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Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu

Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu

Titel: Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu Kostenlos Bücher Online Lesen
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der mir am Vortag im Hause von Vivian Benson abgenommen worden war. Ich musterte Jean Borneau prüfend und kam zu dem Ergebnis, daß er die Wahrheit gesagt hatte. Ich entschuldigte mich bei ihm. »Schon gut«, meinte er versöhnt und stand auf. »Wahrscheinlich habe ich mich reichlich dumm benommen. Es wäre klüger gewesen, Ihnen den Karton zu übergeben.«
    Die Trommel des Revolvers war leer. Borneau hatte also keine Angriffsabsichten gehabt. Ich ließ mir von ihm das Aussehen des Dreißigjährigen beschreiben und hielt die Details in meinem Notizbuch fest. Dann brachte ich den guten Mann zur Tür und bat den Etagenkellner um einen eisgekühlten Orangenflip.
    Als die Toteninsel vor mir auftauchte, wußte ich plötzlich, daß die romantischen Träume, die mir die Fahrt durch die Südsee vorgegaukelt hatte, zu Ende sein würden.
    Nihoa zeigte sich zunächst als eine dunkle Silhouette vor dem Operettenblau eines makellosen Septemberhimmels. Seit Nelson Algrens Tod waren inzwischen vier Wochen verstrichen.
    Ich war im Segeln und Navigieren ausgebildet worden. Ich war von Kauai bis nach Nihoa gesegelt — das waren etwa hundertzwanzig Meilen. Das Boot, das ich unter den Füßen hatte, gehörte einem New Yorker Börsenmakler, der mit Mr. High befreundet war. Die Jacht hieß »Spötter«. Ich nannte mich James Craig und verfügte über die notwendigen Papiere, um mich legitimieren zu können.
    Nihoa kam näher. Die Insel ruhte wie ein gewaltiger Wal im Meer. Dunkel, drohend und viel größer, als ich mir das Ganze vorgestellt hatte.
    Nachmittags um sechzehn Uhr fünfzig umsegelte ich die langgestreckte Mole und fuhr in das Hafenbecken ein. Die Insel wirkte wie ausgestorben. Es gab zwar einen halbverfallenen Pier, aber nirgends war ein Schiff oder ein Mensch zu sehen.
    Die Palmen, die sich sanft im Winde wiegten, machten einen reichlich zerzausten Eindruck. Einige lagen umgestürzt am Strand. Ich erinnerte mich, daß hier vor kurzem der Wirbelsturm Susy getobt hatte. Ich fragte mich, ob seitdem überhaupt noch eine Menschenseele auf diesem Eiland war.
    Ich rollte die Segel ein und tuckerte mit Hilfe des Dieselmotors an einen Liegeplatz. Ich bemühte mich darum, alle Manöver mit größter Sorgfalt auszuführen. Erstens fühlte ich mich für die geliehene Jacht verantwortlich, und zweitens hatte ich das merkwürdige Gefühl, beobachtet zu werden.
    Es lag in meiner Absicht, auf der Insel als ein Mann aufzutreten, der neun Monate im Jahr hart arbeitete, am die restlichen drei seinen Hobbys frönen zu können. Meinen Papieren zufolge war ich James Craig, der leitende Mann eines Investmentfonds. Natürlich hatte ich mich vor der Abreise mit der Materie beschäftigt. Ich wußte so ziemlich alles, was mit Indexpunkten, einer Baisse und der Dow-Jones-Entwicklung an der Börse zusammenhängt. Ein Mann, der als eine Kreuzung von Wirtschaftskapitän, Intelligenzbestie und Sportsmann auftrat, mußte in jeder Situation beweisen können, daß er sein Handwerk beherrschte.
    Gegen siebzehn Uhr dreißig ging ich an Land. Ich war mit Shorts, einem khakifarbenen Hemd, einer gelben Seglermütze und festen Wanderschuhen bekleidet. Außerdem war ich mit einem Feldstecher’ einem Kompaß, einem Messer und einem Jagdgewehr ausgerüstet.
    Entlang des Piers standen einige Schuppen und Lagerhäuser. Ihre Tore waren herausgerissen oder vom Sturm eingedrückt, die Dächer abgedeckt worden. An einer Mauer flatterten die traurigen Reste eines verblichenen Plakates, das einmal für Kriegsanleihen geworben hatte.
    Vom »Hafen« führte eine asphaltierte Straße landeinwärts. Ich passierte nach etwa einer halben Meile den ehemaligen Marinestützpunkt. Er bestand im wesentlichen nur aus den Betonfundamenten, die einmal die Baracken getragen hatten, einem verrosteten, teilweise niedergerissenen Maschendrahtzaun und zwei hohen Stahlgittermasten, die vermutlich zu einer Radaranlage gehört hatten.
    Es war nicht schwer, bis zur Spitze eines solchen Mastes zu klettern. Von oben sah ich nur die dichtgedrängten Baumkronen, die sich bis an den Fuß einer Hügelkette erstreckten.
    Ich kletterte von dem Mast herunter und setzte meinen Erkundungsmarsch fort. Kurz hinter dem ehemaligen Stützpunkt war die Straße nicht mehr asphaltiert, aber sie führte tiefer in die Insel hinein. Ich stoppte, als ich an den Rändern einer noch nicht ausgetrockneten Pfütze die Abdrücke eines Autoreifens entdeckte. Das grobe Profil ließ darauf schließen, daß es sich um die

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