Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder
an.
»Aus meinem früheren Job vielleicht«, räumte ich ein. »Bevor ich zum FBI gegangen bin, war ich Rechtsanwalt. Vielleicht haben wir uns einmal bei einer Verhandlung gesehen.«
»Das kann sein«, nickte er.
»Und jetzt erzählst du uns noch, welche Information du verkaufen wolltest!« drängte ich noch. Doch der Spitzel schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Information, die ich verkaufen kann. Ihr habt selbst gesagt, daß Cotton in seinem Office sitzt. Wenn es so ist, kann ich ihn nicht gesehen haben, und wenn ich ihn nicht gesehen habe, gibt es keine Information über ihn.«
So ging es nicht weiter. Der Rothaarige schlug sich recht geschickt, und auf diese Weise war gar nichts aus ihm herauszubringen. Im Gegenteil, wir konnten nichtsgegen ihn Vorbringen. Wenn er sich darauf versteifte, entlassen zu werden, konnten wir es nicht verhindern. Es ist nicht strafbar, der Polizei Informationen anzubieten. Es ist nur gesetzwidrig, es den Behörden zu verschweigen, wenn man von einem drohenden Verbrechen Kenntnis erhält.
Doch nicht einmal diesen Punkt konnten wir jetzt gegen ihn ins Feld führen. Phils Bluff war ein Schuß, der nach hinten losgegangen war.
Ich mußte das schnellstens reparieren. »Hör zu, Watch. Wir nehmen an, Cotton sitzt nicht in seinem Office. Wie sieht es dann mit der Information aus?« Der Rothaarige grinste erst mich und dann Phil an. »Der Neue ist ein schlauer Bursche, was?«
Phil grinste vielsagend. So vielsagend, daß der Rothaarige jetzt plötzlich unsicher wurde. »Was ist denn nun überhaupt los?« wollte er wissen.
Phil ging auf die Frage nicht ein. Er kratzte sich vielmehr nachdenklich am Hinterkopf und fixierte dabei Lucky Watch.
Der spürte sofort die Veränderung, die mit Phil vorgegangen war. »Ist etwas?« wollte er wissen.
»Ja, da fällt mir gerade etwas ein«, sagte Phil. »Ich denke da nämlich an den Überfall auf einen Obsthändler in der 45. Straße. Die Täter sind von der City Police verhaftet worden. Ich habe mich zufällig mit einem der Kollegen aus der Centre Street darüber unterhalten. Er erwähnte etwas von einem kleinen rothaarigen Spitzel, der den Tip verkauft haben soll…«
Jetzt vollführte der Kleine wirklich einen wahren Affentanz hinter seinem Gitter. »Lüge!« brüllte er. »Hundsgemeine Lüge! Ich habe keine Ahnung, um welchen Überfall und um welchen Obsthändler es sich handeln soll!«
»Na, na, na!« besänftigte Phil ihn und machte dabei ein Gesicht, aus dem man alle seine Zweifel lesen konnte. »Woran du dich erinnerst und woran nicht, das weißt du manchmal selbst nicht. Genau wie heute. Zuerst kommst du und willst eine Information über Jerry Cotton verkaufen, und dann plötzlich sagst du, du hättest dich geirrt. Vielleicht sollte sich der Psychiater einmal mit dir befassen!«
»Nein!« quietschte der Kleine mit sich überschlagender Stimme. »Ich kann doch nichts dafür, daß der Kerl im Güterbahnhof Cotton so ähnlich…«
»Interessant!« sagte Phil. »Auf einem Güterbahnhof hast du also Cotton gesehen. Vielleicht kannst du uns verraten, welcher Güterbahnhof das war?« Der Rothaarige schüttelte wild seinen Kopf. »Ich weiß nichts von einem Güterbahnhof!«
Phil gab mir mit den Augen ein Zeichen. Ich wußte sofort, was er wollte. Mit wenigen Schritten erreichte ich das Office des Desk Sergeants.
Ein paar Sekunden später rasselte der Schlüssel in der Gittertür zu der Zelle, in der Lucky Watch saß.
Der Kleine grinste schief. »Wird aber auch Zeit, daß ihr euren Irrtum einseht!«
»Irrtum von dir«, antwortete Phil. »Wir nehmen dich jetzt mit zu uns. Ich habe den Eindruck, daß wir uns einmal mit dir befassen müssen.«
»Warum denn?« stammelte der Rothaarige erschrocken.
Phil zog alle Register seiner schauspielerischen Begabung: »Nachdem du Cotton auf dem Güterbahnhof gesehen hast, hat es keinen Zweck, daß wir dir noch etwas vormachen. Cotton hat einen geheimen Einsatz. Deshalb haben wir dir auch die Geschichte erzählt, daß er in seinem Office am Schreibtisch sitzt. Wem hast du übrigens noch erzählt, daß du ihn gesehen hast?«
Die Gittertür zur Zelle stand weit offen, aber der Kleine hatte jetzt keine Lust mehr herauszukommen. Im Gegenteil. Langsam ging er Schritt um Schritt bis an die Wand zurück. Und ebenso langsam folgte ihm der kleiderschrankbreite Cop, der die Zelle aufgeschlossen hatte.
»Nein! Laßt mich in Ruhe!« brüllte Lucky Watch.
Es war gut, daß das 21. Polizeirevier sich in einem Haus
Weitere Kostenlose Bücher