Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn
seid naiv! Glaubt ihr, das FBI würde sich mit einer solchen Erklärung , zufriedengeben?«
»Aber ja!« sagte Lou. »Hast du uns nicht erst gestern erzählt, daß du noch eine Menge Kostüme und Gepäck in deiner Bude in Philadelphia stehen hast?«
»Ja.«
»Na, bitte! Einer deiner Koffer wird dem hier schon ähnlich sehen«, sagte er.
»Keiner ist so groß«, erklärte das Girl.
»Danach kräht kein Hahn«, meinte Lou. »Wer will hinterher denn schon beschwören, was für einen Koffer er gesehen hat? Es ist ganz ungefährlich.«
»Was geschieht aber, wenn uns jemand mit dem Monstrum im Jachthafen beobachtet?« wollte Verushka wissen.
»Keine Angst, dort warten wir den Einbruch der Dunkelheit ab«, sagte Lou.
»So lange soll Cotton in diesem gräßlichen Kasten bleiben?« fragte das Girl.
Ken feixte. »Er muß fabelhaft geküßt haben! Es sieht fast so aus, als täte der Goldjunge dir leid.«
»Quatsch!« sagte das Girl wütend.
Lou lachte trocken. »Er wird die Kiste nicht mehr verlassen, Baby. Das ist doch abgemacht, denke ich.«
Verushka Emerson zuckte mit den Schultern. »Ich wünschte, euch wäre eine elegantere Lösung eingefallen.«
»Es gibt ein paar Dinge, die nicht zusammenpassen«, meinte Lou und öffnete den Kofferdeckel. »Eleganz und Erfolg zum Beispiel.« Er bewegte schnuppernd die Nase und stieß ein langgezogenes »Ah!« aus. »Dein Parfüm, Baby«, fuhr er dann fort. »Es wird Cotton seine letzten Stunden versüßen.«
***
Sie hoben mich von der Couch. Lou packte meine Schultern an, und Ken ergriff die Beine. Sie versuchten mich in das enge Gefängnis zu quetschen. Ich wehrte mich dagegen und kickte Ken die gefesselten Füße in den Magen. Er grunzte und ließ meine Beine los. Ich stieß nach und erwischte ihn zum zweitenmal. Ken stolperte zurück und preßte beide Hände auf seine Magengrube.
Lou ließ mich so plötzlich fallen, daß ich mit dem Kopf hart auf den Boden schlug.
Er trat breitbeinig über mich, sprang aber blitzschnell aus dem Gefahrenbereich, als ich die Beine anwinkelte, um auch ihn abzufertigen. Er riß die verdammte Stahlrute aus seinem Anzug.
»Noch eine Behandlung gefällig?« fragte er drohend.
Ich streckte die Beine aus. Es hatte keinen Zweck. Mit den Fesseln konnte ich gegen die beiden nichts ausrichten. Sie hoben mich in den Koffer und falteten mich darin zusammen. Ich mußte die Knie anziehen. Sie berührten meine Brust. Die gefesselten Arme lagen auf dem Rücken.
Es war eine Stellung, die unweigerlich zu einem Muskelkrampf führen mußte. Ich gab mir im günstigsten Falle eine halbe Stunde. Dann würden meine Glieder wie abgestorben sein.
»Dicht machen!« befahl Lou.
Seine Stimme klang jetzt gedämpft, als käme sie durch einen Filzvorhang. Die schweren Kofferschlösser schnappten ein.
»Die Riemen«, sagte Lou. »Sicher ist sicher.«
»Du bist ja verrückt«, meinte Ken. »Warum sollen wir uns die Arbeit machen? Die Schlösser sind solide, er kann sie nicht von innen öffnen — und selbst dann, wenn er es schaffen würde, wäre er noch immer gefesselt.«
»Die Riemen«, wiederholte Lou halsstarrig. »Der Boß will es so haben.«
Als sie den Koffer einigemal verkanteten, um die Riemen herumzulegen, spürte ich, wie gering der Spielraum war, den meine Glieder hatten. Zum Glück war kein Mangel an Sauerstoff. Der Koffer hatte an beiden Seiten winzige Luftdurchlässe in Form von dollargroßen, siebartigen Metallbeschlägen.
Dann trugen sie den Koffer zum Fahrstuhl. Der Lift brachte uns ins Erdgeschoß. Die Gangster hatten darauf verzichtet, mich zu knebeln. Ich fragte mich, ob ich laut schreien sollte, um irgend jemand auf den Transport aufmerksam zu machen.
Im nächsten Moment umfing uns der Straßenlärm der Corona Avenue. Ich wußte plötzlich, daß es sinnlos sein würde, meine Lungen und Stimmbänder mit Hilferufen zu strapazieren. Außerdem hatte ich eine unüberwindliche Abneigung gegen diese Form des Sich-bemerkbar-machens.
Die Männer schoben den Koffer auf die Ladefläche eines Wagens. Die dumpf zuschlagende Tür machte mir deutlich, daß es ein Kombifahrzeug war. Verushka und ihre Begleiter setzten sich nach vorn. Wir fuhren los.
Sie hatten den Koffer so hingestellt, daß ich mit dem Gesicht nach unten lag. Das war keineswegs angenehm, aber das ließ sich von meiner Situation insgesamt sagen. Immerhin hatte es den Vorteil, daß meine Hände ein paar Inches Spielraum bekamen, gerade genug, um sie einen Fußbreit hin und her zu
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