Jerry Cotton - 0577 - Staatsempfang fuer einen Moerder
wurde von einem Kriminalbeamten bewacht. Ihm fiel auch die Aufgabe zu, die immer wieder auftauchenden Reporter zu verscheuchen.
Selbstverständlich hatten wir, unabhängig von diesem Aushängeschild-Beamten, einige unserer Leute so postiert, daß das Zimmer von allen Seiten beobachtet werden konnte. Die im Höf verteilten Leute stellten dabei selbstverständlich auch in Rechnung, daß der Mörder versuchen könnte, eine Bombe durch das Fenster ins Innere des Raumes zu werfen.
Phil und ich versuchten während des Spätnachmittags wiederholt, an Hank Wade heranzukommen, aber er blieb verschwunden. Wade bewohnte ein Einzimmerapartment in einem fünfzehnstöckigen Hochhaus.
Wir befragten den Hausmeister nach Wade, aber er konnte oder wollte uns nichts über ihn sagen. »Solange die Mieter pünktlich zahlen, kümmere ich mich nicht um sie«, fertigte er uns ab.
Gegen Abend besuchten Phil und ich Fred Wyler in seiner Wohnung. Wyler hatte sich weitgehend von seinem Schock erholt, aber er wirkte noch immer bedrückt.
»Was kann ich für Sie tun, meine Herren?« fragte er, nachdem wir uns gesetzt hatten.
»Wir möchten Sie bitten, morgen früh um zehn Uhr mit dem Testament im Krankenhaus zu erscheinen«, sagte ich.
Er schluckte. »Soll das heißen, daß das Mädchen schon über den Berg ist?«
»Keineswegs, aber sie wird imstande sein, der Testamentsöffnung zu folgen und, wie ich hoffe, die Kraft haben, uns einige Fragen zu beantworten.«
»Gut«, nickte Fred Wyler. »Ich werde pünktlich sein.«
»Einer unserer Leute holt Sie ab«, sagte Phil. »Er wird mit Ihnen zur Bank fahren.«
»Verstehe«, meinte Wyler. »Sie wollen vermeiden, daß man mich auf dem Weg zum Krankenhaus überfällt und den Umschlag raubt. Ich bin Ihnen für diese Sicherheitsmaßnahme sehr dankbar.«
»Der Mann, der Sie begleiten wird, heißt Steve Dillaggio«, sagte Phil.
»Bitte merken Sie sich den Namen, und lassen Sie sich den Ausweis zeigen.«
»Glauben Sie, daß einer der Gangster auf den Gedanken kommen könnte, mir einen falschen G-man ins Haus zu schicken?«
»Wir müssen mit allen Eventualitäten rechnen«, sagte ich. »Schließlich versprechen wir uns von dem Inhalt des Testaments einen entscheidenden Hinweis auf das Motiv für James Ridges Ermordung.«
»Ich werde froh sein, wenn dieser Alpdruck hinter mir liegt«, seufzte Wyler.
Nach diesem Besuch trennte ich mich von Phil. Mein Freund fuhr zum Krankenhaus, ich begab mich nochmals in die Ralph Avenue. Als ich dort eintraf, war es zwanzig Uhr geworden. Ich klingelte an Wades Tür, aber niemand öffnete. Ich versuchte mein Glück an der Nachbarwohnung. Das Namensschild an der Tür lautete M. GAY.
Das Mädchen, das mir öffnete, war ungefähr zwanzig Jahre alt. Es hatte diese Zeit sehr geschickt dazu benutzt, ein rundherum erfreulicher Anblick zu werden. Gesicht und Proportionen waren optische Knüller.
»Miß Gay?« fragte ich sie.
Das Girl öffnete den Mund zu einem Lächeln und präsentierte dabei das makellose Weiß kleiner scharfer Zähne. »Myriam Gay«, informierte sie mich.
Ich beglückte sie mit dem Anblick meines Dienstausweises, und das Girl führte mich in ihr Wohnzimmer. Es wurde beherrscht von einem Kissen- und Puppenberg, der mehr als die Hälfte der Couch bedeckte. Wir setzten uns.
Myriam Gay trug ein Minikleidchen und schlug die Beine so übereinander, daß ich Gelegenheit fand, deren aufregende Linie ausgiebig zu bewundern. Da ich aber nicht hergekommen war, um Wertungen für eine Miß wähl vorzunehmen, kam ich kurzerhand zur Sache. »Wie gut kennen Sie Ihren Nachbarn?«
»Mr. Wade? So gut wie gar nicht. Er hat mich einige Male eingeladen, aber ich habe ihm einen Korb gegeben«, antwortete sie schnippisch und befingerte dabei geschickt ihre blonde Lockenfrisur. Myriam Gay hatte große babyblaue Augen und diese Weibkindlippen, die seit der Entdeckung der Bardot groß in Mode sind.
»Aha«, sagte ich. Ich spürte, daß Myriam Gay zu den Mädchen zählte, die keiner Aufmunterung zum Sprechen bedurften. Sie redete ganz freiwillig wie ein Wasserfall.
»Er ist nicht'mein Typ«, fuhr sie fort. »Billig, wissen Sie! Seine Krawatten sind so schreiend, daß man sie nur mit einer Schutzbrille ertragen kann.« Myriam kicherte über ihren vermeintlichen Witz und wollte wissen, ob sie mich mit einem Drink erfrischen dürfte.
Ich schüttelte den Kopf. »Seit wann wohnt er hier?«
»Erst seit acht Wochen«, sagte sie. »Er ist meistens unterwegs.«
»Wovon lebt
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