Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu
Bourbon?«
Ich war nicht versessen darauf, Sharons Gastfreundschaft zu genießen, aber ich hatte einen Drink nötig. »Bourbon mit Soda, bitte«, sagte ich.
Sharon füllte die Gläser. »Weidmannsheil!« prostete er mir zu.
»Ich bin kein Jäger«, sagte ich kühl.
Er nahm einen Schluck und setzte das Glas ab. »O doch«, behauptete er. Sie sind ein Jäger. »Sie jagen Menschen, genau wie ich. Sie werden dafür sogar bezahlt.«
Mir dämmerte, worauf er hinauswollte. »Ich jage Verbrecher«, gab ich zu, »aber nicht, um sie zu töten. Ich stelle sie nur und überantworte sie den ordentlichen Gerichten.«
»Mag sein, daß Ihre Opfer den Fangschuß von anderen bekommen«, spottete er. »Von einem Richter oder dem Henker, aber im Prinzip sehe ich keine wesentlichen Unterschiede. Sie frönen einer Jagdleidenschaft, genau wie ich. Sie sind bis jetzt stets Sieger geblieben, genau wie ich.« Er lächelte mir breit in die Augen. »Mann, Cotton!« fuhr er fort. »Warum machen Sie sich etwas vor? Sie reden sich ein, für Recht und Gerechtigkeit zu streiten, aber in Wahrheit lassen Sie auch nur Ihre Jagdinstinkte sich austoben. Sie jagen Menschen und sorgen dafür, daß Ihre Opfer entweder getötet oder eingesperrt werden. Ein Großwildjäger tut nichts anderes.«
»Sie bringen einiges durcheinander«, begann ich.
Er fiel mir ins Wort. »Wieso denn? In beiden Fällen werden Raubtiere erlegt…«
»Tiere«, bestätigte ich.
»Ich jage Menschen«, sagte Sharon. »Und Sie sind mein nächstes Opfer, Cotton.« Er hob sein Glas und lächelte. »Cheerio, mein Lieber!«
***
Ich genehmigte mir einen tüchtigen Schluck. »Was haben Sie vor?«
»Wir kämpfen gegeneinander. Wir messen unsere Kräfte. Es wird sehr interessant werden, Cotton! Sie werden es genießen, mein Wort darauf… Sie wären sonst kein Jäger!«
»Was hat Sie darauf gebracht, Menschen zu ermorden?« wollte ich von ihm wissen.
Er zog eine Grimasse. »Schon wieder dieses schreckliche Wort«, beschwerte er sich. »Sie werden rasch lernen, daß Sie im Unrecht sind. Sie bekommen eine faire Chance. Sehen Sie, Cotton — ich bin ein reicher Mann. Mein Vermögen wächst täglich um mehr als einhunderttausend Dollar. Ich brauche keinen Finger zu rühren, um diesen Gewinnzuwachs zu sichern. Mein Geld arbeitet von allein. Ich kann es mir also leisten, meine Hobbys zu pflegen.«
Er nahm sein Glas in die Hand und begann in dem riesigen Zimmer auf und ab zu gehen.
»Ich bin ein passionierter Jäger«, fuhr er fort. »Es gibt kaum ein interessantes Land der Welt, in dem ich nicht schon das schlaueste und gefährlichste Wild jagte, das dort aufzutreiben war. Es war ein herrlicher Sport… bis zu dem Tage, an dem ich erkannte, daß die Tiere gegen mich keine Chance hatten. Da war gleichsam die Luft heraus, wissen Sie.«
Er blieb stehen und schaute mich an. »Ich habe Löwen und Elefanten geschossen«, meinte er. »Ich bin mit einem Speer gegen einen Grisly vorgegangen, und ich habe gegen Haie unter Wasser gekämpft… nun gab es nur ein Lebewesen, das ich noch nicht bekämpft hatte, nun blieb mir nur noch das edelste und gefährlichste Wild von allen — der Mensch.«
Sharons Augen glitzerten, als er an mir vorbei ins Leere starrte und dann mit leiser Stimme weitersprach. »Ich fragte mich, warum ich nicht schon früher auf diese Idee gekommen war. Jetzt bekam das Kräftemessen plötzlich einen neuen Sinn, die Jagd wurde wieder aufregend und spannend!« Er kam an die Bar zurück und blickte mich an. »Ich mußte einen neuen Faktor einkalkulieren. Den Intellekt meines Gegners! Seine Entschlossenheit, vor mir zuzuschlagen. Die tödliche Gefahr schlechthin. Um den Nervenkitzel zu steigern, konzentrierte ich mich auf Menschen mit Jagderfahrungen… auf Leute also, die in gewisser Hinsicht gleichwertig sind. Stapleton war einer davon. Ralph Benson ein anderer. Nun sind Sie an der Reihe, Cotton! Ein Jäger wie ich! Sie sind jung, intelligent und instinktsicher, trainiert von den fähigsten Köpfen des Landes, in jeder Kampfart zu Hause, gereift und hart geworden in tausend gefährlichen Auseinandersetzungen mit gerissenen Gegnern! Sie bilden für mich gewissermaßen die Krönung meiner bisherigen Jagdkarriere, Cotton. Lassen Sie uns darauf trinken, mein Lieber.«
Ich ließ mein Glas stehen. »Was ist, wenn ich mich weigere, dieses ungesetzliche und mörderische Spiel mitzumachen?« wollte ich wissen.
Sharon grinste matt. »Aber Cotton!« sagte er vorwurfsvoll. »Was tun
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