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Jerry Cotton - 0581 - Ich und der Krallenmoerder

Jerry Cotton - 0581 - Ich und der Krallenmoerder

Titel: Jerry Cotton - 0581 - Ich und der Krallenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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plötzlichen Ruck riß er eine Spraydose aus seinem braunen Tweedsakko. Sie war oval und ohne Aufschrift. Ich duckte mich sofort ab.
    Ein feiner grauer Nebel zischte durch das geöffnete Wagenfenster. Im nächsten Moment heulte der Anlasser auf. Der Motor sprang sofort an. Der Wagen machte förmlich einen Satz nach vorn und jaulte die Straße hinab. Er schleuderte leicht, als er mit kreischenden Reifen die nächste Kurve nahm.
    Ich prägte mir die Nummer ein und kehrte, diesmal außen herum, zu Anthony Merlins Haus zurück. Ich klingelte an der Vordertür. Der Millionär ließ mich ein. Ich sah, daß er vorsichtshalber die Pistole mitgebracht hatte. Sie beulte seine Jackettasche aus. Wir gingen ins Wohnzimmer. Dort setzten wir uns. Merlin hatte sich inzwischen den blutenden Mund abgetupft und' einen Kognak eingeschenkt.
    »Nehmen Sie auch einen Drink?« fragte er mich höflich.
    Ich verneinte dankend. »Wie sah der junge Mann aus?« wollte ich wissen.
    »Dutzendware«, antwortete Merlin und schnupperte kennerhaft an dem bauchigen Kognakschwenker. »Dunkelhaarig, dunkeläugig und braungebrannt. Er trug einen hellen Anzug.«
    Merlin schaute mich während dieser kurzen Schilderung nicht an. Das konnte bedeutungslos sein, aber ich meinte zu spüren, daß er mich anschwindelte.
    Weshalb deckte er den Mann, auf den er in blindem Zorn geschossen hatte? Was veranlaßte ihn, diesen Burschen zu decken?
    »Er war dunkelblond und hatte auffällig helle blaue Augen, nicht wahr?« fragte ich ruhig.
    Merlin hob mit einem Ruck das Kinn. »Wie kommen Sie denn darauf?« fragte er verblüfft.
    »Ich bilde mir ein, ihn gesehen zu haben. Ich habe sogar ein paar Worte mit ihm gewechselt. Er saß in seinem Wagen und versuchte mich mit einem Sprühnebel auszuschalten. Deshalb konnte er mir entwischen. Er muß der Mann gewesen sein, der Sie überfiel. Er hatte eine Kratzwunde an der Backe, und sein Handeln bewies sein schlechtes Gewissen.«
    Merlin schaute mir jetzt geradewegs in die Augen. »Sie irren sich. Ich sehe den Mann deutlich vor mir. Er war dunkelhaarig und dunkeläugig.«
    Er log noch immer, aber er tat es so gelassen und überzeugend, daß es sinnlos gewesen wäre, ihm Vorhaltungen zu machen. Ich mußte auf andere Weise dahinterkommen, was hier gespielt wurde. Vor allem interessierte es mich, ob der Vorfall in irgendeinem Zusammenhang mit der Verletzung von Fay Merlin gebracht werden konnte.
    »Werden Sie Anzeige erstatten?« fragte ich ihn.
    Er zuckte mit der Schulter. »Ich bespreche das mit meinem Anwalt«, wich er aus. »Wahrscheinlich verzichte ich darauf, die Sache hochzuspielen. Ich bin schon wieder auf den Beinen, und mir wurde nichts gestohlen. Es wäre töricht, wegen dieser Geschichte die Pferde scheu zu machen. Der Name Merlin macht im Augenblick sowieso mehr Schlagzeilen, als mir lieb sein kann. Sie können sich nicht vorstellen, was ich in den letzten Stunden durchlitten habe. Es ist unfaßbar, daß meine Frau um ein Haar das Opfer des Krallenmörders geworden wäre.«
    Ich sah ein großes Gemälde von Fay Merlin, das über dem Kamin hing. Es zeigte die junge Frau in einem schwarzen schulterfreien Abendkleid. Kleid und Hintergrund waren nur in groben Umrissen skizziert worden. Der Künstler hatte sein ganzes Talent auf Fay Merlins Gesichtszüge und das Herausarbeiten ihrer zarten weißen Haut konzentriert. Er hatte Fay Merlin ohne jedes Schmuckstück gemalt. Das Bild lebte allein von der makellosen Schönheit der Porträtierten.
    Ich wandte mich Merlin zu. Er war nicht so alt, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Millionäre sind meistens nicht mehr ganz jung. Merlin paßte nicht in diese Schablone. Er mochte sechs- oder achtunddreißig Jahre alt sein. Wenn man davon absah, daß er schon etwas schütteres Haar hatte, mußte man zugeben, daß er ein gutaussehender Bursche war. Es war keineswegs so, daß man hätte sagen müssen, Fay hätte ihn nur wegen seines Geldes geheiratet.
    »Ich werde sie nachts nie wieder allein lassen«, versicherte er mit gerunzelten Augenbrauen.
    »Tut sie das oft?« fragte ich. »Bummelt sie häufig nachts durch die Stadt?«
    »Nein«, antwortete er zögernd. »Eigentlich nur, wenn sie dieses verrückte Heimweh packt. Fay hat sich innerlich nie so recht von ihrem eigentlichen Zuhause lösen können. Ich habe aus psychologischen Gründen keinerlei Versuche unternommen, sie daran zu hindern, dieses gräßliche Viertel immer wieder zu besuchen. Ich dachte, sie würde von allein davon loskommen

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