Jerry Cotton - 0578 - Sie schossen mit silbernen Kugeln
Ermittlungen. »Schlußfolgerung: Fahndung nach Mr. Rutherford, Beobachtung seines Hauses, Beschattung der Verkäuferin, mit der er möglicherweise Fühlung aufnehmen wird.«
»Gut, Jerry«, bestätigte Mr. High, »aber…«
Phils Gesicht veränderte sich schlagartig. Er wußte ebensogut Bescheid wie ich. Jeder, der Mr. High kennt, weiß, was es bedeutet, wenn er sagt: »Gut, aber…«
»Wann haben Sie mit Mr. Rutherford zuletzt gesprochen? Möglichst genaue Zeit, bitte!«
»Die Leiche im Auto haben wir um 11.45 Uhr entdeckt, vorher waren wir bei der Frau, die Bobby Davin das Zimmer vermietet hat — also etwa um 11.30 Uhr verließen wir Rutherford.«
»Um 11.30 Uhr etwa — könnten Sie das auf Ihren Eid nehmen?« fragte Mr. High ruhig.
Ich wechselte noch einen Blick mit Phil. Der nickte mir zu, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
»Ja«, sagte ich, »unter Eid — etwa 11.30 Uhr, mit einer Toleranz von höchstens sechs Minuten. Genau also zwischen 11.27 Uhr und 11.33 Uhr.«
»Ich billige Ihnen sogar eine Toleranz von 15 Minuten zu, Jerry«, sagte unser Chef. »Selbst bei dieser Toleranz muß ein Fehler in Ihrer Kombinatioit sein. Genau um 11.33 Uhr rief bei der Notruf zentrale der City Police ein Mann an, der offenbar etwas über den bewußten Fall im Lincoln Tunnel sagen wollte. Er erwähnte noch einen lankwagen. Dann brach um 11.39 Uhr das Gespräch ab. Die Verbindung blieb jedoch bestehen, so daß die Überwachung den Anschluß feststellen konnte. Um 11.55 Uhr wurde der Mann gefunden. Erschossen in der Telefonkabine einer Snackbar in Brooklyn. Das wichtigste, Jerry: In der Isolierwand der Telefonkabine wurde das Projektil gefunden, von dem der Mann getötet worden war. Die Spitze des Geschosses war versilbert.«
Phil schüttelte fassungslos den Kopf. Ich bekam eine trockene Zunge und mußte schlucken.
»Mr. Rutherford kommt als Täter nicht in Betracht. Er hat ein einwandfreies von Ihnen bestätigtes Alibi.«
»Wir kommen«, sagte ich zu.
»Langsam wird mir die Sache unheimlich«, seufzte Phil. »Hier scheint ein Phantom am Werk zu sein.«
***
»Wer sind Sie?« fragte der Mann mit der Brandnarbe im Gesicht.
Sein Gesprächspartner winkte ab. »Spielt doch keine Rolle. Es kann Ihnen reichen, daß ich Sie gefunden habe. Oder?«
Die beiden Männer saßen im Hinterzimmer einer der übelsten Kneipen in Hoboken. Der Narbige schnaubte durch die Nase, schüttelte den Kopf und schob seinen Stuhl zurück. »Ich stehe nicht auf Rätsel, Mister!« brummte er mürrisch.
Der andere griff schnell in die Innentasche seines Mantels. Sofort erstarrte der Narbige. Dann duckte er sich und machte den Eindruck einer angriffslustigen Raubkatze.
Die Hand seines Gesprächspartners kam wieder zum Vorschein. Sie hielt einen beachtlichen Packen Dollarnoten. Langsam legte der Mann den Packen in die Mitte des schmierigen Tisches.
Seine Hand blieb auf dem Packen liegen.
»Fragen ist Silber, Schweigen…«
»Schon gut«, sagte der Narbige beeindruckt. »Aber seien Sie beim nächstenmal vorsichtiger, wenn Sie plötzlich ih die Tasche greifen. Ich bin nämlich…«
»… sehr empfindlich, ich weiß es«, erwiderte der andere Mann, dem anzusehen war, daß er normalerweise nicht in finsteren Hoboken-Kneipen verkehrte.
»Was wissen Sie?« fragte der Narbige barsch.
»Alles«, winkte der Partner ab. »Sie heißen David W. Newland, geboren 19. September 1931 in Superior, Wyoming, waren Sergeant in der…«
Donnernd knallte Newlands Faust auf den Tisch. »Mann, lassen Sie die verdammte Army aus dem Spiel!«
»Wir müssen darüber reden«, sagte sein Gegenüber, »denn das gehört zu unserem Geschäft.«
»Ich will mit der verdammten Army nichts zu tun haben und auch nichts darüber hören! Verstanden, Mister?«
»Gut, Newland. Wir können auch von anderen Dingen reden. Beispielsweise von dem mißglückten Überfall auf den Geldboten der Jersey City Stock Yard Company, bei dem Sie zwar keine Beute machten, bei dem aber dem Boten der Schädel eingeschlagen wurde.« Newland war bei den letzten Worten käsig geworden. »Verdammt, sind Sie von der Polizei?«
»Idiot!« grinste der Fremde. »Wäre ich dann allein und mit einem Haufen Geld zu einem Raubmörder gekommen? Ich will ein Geschäft mit Ihnen machen. Und Sie mit mir. Also, worüber reden wir weiter?«
Newland gab keine Antwort. Mit irrlichternden Augen betrachtete er seinen ihm jetzt unheimlichen Gesprächspartner, der etwas wußte, was nach Newlands Überzeugung
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