Jerry Cotton - 0585 - Das Superding um Mitternacht
meinen Freund.
»Nach Hause fahren und sechs Stunden schlafen«, sagte er ernsthaft.
Ich lachte freudlos. »Schön wär’s. Los, gehen wir zum Chef.«
***
Eddy Martin erschien wieder in der Falltür mit Dreck an den Hosen und Schuhen. Er warf die Schaufel achtlos mitten in den Raum. Es gab einen scheppernden, häßlichen Laut, und Joey, der finster brütend am Tisch saß, fuhr erschreckt zusammen.
»Du bist ja nur noch ’n Nervenbündel«, sagte Eddy Martin verächtlich und klopfte den Lehm von seiner Hose.
»Quatsch, durch deine Schießwut hängen wir im Dreck!«
»Erzähl keinen Blödsinn! Wenn du mich nicht hättest, könntest du dir schon deine Zeit in Sing Sing ausrechnen.«
Joey sagte nichts.
»Wie sind deine Pläne, Boß?« Das letzte Wort spuckte Eddy Martin aus wie einen alten Kaugummi.
»Wie meinst du das?«
»Wir müssen Posten aufstellen«, sagte Eddy Martin ungeduldig. »Wer fängt an?«
»Fang du schon an! Zwei oder drei Stunden, dann kommt Marcel wieder rauf und kann dich ablösen.« Es klang müde.
»Okay, Joey, ich tu meine Arbeit. Aber tu du deine auch! Ich will das Geld haben. Mach keinen Fehler, verstanden? Sonst bist du der Boß gewesen, egal, was der große Unbekannte da am Telefon hustet. Mit dem werde ich auch noch fertig!« Er hatte die Worte gefährlich ruhig hervorgestoßen. Aber das Flackern der Augen verriet seine Erregung. Abrupt drehte er sich um und stieg wieder die Stufen hoch.
In ohnmächtiger Wut sah Joey ihm nach. Der kleine Killer wollte Blut sehen, dachte er, als Rache für seinen toten Freund. Er spürte, wie sich seine Kopfhaut zusammenzog. Dieser verfluchte Job wuchs ihm über den Kopf.
Er kletterte in den stinkenden Tunnel hinunter und stolperte nach vorn, vorbei an dem Loch im Kanalrohr. Zwei Männer schaufelten Lehm hinein. Das laute Aufklatschen auf das Wasser hallte lange in dem hohen Rohr wider. Der Gang war verbreitert worden, um den Tunnel zu dritt nebeneinander voran treiben zu können. Joey faßte den großen schwarzhaarigen Mann mit dem harten Gesicht am Arm und zog ihn zur Seite.
»Im Lagerhaus war ein Cop, der Killer hat ihn umgelegt«, flüsterte Joey.
Der Franzose zog die Augenbrauen zusammen. »Verdammt, ein Cop? Wir müssen weg?«
»Nein, nein, wir machen weiter. Er war allein. Ich habe Eddy auf Posten gestellt. Man kann ja nie wissen. Aber der dreht durch. Wenn das hier nicht klappt, legt der uns alle um.«
»Diese Laus? Ich zerquetsche sie zwischen den Fingern!« Er schnippte bekräftigend mit Daumen und Zeigefinger.
»Er schießt verflucht schnell.«
»Ich auch. Ich war Dschungelkämpfer, du verstehst? Ich bin auch gut.« Er kratzte mit seinen großen Fingern über die behaarte Brust. »Soll ich ihn umlegen, he?« Joey konnte ein Gefühl der Befriedigung kaum unterdrücken. Er hatte einen Verbündeten gefunden. »Noch nicht«, sagte er, »wir brauchen ihn noch. Paß auf ihn auf und steck ab sofort deine Pistole ein! Wenn wir das Geld haben, soll er von mir aus einen Unfall haben.«
Marcel lachte und zeigte seine schneeweißen Zähne. »Vielleicht fällt er in den Kanal, he?«
»Das soll mir egal sein«, sagte Joey schnell. Mehr wollte er gar nicht wissen.
***
»Eine Sprengung wird das Ganze Viertel in Trümmer legen?« Mr. High runzelte besorgt die Stirn. »Was schlagen Sie vor?«
»Alle Menschen evakuieren, die Tresore der beiden Banken ausräumen, die Kanalisation besetzen und die Lagerhäuser durchsuchen.«
»Wie lange haben wir noch Zeit?«
»Mindestens bis morgen abend, Samstag. Die Gangster werden das Wochenende nutzen«, meinte Phil.
Ich nickte zustimmend. »Und wir werden die Nacht nutzen, vielleicht finden wir noch die entscheidende Spur.«
»Was haben Sie vor?«
»Wir schauen uns die Lagerhäuser an.«
»Wenn die Häuser auch leer stehen, ohne Durchsuchungsbefehle dürfen Sie nicht eindringen.«
»Ich weiß«, sagte ich müde. »Aber irgend etwas muß auch von außen zu erkennen sein. Acht oder zehn Mann können nicht zwei oder drei Wochen herumwühlen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das will mir nicht in den Kopf. Sie müssen Wagen haben. Licht brauchen sie auch, und es muß Lehmspuren geben. Denken Sie an die Kinder!«
Mr. High nickte bedächtig. »Eine Evakuierung würde ich nur im äußersten Notfall verantworten können. Denken Sie an das Aufsehen! Eine Panik wäre nicht zu vermeiden. Mit den Präsidenten der Banken setze ich mich morgen früh gleich in Verbindung. Die Tresore werden geräumt, das ist
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