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Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn

Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn

Titel: Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
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versetzt. Die Waffe rutschte unter einen parkenden Wagen.
    Mein Gegner machte plötzlich kehrt. Er entfernte sich rasch. Ganz in der Nähe sprang ein Wagenmotor an. Ich versuchte meinen Oberkörper hochzustemmen.
    »Um Himmels willen! Sind Sie verletzt?« fragte neben mir eine bebende Frauenstimme.
    Ich blickte in das hagere bebrillte Gesicht einer älteren Frau. Sie hatte einen verrückten Hut auf dem Kopf, einen ganzen Blumenkorso, und war kreidebleich.
    »Dieser Rohling, dieser Gangster!« rief sie empört aus. »Ich habe beobachtet, wie er Sie überfiel und niederschlug. Was sind das bloß für schreckliche Zeiten? Warten Sie hier. Ich benachrichtige die Polizei.«
    »Schon gut«, winkte ich ab. »Ich kümmere mich selbst um die Ermittlungen.« Das Sprechen fiel mir schwer. Ich hatte das Gefühl, statt der Zunge einen großen Stein im Mund bewegen zu müssen. Die Frau zerrte mich hoch. Ich war froh, daß mein Freund Phil die Szene nicht beobachten konnte. Das fehlte mir gerade noch, daß jemand sah, wie eine ältere Frau mit einem verrückten Hut den G-man Jerry Cotton auf seine puddingweiche Beine stellte!
    »Danke, Madam«, murmelte ich und lehnte mich gegen eine parkende Fordlimousine. Ich blickte über die in der Sonne flimmernden Wagendächer. Ich sah weder den Mann mit der Zigarre noch den Burschen, der die Zigaretten gekauft hatte. Ich hatte den Kerl mit dem Strohhut verfolgt, ohne zu merken, daß ich selbst beschattet wurde. Die Gangster waren ganz auf sicher gegangen. Der Spaziergang zum Parkplatz hatte nur dem Zweck gedient, einen eventuellen Verfolger zu erkennen und auszuschalten.
    »Mein Gott, Sie bluten ja!« rief die Frau aus. Ein paar Passanten blieben stehen und blickten zu uns herüber.
    »Ich lasse mich gleich verbinden«, murmelte ich und enteilte der wohlmeinenden Dame.
    Unterwegs stoppte ich in einer Imbißbude und genehmigte mir einen Kaffee. Er war nicht halb so gut wie der von Helen, aber er möbelte mich auf. Ich kehrte in das Haus am McCarren Park zurück. Ich klingelte in der dritten Etage an Miß Ipswich’ Tür. Niemand öffnete.
    Ich hastete nach unten und bat Brown, mit dem Generalschlüssel nach oben zu kommen. Er machte keine großen Umstände und öffnete die Tür zu Miß Ipswich’ Wohnung. Wir traten ein und fanden die Frau in der Küche. Sie war an einen Küchenstuhl gefesselt. In ihrem Mund steckte ein Knebel — ein gehäkelter Topflappen.
    Ich befreite die Frau mit ein paar Handgriffen aus ihrer unbequemen Lage. Miß Ipswich war ungefähr sechzig Jahre alt und so dünn wie eine Bohnenstange. Sie zitterte vor Erregung. Wir brauchten ein paar Minuten, um sie zu beruhigen. Miß Ipswich trug ein Hörgerät älterer Bauart. Von der Ohrmuschel führte eine Plastikstrippe zu dem Batteriegehäuse, das sie in einer Schürzentasche untergebracht hatte.
    »Als die Lampe aufleuchtete, ging ich hinaus«, berichtete sie uns. Sie sprach stockend und mußte immer wieder unterbrechen, so aufgeregt war sie. »Draußen stand ein junger Mann — südländischer Typ. Ich kannte ihn nicht. Er drängte mich in die Küche und fesselte mich. Ich flehte ihn an, mir nichts zu tun, aber er kümmerte sich gar nicht darum. Dann ging er hinaus und… Himmel, mein Geld!«
    Die letzten Worte schrie sie fast. Im nächsten Moment stürzte sie an uns vorbei ins Schlafzimmer.
    »Ich wette, sie hat ihre Piepen unter der Matratze versteckt«, meinte Brown.
    »Und ich wette, sie sind noch da«, sagte ich.
    Miß Ipswich kehrte völlig verwirrt zurück. »Was hat er bloß gewollt?« fragte sie. »Er hat das Geld nicht angerührt!«
    »Er hat sich für Mr. Saunders’ Zimmer interessiert«, belehrte ich sie. »Ich sehe es mir einmal an.«
    Richard Saunders’ Zimmer sah aus, als hätte ein Tornado darin gewütet. Der Inhalt von Schränken und Schubladen lag auf dem Boden. Es war ein wüstes Durcheinander von Wäsche, Kleidung und Papieren.
    Ich machte mich darüber her. Mich interessierten vor allem die Fotos und die Papiere. In der Hauptsache waren es Rechnungen über kleinere Beträge. Die meisten davon waren bezahlt und quittiert. Saunders hatte zwischen dem Ausstellungsdatum und der Bezahlung selten mehr als eine Woche verstreichen lassen. Das bewies, daß er trotz seiner Vorstrafen ein Mann gewesen war, der keine Schulden geliebt hatte.
    Die Fotos zeigten Saunders in verschiedenen Posen und in unterschiedlicher Aufmachung. Fast auf jedem Bild war er mit einem Mädchen zu sehen, und stets war es ein anderes.

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