Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn
mir. Er hatte den Auftrag, Saunders da draußen zu erledigen. Aber Saunders kehrte den Spieß um. Er tötete Roger und warf die Leiche in den Fluß. Wir haben sie inzwischen ’rausgeangelt und beiseite geschafft. Es wäre nicht gut gewesen, wenn jemand den Toten entdeckt hätte. Von ihm würde eine direkte Spur zum Boß geführt haben.«
»Wie Sie an meinem Beispiel erkennen, gibt es nicht nur eine Spur, die zu ihm führt.«
Er grinste. »Wie Sie sehen, sind wir darauf vorbereitet. So, wie wir Rogers Leiche verschwinden ließen, werden wir auch mit Ihnen und allen kommenden Schwierigkeiten fertig werden.«
»Was geschah mit Saunders?« wollte ich wissen.
Lou seufzte. »Wir mußten die beiden Zusammenlegen. Saunders und Roger!« Er kicherte farblos. »Möchte wissen, wie die beiden sich miteinander vertragen.« In der Diele ertönten Schritte. Verushka kam herein. Sie trug einen hellen Trenchcoat und sehr hochhackige Schuhe. Ihre Beine waren wirklich Sonderklasse. Sie hatte den Mantelkragen hochgestellt, als ob ihr kalt wäre. Vielleicht fand sie es auch attraktiver. Jedenfalls sah sie ziemlich blaß und abgespannt aus. In der Hand hielt sie ein paar Wagenschlüssel.
»Ich bin soweit«, sagte sie.
»Wir müssen auf Ken warten«, meinte der Schläger. »Er bringt Cottons Sarg.« Wieder ließ er sein tonloses Kichern hören.
Verushka trat an den Barwagen. Sie sah mürrisch aus. Ich hatte das Gefühl, daß ihr das Ganze keinen rechten Spaß mehr machte.
»Ich wette, es wird schief gehen«, sagte sie plötzlich, als müßte sie meine Annahme bestätigen. Sie schenkte sich einen Kognakschwenker fast halb voll ein.
»Trink nicht soviel«, murrte Lou. »Wir müssen einen klaren Kopf behalten, und du sollst die Karre fahren. Wenn du einen Unfall baust, und sie halten dich an, sind wir geliefert. Du riechst wie eine Spritfabrik!«
»Halt’s Maul!« sagte das Girl unwillig. »Ich weiß genau, wieviel ich vertragen kann.«
»Die Frage ist nur, ob es auch die Bullen wissen«, knurrte der Schläger.
In der Diele ertönte eine Klingel.
»Das ist Ken«, sagte Lou und erhob sich. »Ich fahre ’runter und hole die Kiste mit herauf.«
Er verließ den Raum. Die Bungalowtür fiel ins Schloß. Verushka Emerson blickte mich über den Rand des Glases hinweg an. »Eigentlich ist es ein Jammer um Sie«, stellte sie fest.
»Was ist ein Jammer?«
»Daß Sie sterben müssen.«
»Das müssen wir alle. Was mich betrifft, so habe ich nicht vor, schon jetzt abzutreten.«
»Sie haben keine Chance«, sagte das Girl. Es klang beinahe traurig.
»Vielleicht ändern Sie etwas daran?« schlug ich vor.
»Ich möchte nicht wie Pryscilla enden.«
»Meinen Sie, es sei besser, in der Gosse zu enden? Der Weg, den Sie eingeschlagen haben, führt direkt hinein.«
»Irrtum. Ich habe die Möglichkeit, mit einem Schlag reich zu werden. Solange ich niemand töten muß, um dieses Ziel zu erreichen, mache ich mit.«
»Beihilfe zum Mord ist kein Kavaliersdelikt«, machte ich ihr klar.
»Wir müssen es schaffen«, sagte sie. Ihre grünen Augen weiteten sich, als erblickten sie eine Vision. »So viele Millionen darf man nicht schießenlassen«, fuhr sie fort. »Man muß schon etwas riskieren, um sie zu erringen. Man darf nicht davor zurückschrecken, sich dabei die Finger schmutzig zu machen.« In der Diele ertönten schwere Schritte. Das Girl hastete zur Tür und öffnete sie. Der Schläger Lou kam mit einem zweiten Mann herein. Zwischen sich trugen sie einen schwarzglänzenden Koffer, eine Kreuzung zwischen Überseekoffer und Artistengepäck. Der Kasten war mit schweren Messingbeschlägen versehen. »Bitte nicht werfen«, stand darauf.
Der zweite Mann war offenbar Ken — der Bursche, der Miß Ipswich ausgeschaltet und Saunders’ Zimmer durchsucht hatte. Er grinste, als er mich sah. Meine Fesseln schienen ihm Spaß zu machen.
»Er wird mit dem Schwimmen Mühe haben«, spottete er.
»Das ist sein Pech«, erwiderte Lou grinsend.
»Ich finde das gar nicht witzig«, sagte Verushka Emerson ärgerlich. »Es ist, glaube ich, auch keine gute Idee, den Koffer am hellichten Tag abzutransportieren. Irgend jemand wird uns dabei beobachten. Das Ding ist einfach zu groß. Es sieht so ungewöhnlich aus.«
»Es ist Artistengepäck«, sagte Lou. »Dein Koffer, Verushka. Wenn jemand wissen will, was damit los war, sagst du ganz einfach, die Kiste hätte deine alten Kostüme enthalten und wir hätten den Kram in deinem Auftrag zum Bahnhof gebracht.«
»Ihr
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