg unterdrückte ein Lächeln. Es war klar, daß sie die richtige Fährte erwischt hatte. Der Rest war Routine. Sie erfuhr, daß Suzy Toplin als Kellnerin in einem chinesischen Restaurant arbeitete, und zwar von drei Uhr am Nachmittag bis elf Uhr abends. Edward Forest rief, wenn er sie nach Feierabend treffen wollte, in dem Restaurant an. Diane verabschiedete sich von dem Mädchen, fuhr in die kleine möblierte Wohnung und veränderte für die Überwachung Suzy Toplins ihr Aussehen. Sie setzte eine schwarze Perücke auf, klebte Wimpern und verstärkte ihre Augenbrauen. Dann stieg sie in ein strenges Tweedkostüm um und setzte eine getönte Brille auf.
Es war nicht schwierig, Suzy Toplin zu überwachen. Da das Mädchen zwischen drei und elf Uhr von ihrem Job in dem Chinarestaurant festgehalten wurde, genügte es für Diane, sich zu vergewissern, daß sie nach Dienstschluß nach Hause ging und das Apartment nicht wieder verließ. Drei Nächte lang folgte Diane dem Mädchen auf seinem Weg zwischen dem Restaurant und dem Apartmenthaus.
Am vierten Abend schlug Suzy Toplin eine andere Richtung als gewöhnlich ein. Diane erwischte dieselbe Untergrundbahn und heftete sich an die Fersen des Mädchens, als es die Bahn an der East 68. Straße verließ. Suzy betrat ein kleines Lokal. Diane folgte ihr nach einer kleinen Pause. Sie schwang sich auf einen Hocker an der Theke und bestellte zwei Hamburgers. Suzy Toplin saß an einem Ecktisch.
Unmittelbar nach Diane betrat ein Mann das Lokal. Er setzte sich zu dem Mädchen, und Suzy küßte ihn auf den Mund. Der Mann war blond, zu dick für sein Alter, und seine Gesichtsfarbe war rosig wie die Haut eines Babys. Die kleinen blauen Augen funkelten unruhig.
Diane Jagg biß in ihren Hamburger. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Der Mann neben Suzy Toplin war Edward Forest, ehemals Kassierer der Cabbrey-Bank, und mit vierzigtausend gestohlenen Dollar getürmt.
Diane verließ das Lokal, sobald sie die Hamburgers verzehrt hatte, aber als Forest und das Mädchen die Straße betraten, stand sie in einer Toreinfahrt auf der anderen Seite. Das Paar steuerte einen Nightclub an, der einige Häuserblocks straßenaufwärts in einem Kellergeschoß eröffnet worden war. Diane ließ Forest und dem Mädchen einen zeitlichen Vorsprung, bevor sie, vorbei an einem grinsenden Negerportier, den Klub betrat.
Der Laden war mit Menschen vollgestopft wie eine Büchse mit Ölsardinen. Die Tische standen in Nischen. Forest und Suzy Toplin saßen in einer Nische in der Nähe der Band. Irgendwer bot Diane seinen Barhocker an und bestellte Whisky-Orange für sie und Whisky pur für sich. Es war ein großer Mann mit schweren Augenlidern und einem goldgepflasterten Gebiß. Er redete auf Diane ein und schwor, er hätte
Weitere Kostenlose Bücher