Jerry Cotton - 0594 - Die Herrin der Schreckenskammer
Geraldine fort. »Alles in allem waren wir höchstens ein Dutzend Personen. Interessant war nur Orgys Spiel. Der könnte damit sein Geld verdienen, glauben Sie mir, aber das hat er sicher nicht nötig.«
»Von welchem Spiel sprechen Sie?« fragte ich.
»Er setzte sich an eine kleine Hammondorgel und legte los wie ein Profi«, sagte das Girl. »Wir waren begeistert.« Ich stieß einen Pfiff aus. Orgy! Das war also so eine Art Spitzname. Man war darauf gekommen, weil O. M. fabelhaft Orgel spielen konnte.
»Es war eine Hammondorgel?« fragte ich Geraldine Forbes.
»Sicher«, nickte sie. »Damit kenne ich mich aus. Wir hatten so ein Ding in der Onyx-Bar. Da habe ich bis vor ein paar Monaten gearbeitet. Ich wäre heute noch dort, aber der Laden machte leider pleite.«
»Fand die Party in einem Haus oder in einer Apartmentwohnung statt?« fragte ich Geraldine Forbes.
»In einem, Haus. Es war mittelgroß und im viktorianischen Stil erbaut. Stand in einem großen Garten. Jetzt fällt mir außerdem ein, daß ich im Westen die Lichtglocke von New York sah. Demzufolge muß das Haus irgendwo in Long Island stehen.«
Mir fiel ein, daß ich einen ziemlich bekannten Hammondorgelspieler kannte. Er hieß Brown, trat aber unter dem Künstlernamen Lacombe auf. Ich wußte, daß er zur Zeit im Top Hat spielte, und wählte die Nummer des Nachtlokals. Es war nicht ganz einfach, Lacombe an den Apparat zu kriegen, aber schließlich schaffte ich es doch.
»Hallo, Jerry«, sagte er. »Was gibt’s denn diesmal? Sind Sie wieder hinter einem dieser bösen Buben her?«
»Diesmal ist’s ein bitterböser«, sagte ich. »Einer, den Sie möglicherweise kennen. Spielt Hammondorgel wie ein Profi, allerdings nur zu Hause. Nennt sich Orgy. Können Sie damit etwas anfangen?«
»Sorry, mein Freund. Hammondorgel ist die große Mode. Leider! Es gibt einfach zu viele Amateure, die einem Profi ins Handwerk pfuschen. Das drückt die Preise, wissen Sie.«
Mir fiel ein, daß O. M. eine Menge Geld besessen hatte. Daraus war zu schließen, daß er sicherlich das beste und teuerste Instrument besessen hatte. Ich fragte Lacombe nach dem Namen des führenden Händlers.
»Wenn Sie echte Qualität haben wollen und nicht auf den Dollar zu achten brauchen, wenden Sie sich an James A. Lowyn. Das ist Ihr Mann!«
Ich bedankte mich und suchte Lowyns Telefonnummer heraus. Er meldete sich eine Minute später mit einer brummigen, unfreundlichen Stimme. Ich nannte ihm meinen Namen und entschuldigte mich wegen der nächtlichen Störung.
»Es geht um einen Mord«, erklärte ich ihm dann. »Ich glaube, daß Sie uns bei der Aufklärung helfen können. Wir versuchen einen Mann zu identifizieren, dessen Initialen O. M. lauten und der von seinen Freunden Orgy genannt wird. Er spielt privat Hammondorgel und kann es sich zweifellos leisten, das teuerste Instrument zu benutzen.«
»Wie sieht er aus?« fragte mich Lowyn.
Ich nannte ihm das mutmaßliche Alter von O. M. und fing an, ihn zu beschreiben. Lowyn unterbrach mich schon nach dem dritten Satz.
»Hört sich so an, als sprächen Sie von Orvin Matthews«, sagte er. »Ich war erst vor zwei Wochen bei ihm, um seine Hammondorgel zu stimmen.«
Ich umspannte den Hörer so fest, daß es weh tat. »Wo wohnt er?« stieß ich hervor.
»Oceanside, Long Island«, sagte Lowyn. »Baldwin Lane oder so ähnlich. Die Nummer ist mir entfallen, aber Sie finden seinen Namen im Telefonbuch.«
»Sie haben mir sehr geholfen, vielen Dank«, sagte ich und legte auf.
Lowyn hatte recht. Ich fand den Namen Orvin Matthews im Telefonbuch. Die Adresse lautete Baldwin Lane 172. Ich steckte Briggs Notizbuch ein, bedankte mich bei dem Mädchen für seine Mitarbeit und verließ die Wohnung, um in meinen Jaguar die Suche fortzusetzen.
Der Verkehr hatte weitgehend nachgelassen, so daß ich auf Rotlicht und Sirene verzichten konnte.
Kurz nach drei Uhr erreichte ich das Grundstück. Es lag in einer breiten stillen Villenstraße. Aus Sicherheitsgründen stellte ich meinen Wagen hundert Yard hinter dem Grundstück ab. Ehe ich ausstieg, rief ich das District Office an und gab eine Positionsmeldung durch.
Das Grundstück war von einer fast mannshohen Hecke eingefaßt. Die Nacht wich allmählich dem Morgen, der milchig im Osten heraufzog.
Ich dachte an Phil, an die entführte Mrs. Ferguson und an Lorraine Spotter. Ich dachte auch an den toten O. M. und fragte mich, ob ich nicht einen Fehler beging, wenn ich mich dem mutmaßlichen Hauptquartier der
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