Jerry Cotton - 0562 - Die Peitschenmaenner
Großen gesehen hatte!
Er drängte ihn ins Haus, ohne daß Wagoner einen Einwand erhob. Schnell schloß Oakland die Tür und drehte sich um.
»Erkennen Sie mich, Wagoner?«
»Tok«, antwortete Wagoner mechanisch. »Sie sind gekommen, um Abrechnung zu halten. Ich glaube, ich habe versagt. Aber ich weiß nicht, wie es gekommen ist. Ich weiß überhaupt nichts.«
Auch Oakland erkannte, daß Wagoner nicht bei Sinnen war. Nur suchte er den Grund nicht bei anderen, sondern bei Wagoner selbst. Oakland machte eine große Dummheit, die er noch bitter bereuen sollte. Er entschied in Sekunden. Er sprach -das Urteil und vollstreckte es. Für ihn galt nur, daß Wagoner in seinem Zustand die Organisation in Gefahr brachte. Mehr nicht!
»Haben Sie mir noch etwas zu sagen, Wagoner?« fragte er.
»Nein, ich weiß nichts.«
Oakland griff in die Tasche und brachte das schmale Etui zum Vorschein, das er vorhin seiner Aktentasche entnommen hatte. Und in dem Etui befand sich tatsächlich ein Füllhalter. Aber es war ein Instrument besonderer Art.
Ohne noch ein Wort zu sagen, zielte er damit auf das Gesicht Wagoners und drückte dabei auf einen winzigen Knopf. Es gab ein zischendes Geräusch. Nicht lauter, als wenn man einen Gashahn aufdreht.
Mr. Richard Wagoner öffnete den Mund. Seine Augen quollen hervor, als ob er keine Luft bekäme. Dann sank er lautlos zu Boden, er war tot, ehe er den Teppich berührte.
Oakland steckte den Füllhalter sorgfältig in das Etui zurück. Wenn Wagoner gefunden würde, mußte der Arzt einen Herzschlag diagnostizieren.
Das war das große Geheimnis des Füllhalters.
Oakland kümmerte sich nicht um den Toten. Ihn schien es überhaupt nicht zu berühren, daß er eben einen Mord begangen hatte. Ein Menschenleben bedeutete ihm nichts.
Systematisch begann er das Haus zu durchsuchen. Aber je länger er suchte, desto nervöser wurde er. Viele Anzeichen sprachen dafür, daß sich noch vor kurzer Zeit mehrere Personen in diesem Haus aufgehalten hatten.
Und er fand noch etwas anderes! Den Beweis, daß Wagoner das Kommando an einen Fremden abgegeben hatte.
Aber wer war dieser Mann? Wer hatte die Macht in Queens übernommen, ohne daß die Organisation davon etwas wußte? Und plötzlich erinnerte sich Oakland auch an die seltsamen Praktiken, die seit einigen Tagen in Queens eingeführt wurden.
Das war ja der Grund gewesen, weshalb man ihn hierherschickte! Ja, nur so konnte es sein, sinnierte er vor sich hin. Solange Wagoner die Macht in den Händen hielt, ging alles reibungslos vonstatten. Jedenfalls so, was man in der Organisation als reibungslos verstand: Terror!
Dann kam der andere, und der versuchte es auf die weiche Tour.
Er hatte damit Erfolg! Mittelsmänner berichteten, daß Queens so ruhig wie ein Leichenhaus war, daß aber die einflußreichen Leute, und auf die kam es bei der kommenden Wahl besonders an, vor dem Unbekannten zitterten, der sie unter seinen Willen zwang.
Kredite wurden plötzlich gekündigt, Lieferungen rückgängig gemacht, es waren Erpressungen der weichen Welle… und sie waren erfolgreich.
Wie Schuppen fiel es Oakland von den Augen. Zum erstenmal spürte er so etwas wie Angst. Jemand hatte sich in die Organisation eingeschlichen, den niemand kannte.
Doch dieser Unbekannte bediente sich aller Quellen, gab Befehle, die auch prompt ausgeführt wurden, und steuerte damit einer Machtfülle zu, die nicht im Sinn des Syndikats lag.
Nur das Syndikat durfte Macht ausüben. Das war Gesetz in der größten Verbrecherorganisation der Vereinigten Staaten. Hier aber war ein einzelner, ein Eindringling. Für Oakland gab es in dieser Stunde nur einen Feind: den Mann, der sich an die Stelle Richard Wägoners gesetzt hatte.
Doch Wagoner war tot, er konnte nicht mehr sprechen.
Wie gehetzt rannte Oakland im Haus herum. Im Schreibtisch des Arbeitszimmers fand er den Geheimcode des Syndikats. Er lag offen, für jeden zugänglich, in der Schublade. Die Tür des Tresors war nur angelehnt. Und darin tickte das Empfangsgerät.
Oakland zögerte nur einen Augenblick. Dann meldete er sich. Am anderen Ende war Roy Peltone.
»Was ist los, Chef?« fragte Roy aufgeregt. »Warum haben Sie die Scheine nicht geschickt? Ich brauche das Geld nötig!«
»Tok«, sagte Oakland.
Auf der anderen Seite wurde es einen Augenblick still.
»Sind Sie Peltone?« vergewisserte sich Oakland.
»Ja«, klang es gepreßt zurück Oakland überlegte fieberhaft. War wirklich Peltone am anderen Ende der Leitung? Oder hatte
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