Jerry Cotton - 0573 - Ich stuerzte den Gangster-Koenig
heiseres Husten. Der alte Gifford blieb vor dem Schaufenster stehen und hustete hartnäckig. Ich ging hinaus und gab ihm eine Tüte mit Hustenbonbons. Es gab eine kleine peinliche Szene, als ich sie ihm hinhielt und er zwar danach griff, aber vorbeifaßte. Seine Finger schlossen sich neben meiner Hand im Leeren.
»Tut mir leid, Mr. Gifford.«
»Schon gut, mein Junge«, krächzte er. »Meine Augen taugen von Tag zu Tag weniger.« Er kicherte. »Der Doc sagt, es läge am Schnaps, aber ich kann die Finger nicht davon lassen. Es lohnt auch nicht mehr.«
Schräg gegenüber, an der Ecke Brook Avenue und 142. Straße, schwang das graue Stahltor auf. Der schwarze Rolls glitt auf die Fahrbahn und rollte an mir vorbei. Mr. Smith hinter dem Steuer blickte unbeteiligt geradeaus. Die Fenster waren verhängt.
»Hören Sie, Gifford! Haben Sie den berühmten King schon einmal gesehen?«
»Wen soll ich gesehen haben?« Er krächzte wie ein Rabe mit Raucherkatarrh.
»Mr. King, den ›König von Mott Haven‹, den Mann, der alles in diesem Viertel erreichen kann.«
»Ah, dieser junge, feiste Bursche, der in dem alten Bau dort drüben haust!« Ohne nähere Erklärungen schlurfte er weiter. Er trug heute einen grauen weiten Mantel, dessen Ränder ausgefranst waren und dessen Rücken mit einem großen Fetzen andersfarbenen Stoffes geflickt worden war.
Ich ging in meinen Laden zurück. Im Hinterzimmer kochte ich mir eine Tasse Kaffee, als die Klingel an der Ladentür schepperte. Ich ging hinaus. Phil Stand vor der Theke.
»Eine Tafel Schokolade!« sagte er.
Ich holte ein halbes Dutzend verschiedene Fabrikate aus dem Regal und legte sie vor ihm auf die Theke. Er nahm eine Tafel nach der anderen in die Hand.
»Der Mann, den die Scolaro-Gang terrorisierte, hieß John McGuire«, sagte er leise. »Er war Wächter bei einer Schmuckfirma.«
»Er war es?« fragte ich langsam. Phil nahm eine andere Schokoladentafel in die Hand und nickte. »Er wurde heute morgen bei einem Überfall auf die Firma erschossen. Die Beute betrug vierzigtausend Dollar in Gold.«
»Dieselben Gangster, die zuletzt die Sotley-Pelze kassierten?«
»Die Augenzeugen sahen nur einen Mann. Er benutzte keine Maschinenpistole, sondern eine schallgedämpfte 34er Smith and Wesson. Seine Informationen waren ausgezeichnet, und irgendwer hatte für ihn die Alarmanlage ausgeschaltet.«
»McGuire?«
»So wie sich die Sache abgespielt hat, kann es niemand sonst gewesen sein, obwohl ein Fahrer und ein Nachtwächter, die Augenzeugen, erklärten, McGuire sei erschossen worden, als er versuchte, zum Revolver zu greifen. Möglich, daß er Theater spielte oder daß er in letzter Sekunde abspringen wollte.«
»Hat er Angehörige?«
»Seine Frau. Sie erlitt einen Zusammenbruch und ist nicht vernehmungsfähig. Ich gab den City Cops einen Wink und lenkte die Untersuchung in Richtung auf die Scolaro-Gang. Die Mordkommission der Cops konnte nicht feststellen, daß McGuire auch nur einmal mit Scolaro oder einem Mann seiner Gang gesprochen hätte.«
Phil hielt eine Tafel Schokolade hoch. »Diese nehme ich. Wieviel?« Während er zahlte, fragte er leise: »Wo ist das Motorrad?«
»Anscheinend wurde es abgeholt. Heute morgen war es verschwunden.«
»Ich mache mir Sorgen um deine Gesundheit, Jerry«, sagte Phil, steckte die Schokolade ein und verließ den Laden.
Meine nächsten Kunden waren zwei Burschen, die kaum aussahen, als wären sie Liebhaber von Süßigkeiten. Als ich mich unmittelbar nach dem Abschluß mit dem alten Padman mit Scolaro herumschlug, hatten Dark Chapter und Gary Ramsey links und rechts neben ihrem Chef am Straßenrand gestanden und interessiert zugesehen. Jetzt lehnte der untersetzte grauhaarige Chapter neben der Tür an der Wand, während Ramsey sich auf die Theke setzte, den Hut in den Nacken schob und mich aus engen Augen musterte. Er hatte ein mageres gelbliches Gesicht, dessen Haut von Pockennarben gezeichnet war.
»Besser, du stellst dich auf die Füße«, schlug ich vor, »sonst klebt dir nachher ein Kaugummi an der Hose.«
»Halt den Mund«, knurrte er, stand aber auf und klopfte mechanisch seine Hose ab. »Jack will dich sehen.«
»Ich kenne keinen Jack.«
’ »Höchste Zeit, daß du ihn kennenlernst.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung auf die Tür. »Komm!«
»Geht jetzt leider nicht. Ich kann meinen Laden nicht schließen. Schließlich muß ich Rücksicht auf meine Kunden nehmen.«
Ramsey riß den Arm hoch und hielt mir die geballte
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