Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu

Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu

Titel: Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
dem Lichtschalter und drückte ihn nach unten. Das hohle Klicken, das mir antwortete, war die einzige Reaktion. Es blieb dunkel.
    Ich ging an dem Blonden vorbei und öffnete die Fenstervorhänge. Dann stieß ich die Terrassentür auf und kickte die hölzernen Läden zurück. Ich holte tief Luft und pumpte meine Lungen voll frischen Sauerstoff. Irgendwie fürchtete ich mich davor, dem Mann ins Gesicht zu blicken. Ich ahnte, was mich erwartete.
    Ich drehte mich um. Der Mann schien mir in die Augen zu starren. Seine Arme und Hände lagen auf den hölzernen I .ehnen des Stuhles. Der Mann saß sehr aufrecht, wie in Trance oder Hypnose. Ich erkannte ihn sofort. Es war mein Kollege Stapleton aus Chicago. Er war tot.
    ***
    Der Tod hat viele Gesichter. Das Gesicht, das Stapleton mir zeigte, ließ mir das Blut in den Adern gerinnen. Es war fast so, als triebe mein Herz nur noch zähflüssigen Asphalt durch die Adern.
    Ich kannte die Gesichter des Todes. Ich kannte den Ausdruck des Terrors und der Angst, aber auch den des stillen Friedens und der Würde. Stapletons Züge zeigten weder das eine noch das andere. Sie waren auf eine furchterregende Art unmenschlich geworden, ohne daß sich auf Anhieb sagen ließ, woran das lag.
    Mein Kollege schien sich kaum verändert zu haben. Vielleicht war es gerade dieser Umstand, der mich schockierte. Stapleton ähnelte einer Mumie. Er war, wie ich wußte, seit langem tot, aber man hatte nicht das Gefühl, daß dieser Tod ihm die verdiente Ruhe gebracht hatte. Er lebte auf eine makabre Weise weiter, indem er hier in einem Stuhl saß und ins Leere starrte.
    Es war klar, daß er nicht in diesem Stuhl gestorben war. Es stand auch fest, daß irgend jemand etwas unternommen hatte, um eine Verwesung auszuschließen.
    Ich merkte, daß ich zu schwitzen begann. Es widerstrebte mir, näher an den Toten heranzutreten, aber ich mußte mich davon überzeugn, was geschehen war.
    Plötzlich, als ich nur einen Yard vor ihm stand, ertönte Stapletons Stimme.
    »Gehen Sie. Lassen Sie mir meinen Frieden. Gehen Sie — oder Sie werden enden wie ich!«
    Ich glaubte zu träumen. Stapleton war tot. Seine Lippen hatten sich nicht bewegt.
    Aber es war seine Stimme — auch wenn sie mir härter und metallischer erschien, als ich sie in der Erinnerung behalten hatte.
    »Gehen Sie«, wiederholte die Geisterstimme. »Lassen Sie mir meinen Frieden, oder Sie werden enden wie ich.«
    ***
    Ich schwitzte stärker und fragte mich, ob ich träumte. Es war wohl die Überraschung, der jähe Schock, die mich die Frage stellen ließen. Im nächsten Moment wußte ich jedoch, daß ich das Opfer einer makabren technischen Spielerei geworden war.
    Ich bückte mich und riß den Schafswollteppich zur Seite, auf dem ich stand. Darunter kam eine Platte von etwa zwanzig mal zwanzig Yard zum Vorschein, von der zwischen den Dielenritzen eine dünne elektrische Leitung zu der Couch führte. Ich folgte der Leitung und beugte mich über die Couch. Dahinter stand ein Bandgerät mit laufenden Spulen.
    »Gehen Sie«, wiederholte die Stimme zum drittenmal. »Lassen Sie mir meinen…«
    Ich drückte auf die Aus-Taste.
    Dann kehrte ich zu Stapleton zurück. Jeder, der vor ihn hintrat, mußte zwangsläufig die unter dem Teppich verborgene Platte betreten und damit den Kontakt auslösen, der das Bandgerät in Tätigkeit setzte.
    Stapleton war mit einem hellen Anzug bekleidet. Sein Schlips saß etwas schief. Überhaupt hatte man den Eindruck, als ob ihm die Sachen erst nach seinem Tod auf den Leib gezerrt worden waren. Vielleicht entstand der Eindruck auch nur dadurch, daß von Stapletons kompakter Figur nicht viel übriggeblieben war.
    Ich sah keine Wunde an ihm, aber für mich stand es fest, daß er ermordet worden war. Sein Mörder mußte’ irr sein. Es gab dafür, daß er sein Opfer in dieses Haus gesetzt und den makabren Einfall mit der Tonbandaufnahme gehabt hatte, keine andere Erklärung.
    Für mich stand es fest, daß das Band von Stapleton vor dessen Tod besprochen worden war. Aber in wessen Beisein und in welchem Zusammenhang'’
    Ich merkte, wie sich in mir ein namenloser Zorn festfraß, eine Empörung, die über jedes vernünftige Maß hinanwuchs. Mir war es egal, ob Stapletons Mörder verrückt oder normal war. Im hatte nicht nur gemordet, er hatte sein Opfer auch noch verhöhnt und ihm die letzte Ruhe versagt. Er hatte ihn zu einer grauenerregenden Panoptikum: figur degradiert. Es wurde höchste Zeit, daß den Mörder die verdiente Strafe

Weitere Kostenlose Bücher