Jerry Cotton - 0581 - Ich und der Krallenmoerder
private geschäftliche Transaktion. Sorgen Sie dafür, daß das Geld um zehn Uhr abholbereit liegt.«
Ich räusperte mich. Anthony Merlin zuckte herum. Die Bewegung erfolgte so brüsk und erschreckt, daß er das Telefon von der Konsole stieß. Er wurde hochrot und ließ die Hand mit dem Hörer langsam sinken.
»Mann, Sie haben Nerven!« preßte er durch die Zähne. »Warum klingeln Sie nicht?«
»Es tut mir leid, daß ich Sie erschreckt habe. Ich hätte mir denken können, daß Sie nach dem vorangegangenen Überfall nervös geworden sind, aber ich dachte mir, daß die Terrassentür sicher noch offen steht…«
Er bückte sich nach dem Telefon und stellte es an seinen alten Platz. Als er sich aufrichtete, war sein Gesicht dunkelrot. Ich merkte, daß er Mühe hatte, sich zu beherrschen. Er stand kurz vor einem Wutausbruch.
»Sie steht noch offen, okay. Was wollen Sie?« fragte er.
»Ich vermisse mein Feuerzeug«, sagte ich. »Es muß mir aus der Tasche gerutscht sein. Darf ich mich umsehen?«
Er schaute dorthin, wo ich gesessen hatte. »Hier ist kein Feuerzeug«, sagte er barsch.
»Ich konnte nicht umhin, zu verstehen, was Sie am Telefon sagten«, stellte ich fest.
Er atmete rascher und ballte die Hände zu Fäusten. Als ihm klarwurde, wie er dadurch wirkte, entspannte er sich sofort wieder. Aber seine Stimme behielt ihren scharfen, schneidenden Klang.
»Sie Wollten schnüffeln!« zischte er mich an. »Warum geben Sie es nicht zu?«
Ich durchquerte den Raum und tastete das Sitzpolster ab. Dann zog ich mein Feuerzeug daraus hervor. Ich hatte es vor dem Weggehen hineingleiten lassen.
»Na, bitte!« sagte ich. »Da ist es ja.« Seine Augen bildeten schmale feindselige Schlitze. »Sie haben es bewußt liegenlassen, um noch einmal zurückkommen zu können«, erkannte er.
Ich steckte das Feuerzeug ein. »Wozu brauchen Sie die fünf Millionen?« fragte ich ihn.
»Was geht Sie das an?«
»Es ist Ihr Geld«, räumte ich ein. »Andererseits darf ich Sie bitten, mich verstehen zu wollen. Als G-man bin ich von Berufs wegen dazu verpflichtet, mich um Erpressungen zu kümmern. Es ist ja ziemlich klar, daß Sie das Opfer einer solchen Aktion geworden sind. Sie haben sich dazu entschlossen, den Forderungen der Gangster nachzugeben. Allein aus diesem Grund schwindelten Sie mich vorhin an, als ich eine genaue Beschreibung des jungen Mannes wünschte, der seiner Forderung so nachdrücklich mit einigen Fausthieben Geltung verschaffte.«
»Das reimen Sie sich zusammen!« sagte Merlin scharf.
»Ich lasse mich gern eines anderen belehren.«
»Baker ist der Direktor der Bank, mit der ich seit Jahren zusammenarbeite. Ich habe ihn zu Hause angerufen«, sagte Merlin. »Ich brauche die fünf Millionen Dollar für ein Geschäft, das privater Natur ist — aus mehr oder weniger steuertechnischen Gründen«, fügte er hinzu.
»Erwarten Sie, daß ich Ihnen das glaube?«
»Mir ist es ziemlich egal, was Sie mir glauben oder nicht glauben«, meinte er frostig. »Und jetzt möchte ich Sie bitten, mich allein zu lassen.«
»Sie werden begreifen, daß ich mir jetzt ein paar Gedanken mache, die mit dem Überfall auf Ihre Frau Zusammenhängen«, sagte ich. »Es könnte sein, daß der Krallenmord nur vorgetäuscht war, um Sie einzuschüchtern. Vielleicht ist das die Erklärung dafür, daß Ihre Frau nur mäßig verletzt wurde.«
»Wenn Sie Ihre Phantasie unbedingt Amok laufen lassen müssen, kann ich nichts dagegen tun«, meinte er. »Aber ich versichere Ihnen, daß die Zahlung mit Fays tragischem Erlebnis nichts zu tun hat.«
»Ein Geschäft aus steuertechnischen Gründen — und das in kleinen Scheinen!« spottete ich.
Sein Gesicht verschloß sich. Es wurde schroff und ablehnend.
»Ich möchte jetzt allein sein«, erklärte er.
Ich nickte und verließ das Haus auf dem gleichen Weg, wie ich gekommen war. Hinter mir verschloß Anthony Merlin die Terrassentür.
Ich setzte mich in den Jaguar und wendete ihn. Dann stellte ich ihn so, daß ich Merlins Ausfahrt im Auge behalten konnte. Ich rief die Dienststelle an und nannte die Autonummer, die ich von dem grauen Chevy abgelesen hatte. Wenig später wußte ich, daß der Wagen einem gewissen Andy Connors gehörte. Connors war siebenundzwanzig Jahre alt und wohnte in Bronx, Edward Grant Highway 714. Ein weiterer Anruf informierte mich darüber, daß Connors ein paar kleinere Vorstrafen hatte und Mitglied der sogenannten Dynamitbande war. Diese Gang bestand hauptsächlich aus Halbstarken.
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