Jerry Cotton - 0578 - Sie schossen mit silbernen Kugeln
Geschäftspartner, mit dem ich sogar gern verhandle.«
»Ich vermute, daß du deine Meinung noch ändern wirst, Caroline.«
»Nein«, sagte sie, »und jetzt trinke dein Glas leer. Wir gehen.«
»Wir gehen?« fragte ich erstaunt.
»Ja, in meine Wohnung!«
***
»Achtung«, sagte der Mann in der Uniform eines Zeitungsverkäufers. Er saß im Führerhaus eines Zeitungslieferwagens. Neben ihm am Steuer saß ein Mann, der eine Lederjacke und die Fahrermütze eines der bekanntesten Nfew Yorker Zeitungsverlage trug. Der Zeitungslieferwagen, in dem die beiden Männer saßen, war echt. Auch die Uniform des Zeitungsverkäufers war echt, ebenso wie Mütze und Lederjacke des Fahrers. Womit nicht gesagt sein soll, daß die Männer nicht echt waren. Sie waren es, nur mit dem Unterschied, daß sie sich normalerweise nicht mit dem Verkauf von Zeitungen beschäftigten.
Der uniformierte Mann war mein Freund und Kollege Phil Decker. Der Mann am Steuer war Steve Dillaggio. Ebenfalls G-man.
Steve grinste. »Interessante Unterhaltung, die Jerry da führt. Jetzt scheint sie noch interessanter zu werden. Hoffentlich ist er uns nicht böse, wenn wir ihn vielleicht stören. Die Puppe hat eine tolle Stimme.«
»Wir werden sie uns gleich mal richtig ansehen«, behauptete Phil.
Steve ließ den Motor des Lieferwagens an.
In diesem Moment wankte ein Fremder auf den Wagen zu. Er kam bis dicht an die Beifahrertür. Phil schaute hinaus und betrachtete den Mann. Dann machte er eine Handbewegung, mit der er den Fremden zum Weiter gehen auffordern wollte. Doch der andere klopfte energisch an die Scheibe. Phil kurbelte sie hinunter.
»He, habt ihr noch eine Zeitung?« fragte der Unbekannte.
»Zehn Cent«, brummte Phil, beugte sich nach hinten und holte ein druckfrisches Zeitungsexemplar herbei.
»Muß das sein?« quäkte eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Wir können doch auch hier verhandeln…«
»Hast du Angst, Jerry? Du als unbesiegbarer G-man?« fragte eine spöttisch klingende weibliche Stimme zurück.
»Zehn Cent!« wiederholte Phil ungeduldig und hielt dem Fremden die Zeitung hin. Doch der Mann neben dem Lieferwagen suchte umständlich in seinen Taschen nach Kleingeld.
Grinsend hielt er einen Dollarschein hoch. »Ist wohl zuviel für euer lausiges Blatt, was?«
Er wollte weitersuchen, doch Phil hatte keine Zeit, sich länger mit dem Mann zu befassen. »Hier, nimm«, knurrte er, »wenn du kein Kleingeld findest, kannst du mir die Zeitung morgen bezahlen!«
Verdattert nahm der Mann die Zeitung entgegen, warf Phil noch einen forschenden Blick zu, tippte sich an den Hut und ging weg. Phil kurbelte eilig wieder das Fenster hoch.
»Zahlen!« schepperte die Lautsprecherstimme. »Einen doppelten Whisky und…«
»Ich habe bereits gezahlt«, sagte die weibliche Stimme, »denn ich weiß, wie es mit euren Spesenbestimmungen aussieht.«
»Wenn dieses Biest ebensogut aussieht, wie es frech ist, dann kann man Jerry direkt beneiden«, kommentierte Phil.
»Also, gehen wir«, drängte die weibliche Stimme.
»Wir gehen!«
»Diese überflüssige Bemerkung von Jerry galt uns!« stellte Phil fest. »Langsam losfahren, Steve!«
Steve Dillaggio wollte den Lieferwagen anrollen lassen. Doch er kam nicht dazu. Plötzlich sah er im Rückspiegel ein blinkendes Rotlicht. Eine Polizeisirene heulte.
»Was ist…?« Phil konnte seine Frage nicht vollenden.
Mit einem klagenden Jaulen erstarb das Geheul der Polizeisirene. Ein Cop auf einem Motorrad stellte sein Fahrzeug so vor den Lieferwagen, daß Steve nicht starten konnte.
Der Cop rückte seine Schutzbrille noch, lockerte den Halteriemen des Sturzhelmes und kam dann langsam auf den Lieferwagen zu.
»Hallo, Sergeant«, beugte sich Steve aus dem Fenster, »lassen Sie uns…« , »Steigen Sie aus, Sie Wohltäter!« raunzte der Sergeant zurück. »Ich interessiere mich für Leute, die davon leben, daß sie ihre Zeitungen verschenken!«
Steve hatte keine andere Wahl. Er mußte sich gegenüber dem Cop ausweisen und wollte zur Tasche greifen. Der Cop verstand Steves Bewegung falsch. Er tat drei Dinge zu gleicher Zeit. In der rechten Hand hielt er plötzlich seinen Revolver, mit der linken steckte er die Trillerpfeife zwischen die Lippen und pfiff aus Leibeskräften, und schließlich ging er mit einem Sprung hinter seiner Streifenmaschine in Deckung.
Die letzte Reaktion war zwar sehr unklug von ihm, denn im Ernstfall hätte ihn der Lieferwagen zweifellos überrollen können, aber jetzt reichte es, um
Weitere Kostenlose Bücher