Jerry Cotton - 0594 - Die Herrin der Schreckenskammer
hatten seine Position erobern wollen und ihn getöte. Es galt noch zu klären, welche Aufgabe in diesem Zusammenhang Bruno Kreisky zugedacht worden war.
Anthony Briggs hatte entdeckt, wer seinen Freund und Boß ermordet hatte. Er war losgezogen, um den Tod des Freundes zu rächen.
Die fehlenden Patronen in Briggs Revolver ließen vermuten, daß er seine Absicht in die Tat umgesetzt hatte. Möglicherweise war Spotter sein Opfer geworden.
Bei Lorraine Spotter hatte Briggs jedoch versagt. Es sah so aus, als hätte sie den Spieß einfach umgekehrt und Tony Briggs getötet.
Der Mord hatte sie fertiggemacht. Vielleicht war auch die Erkenntnis hinzugekommen, daß sie plötzlich allein war und daß sie keine Chance hatte, die auf sie zukommenden Schwierigkeiten zu meistern. Sie hatte sich deshalb entschlossen, unterzutauchen.
Die Banken hatten geschlossen, und eine Flucht kostete Geld. Ich wußte nicht, wieviel Bargeld die Spotters in ihrem Haus aufbewahrt hatten, aber ich bezweifelte, daß es ausreichte, um Lorraine Spotters Flucht zu finanzieren.
Wenn meine Kombinationen stimmten, war Lorraine Spotter mit O. M. liiert gewesen. Das bedeutete, daß sie sein Vertrauen genossen hatte und möglicherweise wußte, wo der Boß der Computerbande sein Geld aufbewahrte.
Es lag auf der Hand, daß die Frau dieses Versteck jetzt plündern würde, um sich unter einem falschen Namen ins Ausland oder in eine andere Stadt absetzen zu können.
Für mich kam es also darauf an dieses Versteck zu finden, um Briggs Mörderin abfangen zu können. Ich dachte flüchtig an Milton und Carter, verzichtete aber dann darauf, die beiden noch einmal zu befragen. Ich bezweifelte nicht, daß sie ihre Schweigetaktik beibehalten würden. Trotzdem rief ich Lieutenant Wellington an, um mich zu versichern, daß meine Annahme stimmte. Ich hatte recht. Es war Wellington nicht gelungen, die Gangster zum Sprechen zu bringen.
Ich durchblätterte wieder das Notizbuch und sah mich in dem Wohnzimmer um. Ich hielt es für selbstverständlich, daß auch Tony Briggs das Versteck gekannt hatte, und fragte mich, ob es in dieser Wohnung einen Schlüssel dafür gab.
»Sie wissen nicht, wo Orgy wohnte?« fragte ich das Girl.
»Nein«, sagte es.
»Welchen Wagen fuhr er?« wollte ich wissen.
»Keine Ahnung.«
Ich trat ans Telefon und wählte die Nummer des District Offices. Ich verlangte die Computer-Sektion und gab den Boys vom Nachtdienst den Namen Orgy durch.
»Es ist ein Vorname«, setzte ich hinzu. »Der Familienname beginnt mit einem M. Seht zu, was ihr damit anfangen könnt — es ist enorm wichtig.«
Ich durchblätterte nochmals das Notizbuch. Die Programmierer hatten O. M. möglicherweise gekannt, aber es war nicht anzunehmen, daß er sich ihnen jemals namentlich vorgestellt oder ihnen seine Adresse genannt hatte. Es war also zwecklos, sich zum jetzigen Zeitpunkt an die Opfer der Computerbande zu wenden.
»Hatte Briggs ein Mädchen?« fragte ich Geraldine Forbes.
»Kein festes«, antwortete sie. »Er hielt nichts von festen Bindungen und ging mal mit dieser und mal mit jener aus. Bei mir hat er’s auch mal versucht.«
»Was denn?«
Geraldine Forbes zuckte mit den Schultern. »Sie wissen schon. Er hat mich mal zu einer Party mitgenommen. Die fand übrigens bei diesem Orgy statt.«
Ich wurde hellhörig. »Ich denke, Sie wissen nicht, wo er wohnt?«
»Das weiß ich auch nicht«, meinte Geraldine Forbes. »Ich kam nachts vom Dienst, als Tony mich partout mitnehmen wollte. Ich schlief, als wir hinfuhren, und ich pennte auch in Tonys Wagen, als er mich wieder nach Hause brachte. Er war ziemlich enttäuscht von mir, glaube ich. Was hat er eigentlich erwartet, frage ich Sie? Nach acht Stunden Servierdienst ist einem nicht nach Flirten zumute. Mir jedenfalls nicht.«
»Denken Sie scharf nach, bitte«, sagte ich. »Es ist enorm wichtig. Erinnern Sie sich noch an jemand, den Sie auf der Party trafen? Haben Sie einen Namen behalten?«
Geraldine Forbes überlegte kurz und angestrengt. »Ein oder zwei Gesichter würde ich vielleicht auf der Straße wiedererkennen«, meinte sie, »aber fragen Sie mich nicht nach den Namen. Ich habe sie längst vergessen. Sie wissen ja, wie das so auf Partys geht. Man begnügt sich damit, sich beim Vornamen zu nennen.«
Ich durchblätterte abermals das Notizbuch und stieß auf zwei Namen, die mit einem schwarzen Kreuz versehen waren. Es waren die Namen von Kenny Weston und Archie Ferguson.
»Die Party war nicht toll«, fuhr
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