Jerry Cotton - 0569 - Perlen Mord und heisse Traenen
Bodega erreicht haben. Dort machst du mich auf den Mann aufmerksam, der dich ablösen soll.«
»Ich habe alles verstanden, Senor. Und ich werde es tun.«
»Okay, dann sind wir uns einig. Du brauchst mir nur noch ein paar Fragen zu beantworten. Zum Beispiel, wer ist dein Boß? Und wo befindet sich Mr. Decker?«
Er riß seine Augen auf, als ob ich von ihm verlangt hätte, sich selbst umzubringen.
»Das — das weiß ich… Das kann ich nicht! Sie werden mich töten!«
»Und ich werde…« Ich sprach nicht aus, was ich mit ihm machen wollte. Aber seine Phantasie ging offenbar weit über die meine hinaus. Außerdem schien er bereits schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht zu haben. »Fragen Sie, Senor«, lispelte er fast tonlos. »Ich — ich werde sagen, was ich…«
Wir hatten eine sehr interessante Unterredung. In den nächsten fünf Minuten erfuhr ich mehr, als ich erwartet hatte.
***
Als ich das Haus verließ, brannte meine Zigarette. Nach ein paar Schritten blieb ich stehen und wartete, bis auch der Chinese herauskam. Es war ein unbehagliches Gefühl, den Asiaten im Rücken zu wissen. Auch wenn er keine Waffe mit sich führte, blieb er gefährlich wie eine Sandviper.
Langsam überquerte ich die Straße und ging auf Juanas Bodega zu.
Als ich ein paar Schritte weiter ein Postamt entdeckte, hatte ich eine Idee. Ich mußte es jedenfalls versuchen, unter Umgehung der Vermittlungszentrale Lieutenant Dortana zu erreichen. Wenn ich Glück hatte, war José Manana um diese Zeit bereits nicht mehr in der Zentrale.
Mein Chinese würde keine Meldung über diesen Abstecher machen.
Ich bekam Dortana an die Strippe, berichtete ihm kurz und knapp, und als ich wieder auf die Straße trat, stand mein Bewacher wie ein Ölgötze auf seinem Posten.
Ich nickte ihm kaum merklich zu, deutete mit dem Kopf in die Richtung, wo sich gerade mehrere Männer in maisgelben Sombreros aufhielten, um ihn an die Gefahr zu erinnern, in der er angeblich noch immer schwebte, und betrat dann die Bodega.
Ich will es vorwegnehmen, ich wußte durch den Chinesen, daß sich hier die Kommandozentrale der Organisation befand. Ich mußte damit rechnen, daß jeder Mann, jede Frau, die sich in der Bodega aufhielt, zu der Bande gehörte, die Phil in ihre Gewalt gebracht hatte.
Offiziell übernahm ein kleiner Mexikaner, den mir mein Bewacher mit dem klangvollen, wahrscheinlich aber falschen Namen Pju Meatse genau beschrieben hatte, meine weitere Beschattung. Pju sollte lediglich einen kurzen Augenblick hereinkommen, ein Bier trinken, dann auf die Toilette gehen, um seine Meldung zu erstatten.
Hier lag ein echter Gefahrenpunkt für mich. Denn wer sollte den Chinesen daran hindern, die Wahrheit zu sagen? Ich konnte es nicht. Und der angebliche Mann mit dem gelben Sombrero? Ihn gab es nicht.
Ich streifte den Perlenvorhang zur Seite und betrat den halbdunklen Raum, der durch Bambusgeflechte in mehrere kabinenartige Séparées unterteilt war. Ich setzte mich an einen Tisch, von dem aus ich die Straße beobachten konnte. Denn ich wartete ja nicht nur auf José Manana, um mir von ihm neue Märchen auftischen zu lassen, sondern vor allem auf Lieutenant Dortana, der mit Leuten, die Manana nicht bekannt sein durften, einen dichten Ring um Juanas Bodega ziehen wollte.
Ein schwarzhaariges Mädchen mit Bewegungen wie eine Pantherkatze fragte mich nach meinen Wünschen.
Ich bestellte ein Bier, obwohl ich wußte, daß es wahrscheinlich schlecht und lauwarm sein würde.
Das Mädchen lächelte, wiegte sich verführerisch in den Hüften und ging an die Theke.
Gleich darauf kam der Chinese herein, und noch während er an der Theke stand und sich ebenfalls ein Bier geben ließ, passierte das Unwahrscheinliche: Ein Mexikaner betrat die Bodega — und er trug einen maisgelben Sombrero.
Ich sah, wie Pju zusammenzuckte, als sich der Mann neben ihm an die Theke lümmelte. Ich konnte ein Lächeln kaum unterdrücken. Und die Sache war nicht etwa von Lieutenant Dortana in Gang gebracht worden. Ich hatte mir gar nicht die Zeit genommen, von meinem Bluff zu berichten. Außerdem hätte Dortana in dieser kurzen Zeit niemanden schicken können. Nein, es war ganz einfach Zufall.
Der Chinese nippte nur an dem Bier, dann sah ich ihn hinter einer kleinen Tür verschwinden, die zu den Toiletten führte.
Der Mann mit dem Strohhut verschwand hinter der gleichen Tür.
Die Schwarzhaarige brachte mir das Bier, wischte mit einem schmierigen Lappen über den fleckigen Tisch, der
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