Jerry Cotton - 0582 - Der Millionenbluff
schlenderte er weiter. Jacksons Wagen war nicht zu übersehen. Er stand neben einem ziemlich erbärmlich aussehenden Frachter mit dem Namen »Flying Bird«.
»Schwimmender Sarg« wäre treffender als »Fliegender Vogel«, dachte Les. Er betrachtete sich eingehend das Schiff. An sich war es, von seinem jämmerlichen Zustand abgesehen, ziemlich uninteressant. Auffällig war nur der Mann, der etwa mittschiffs an der Reling stand. Ihm war auf zwei Meilen gegen den Wind anzusehen, daß er unter der linken Achsel ein ziemliches Monstrum von Schießeisen trug.
Daß er ein Gorilla war, bewies er selbst.
Erst spuckte er wütend in den River, dann grunzte er erbost den interessiert schauenden Les an: »Hau ab! Hier gibt es nichts zu sehen! Wenn du nicht gehst, komme ich ’runter, verstanden?«
»Schönes Wetter heute, was?« rief Les zurück.
»Hau ab, sonst lernst du schwimmen!« brüllte der grimmige Wächter.
Les blieb trotzdem noch einen Moment stehen und prägte sich die Physiognomie des finsteren Typs ein, um ihn möglicherweise irgendwo in der Kartei wiederfinden zu können. Schließlich tippte er an den Hut und schlenderte weiter.
Allerdings dehnte er seinen Spaziergang nicht zu weit aus. Er wollte Jacksons Wiedererscheinen nicht versäumen. Viel war auch nicht mehr zu sehen. Außer dem vergammelten Schiff schwammen an dieser Stelle des East River nur noch ein paar zerbeulte Tonnen und etliche Abfälle, die sogar den Möwen unappetitlich waren. Les schaute einen Moment den Möwen zu und beobachtete ein Zollboot, das langsam stromaufwärts stampfte.
Er wandte sich wieder um und schlenderte zum Schiff zurück. Der Gorilla an der Reling starrte ihm böse entgegen. Doch zu einer Auseinandersetzung kam es nicht. Auf dem Deck entstand Bewegung. Etwa ein halbes Dutzend Männer tauchten auf. Unter ihnen Jackson. Den anderen war anzusehen, daß Jackson für sie eine besondere Rolle spielte. Er war offenbar der Boß. Sogar der Gorilla drehte sich um und nahm so etwas Ähnliches wie eine Hab-Acht-Stellung ein.
Jackson kam schnell den Steg herunter. Er warf einen kurzen Blick auf Les, gab irgendeinem der Männer ein Zeichen und stieg in seinen Wagen. Les spazierte an ihm vorbei, als er den Motor anließ. Doch Jackson beachtete ihn nicht. Er fuhr ab und wendete.
In diesem Moment bedauerte Les Bedell, daß er aus seinem Dienstwagen ausgestiegen war. Eine weitere Verfolgung Jacksons war ihm jetzt kaum möglich. Der Gangster hatte es wieder eilig, und bis Les bei seinem Wagen sein konnte, mußte Jackson schon längst die Uferstraße erreicht haben.
Trotzdem beeilte sich Les, um wenigstens an sein Funkgerät zu kommen und möglicherweise von Radio Cars der City Police Jacksons Weg beobachten zu lassen.
Les hatte fast seinen Wagen erreicht, als ihm bewiesen wurde, daß er einen Fehler gemacht hatte.
»He, Mister!« rief eine rauhe Stimme hinter ihm.
Les Bedell fuhr herum.
Etwa zehn Yard von ihm entfernt stand ein unrasierter Muskelmann. Er schien sich jedoch auf seine Muskeln nicht zu verlassen. In der rechten Hand hielt er eine matt glänzende Pistole.
***
»Jerry, bitte kommen!« schepperte es aus dem Lautsprecher.
Ich angelte mir das Mikrofon und meldete mich. Es war unsere Zentrale.
»Mitteilung von Phil Decker. Er hat zwei Piloten zur Verfügung und ist vorerst am Kennedy Airport zu erreichen.«
»Danke«, sagte ich und war froh, diese Nachricht zu haben. Drei Namen von Piloten hatte uns die Gesellschaft angegeben. Einer von ihnen hatte auf jeden Fall in den nächsten Tagen auf den fraglichen Kursen Dienst.
Zum dritten Mann war ich jetzt unterwegs.
Eric Pullham hieß der Pilot. Er wohnte am entgegengesetzten Ende der riesigen Stadt, in Linoleum Ville, Staten Island, Alberta Avenue.
Wenn ich Pech hatte, war er nicht einmal zu Hause. Er hatte, wie uns die Gesellschaft wissen ließ, seinen freien Tag. Vielleicht war er zum Angeln gefahren. Natürlich hatte ich vorher nicht angerufen. Es gibt Situationen, in denen das FBI seinen Besuch nicht unbedingt ankündigen soll.
Ich rollte über den West Score Expressway und fand sogar auf Anhieb die richtige Abfahrt nach Linoleum Ville. Die Alberta Avenue war nicht schwer zu finden. Sie lag in der Nähe der Abfahrt.
Pullham wohnte im letzten Haus der Straße.
Er war nicht angeln. Zum Glück hatte er ein anderes Hobby. Er arbeitete im Garten. Als ich klingelte, schaute er um eine Hausecke.
»Wollen Sie zu mir?«
»Falls Sie Pullham heißen, ja!« gab ich zu.
Er
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