Jerry Cotton - 0578 - Sie schossen mit silbernen Kugeln
hierher«, sagte Silver beruhigend.
»Woher willst du das wissen?«
»Sie holen Ed ab«, brummte Bill Silver wegwerfend.
»Sie holen Ed ab?« wiederholte Eisenstone gedehnt und mit gerunzelter Stirn.
»Ja. Zu seiner letzten Fahrt. Ich habe ihn fertiggemacht. Der Hundesohn hat uns wegen der lumpigen 10 000 Bucks verpfeifen wollen!«
»Bist du verrückt? Wo hast du ihn…?«
Mit einer Kopfbewegung deutete Silver in die Richtung, wo die Sirenen heulten. »Mac’s Snackbar in der Jackson Avenue. In der Telefonzelle.«
»Warum?« - »Du hast es doch selbst gesagt, nachdem wir gemerkt hatten, daß er von seinem Posten in der Halle verschwunden war«, rechtfertigte sich Silver murrend.
»Warum hast du es nicht hier erledigt?« ereiferte sich Eisenstone.
Silver warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Es reicht doch wohl, daß wir diesen lausigen Tankwagen hier herumstehen haben. Meinst du, ich will mir mit einer Leiche hier im Gelände die Bullen auf den Hals hetzen?«
»Ich bestimme, was gemacht wird!« erinnerte Eisenstone.
»Okay, du bist der Boß«, nickte Silver. »Aber du darfst nicht vergessen, daß dir kaum etwas passieren kann. Bei mir sieht es anders aus.«
Eisenstone winkte ab. »Ich hoffe, daß wir bald hier verschwinden können. Bis dahin bist du mir für den Tankwagen verantwortlich. In einer halben Stunde bin ich zurück.«
»Wo gehst du hin?« fragte Silver nervös.
Der Gangsterboß deutete vielsagend auf seine Uhr. »Zehn vor zwölf. Ich gehe zu den anderen. Vielleicht kommt um zwölf ein Anruf. Oder meinst du, ich will mir den Tankzug als Souvenir an eine Kette hängen lassen?«
»Ich denke…« wollte Silver aufbrausen.
»Wir haben einen Auftraggeber, der uns den Zug abnimmt, aber Ort und Termin müssen noch ausgemacht werden!«
Brummend machte sich Silver auf den Weg zur Halle, in welcher der Tankzug stand.
»He!« rief Eisenstone ihm nach.
»Was?«
Eisenstone hielt plötzlich eine Zigarette im Mund. »Gib mir mal Feuer!«
Silver angelte in seinen Taschen nach seinem Sturmfeuerzeug, ließ es aufspringen und reichte seinem Boß die Flamme. Doch Eisenstone ergriff mit einer schnellen Handbewegung das Feuerzeug.
»Heizöl brennt leicht!« grinste er.
***
Doc Daly von der Zweiten Mordkommission der Hudson County Police, mit der wir innerhalb von knapp 15 Stunden zum zweitenmal zusammen arbeiteten, drehte sich um. »Einwandfrei stranguliert. Nach meiner Ansicht muß der Mörder hinter dem Jungen gesessen haben und ihn mit einer Schnur oder ähnlichem erdrosselt haben. Endgültiges wird die Laboruntersuchung ergeben.«
»Danke, Doc«, sagte ich.
Einer der Männer vom Spurensicherungsdienst befaßte sich weiter mit dem toten Boy. Er faßte nach seiner Hand, nahm eine Lupe und betrachtete sich etwas. Ich sah, wie er nach einer Pinzette und einer Kunststoffbox griff. Er sicherte eine Spur und wandte sich an mich.
»Interessant«, meinte er nur, als er mir die glasklare runde Schachtel und eine starke Lupe reichte. In der Schachtel lag ein winziger weißer Splitter. Unter der Lupe sah ich, daß er nur glatte Flächen hatte. Etwa wie glattgesplittertes Milchglas, aber völlig undurchsichtig- »Was ist das?« fragte ich.
»Zweifellos eine sehr heiße Spur«, sagte nun der Spurensicherungsmann. »Schon jetzt kann ich es auf meinen Eid nehmen, daß es sich dabei entweder um Polystyrol oder Polyäthylen handelt. Endgültige Klarheit wird die mikroskopische Untersuchung erbringen. Beide Materialien finden hauptsächlich Verwendung als Isoliermaterial — beispielsweise als Kabelmäntel. In warmem Zustand ist das Material sehr weich und biegsam, in kaltem Zustand hart, aber immer noch elastisch.«
»Doc«, fragte ich, »halten Sie es für möglich, daß das Opfer mit einem Kabel für elektrische Geräte erdrosselt wurde?«
»Durchaus möglich. Sogar wahrscheinlich!«
»Wir brauchen also nur nachzuprüfen, wo ein Kabel hängt, aus dem ein winziges Stück fehlt«, brummte Phil sarkastisch. »Dann brauchen wir noch ein Motiv und nach Möglichkeit einen Mann, der den Spleen hat, seine Revolverkugeln zu versilbern.«
»Sie sind Optimist, was?« erkundigte sich Dick Forrester, der Lieutenant, der die Mordkommission leitete.
»Er ist Pessimist, Lieutenant«, klärte ich ihn auf. »Er äußert seinen Pessimismus nur in einer sehr optimistischen Form. Ich dagegen bin in diesem Fall Pessimist und sage das auch. Sie sind es bestimmt auch, wenn ich Ihnen den Fall von Anfang an erzähle.«
Ich
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