Jerry Cotton - 0588 - Sie hatten mich schon eingesargt
begangen worden ist.«
»Ich will ja auch gar nicht die Gegend rebellisch machen, und durch den Haupteingang will ich auch nicht. Komm, wir gehen einmal den umgekehrten Weg, wie ich heute nachmittag!«
Ich zog ihn zu dem alten unbewohnten Haus hinüber. Die zerborstene Tür war behelfsmäßig zusammengestellt und mit einem Siegel der Stadtpolizei versehen. Ich zog es vorsichtig ab.
Wir gingen durch die Diele, die ziemlich wüst aussah, und schritten im Schein unserer Taschenlampen die Kellertreppe hinunter. Hier war alles gründlich durchstöbert worden. Lieutenant Custer schien ganze Arbeit geleistet zu haben. Durch den Heizungskeller gelangten wir auf der anderen Seite wieder hinauf, und dann standen wir vor der Wohnungstür.
»Hier bin ich eingetreten, aber gewiß nicht wieder hinausgekommen«, sagte ich kopfschüttelnd. »Komm noch einmal in den Keller. Irgendwo muß sich die Falltür nach unten ja öffnen.«
Im Kellergang gab es nur die Lattenverschläge mit den Namensschildern der einzelnen Mieter.
»Hier!« sagte ich und zeigte Phil das Schildchen »Pacher«. »So heißt die Hausbesorgerin angeblich. Die Kellertür ist bestimmt offen.«
Ich tat einen festen Zug, und dann hatte ich das Brettergestell in der Hand. Phil leuchtete nach oben. Ein helles Viereck zeichnete sich ab, mit einem Riegel. Als ich den, auf Zehenspitzen stehend, zurückzog, senkte sich uns die Tür entgegen. Der Teppich, auf den ich unvorsichtigerweise am Nachmittag getreten war, kam gleich mit. Phil faltete die Hände; ich trat hinein, war mit einem Sprung oben und mit einem weiteren Schwung in der Diele. Diesmal fing ich mir keinen Uppercut, und es trat mir auch keiner auf den Arm. Ich reichte Phil meine Hand hinunter, und er zog sich gleichfalls hoch.
In der Wohnung regte sich nichts. Das Licht funktionierte. Nacheinander beleuchteten wir sämtliche Räume: die enge Diele, eine nicht viel größere Küche, ein Wohnzimmer und einen Schlafraum.
Nach fast einer Stunde trafen wir uns im Wohnzimmer und ließen uns in den recht bequemen Sesseln nieder.
»Diese Irma Pacher…«, begann Phil, und ich nickte.
»Ein beklagenswertes Wesen. Kein Kleidchen im Schrank, kein Schuh, kein Strumpf. Nicht mal ein Ringlein im Nachttisch oder ein Tröpfchen Parfüm im Bad.«
»Wenn sie ausging, mußte sie Männerkleidung tragen. Und sich rasieren. Und brach der Abend herein, so hatte sie nichts als einen Herrenpyjama, sich hineinzuhüllen. Und Herrenpantoffeln für die kleinen Füßchen von Größe 44.«
Wir grinsten uns beide an.
»Übrigens hat sie auch Zigarren geraucht.«
»Und das einzig Weibliche an ihr war ihre zauberhafte Stimme, auf die ich hereingefallen bin!«
»Aber«, sagte Phil, wieder ernst werdend, »brauchbare Spuren habe ich nicht gefunden.«
»Ich auch nicht«, gab ich zu. »Das scheint ein Fall für unsere Spezialisten zu werden. Die sagen doch sonst immer aus einem Haar die Taillenweite des Besitzers wahr und aus einem abgebrochenen Fingernagel die Hutgröße. Hier können sie einmal zeigen, was sie können! Komm!«
Diesmal gingen wir durch die Wohnungstür hinaus, nachdem ich die Falle sorgsam geschlossen hatte. Es gab übrigens auch einen Hebel, der sie von oben öffnen konnte. Über die Türspalte klebte ich unser Dienstsiegel.
Draußen, im Jaguar, nahm ich mir das Sprechfunkgerät. Bei uns in der Zentrale war nur noch die Nachtwache. Ich wies den Kollegen an: »Sag unseren Spurensuchern und dem Labor, sie sollen die Wohnung Irma Pacher in 170 Roland Street auf den Kopf stellen, sobald es geht. Ich brauche alle persönlichen Angaben über den Bewohner.«
»Okay, wird gemacht. Gute Nacht, Freunde!«
»Gute Nacht!« sagte ich und legte den Hörer auf. Phil sah mich von der Seite an.
»War das wörtlich gemeint?«
»Ja. Wenn du um diese Stunde noch Schach spielen willst, kann ich dich ja vielleicht zu Mr. High bringen. Der wirft dich höchstens ein bißchen höflicher hinaus als ich es tun werde.« Ich startete, umfuhr vier oder fünf Blocks und stand vor Phils Behausung. »Schlaf schön!«
»Du auch!« sagte er im Aussteigen. »Falls du dich wieder an ein Bett gewöhnen kannst!«
***
Ich weiß nicht, wer mir an diesem Tag die Zeitung gebracht hat. Als ich aufstand, war sie da, und es war eine Zeitung wie an jedem Tag mit einer Mischung von guten und schlechten Nachrichten, und die schlechten überwogen natürlich.
Als ich ins Office kam, schien es nicht anders zu sein. Ich kam erst gar nicht in mein Büro, denn
Weitere Kostenlose Bücher