Jerry Cotton - 2904 - Nur eine Leiche tilgt die Schuld
antwortete Phil. »Worum geht es denn?«
»Ich kann für Sie als Kronzeugin fungieren, Sie müssen mir jedoch Schutz versprechen und mir einen Gefallen tun«, sagte sie mit nervöser Stimme.
»Je nachdem, was Sie uns zu bieten haben, können wir das in die Wege leiten. Um was für einen Gefallen handelt es sich?«
Sie verzog ihr schönes, jugendliches Gesicht. »Es geht um eine gute Bekannte von mir, eigentlich eine Freundin. Sie wird zur Prostitution gezwungen. Ich weiß, was Sie jetzt denken, wieso sorgt sich eine Nutte um eine andere? Aber das ist was anderes. Dabei geht es nicht um normale Freier. Man setzt ihr übel zu. Echt pervers. Und ich glaube, das hat auch etwas mit der Mordserie zu tun.«
Ich horchte auf. »Das hört sich interessant an. Erzählen Sie weiter.«
»Wenn ich Ihnen etwas erzähle, kann mich das in ziemliche Schwierigkeiten bringen. Paul Oldman, Bikers rechte Hand, hat allen Frauen ganz klar zu verstehen gegeben, dass wir den Cops nichts erzählen dürfen«, sagte sie.
»Deshalb die ausweichenden und nichtssagenden Antworten«, meinte Phil. »So was haben wir uns schon gedacht.«
»In Ordnung, wir werden Sie vorerst nicht als Quelle nennen, um Sie nicht in Gefahr zu bringen«, versprach ich Miss Tenehati. »Ob Sie ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden, kann ich Ihnen nicht sagen, das ist Sache der Staatsanwaltschaft. Wir können uns aber darum kümmern, dass Sie und Ihre Freundin aus der Sache rauskommen. Da gibt es einige Möglichkeiten. Zunächst wollen wir aber wissen, was Sie uns zu erzählen haben.«
Sie musterte mich sorgfältig und erzählte dann. »Die Sache ist die: Es kommt ab und zu vor, dass eine von den Frauen von einem Freier übel zugerichtet wird. Biker fordert in so einem Fall eine Entschädigung und setzt den Freier damit unter Druck, dass die Frau sonst Anzeige erstatten würde. Die Freier zahlen normalerweise, aber er steckt die Kohle zum größten Teil selbst in die Tasche, das Schwein.«
»Das ist eine ziemlich üble Sache«, meinte Phil. »Aber nichts, mit dem wir etwas anfangen können.«
»Ich bin noch nicht fertig«, sagte Miss Tenehati. »Im Allgemeinen sehen es die Zuhälter nicht gern, wenn ein Freier ihren Mädchen etwas antut. Es gibt aber auch Ausnahmen. Einige haben sich darauf spezialisiert, solchen gewalttätigen Kerlen besondere Dienste anzubieten. Sie lassen es zu, dass die Frauen geschlagen und ausgepeitscht werden oder man ihnen noch Schlimmeres antut.«
Ihre Augen wurden feucht. »Ich glaube, dass meine Freundin Daisy an so einen Typen geraten ist. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, hatte sie ein blaues Auge und eine Menge blaue Flecken. Als ich nachbohrte, gab sie das schließlich zu. Sie will da raus, aber ihr Zuhälter hat gedroht, sie umzubringen, wenn sie versucht abzuhauen.«
»Das ist schlimm und wir werden etwas dagegen unternehmen«, sagte ich. »Aber wie soll das mit der Mordserie in Verbindung stehen?«
Sie hob ihren Blick und schaute mich an. »Ich kenne nicht alle Fakten, aber es gibt in der Szene Gerüchte, dass der Handschellenmörder sich nur solche Leute aussucht, die Frauen misshandelt haben. Auf Biker würde das auf jeden Fall zutreffen. Er hat manchmal eine ziemlich lockere Hand gehabt. Und wenn das auf die anderen Opfer auch zutrifft, gibt es da bestimmt eine Verbindung zu dem Mörder. Damit können Sie doch bestimmt etwas anfangen, nicht wahr?«
Ihre letzten Worte klangen fast flehend.
Ich überlegte. Das, was sie sagte, hörte sich plausibel an. Und sicherlich sollten wir etwas dagegen unternehmen, dass jemand Frauen dazu zwang, sich Schmerz zufügen zu lassen. Aber noch hatte ich keine Idee, wie uns das zu dem Mörder führen würde. Es sei denn, dass es sich bei ihm um eine der gepeinigten Frauen handelte.
Ich schaute sie ernst an. »In Ordnung, ich sage Ihnen, was wir machen: Sie sagen uns, wo Ihre Freundin festgehalten wird, wir schauen uns das an, und wenn es Hinweise darauf gibt, dass Sie recht haben, holen wir sie und die anderen Frauen, die dort festgehalten werden, raus. Später werden wir uns auch um Sie kümmern. Bis dahin sollten Sie zurück ins Haus von Biker gehen und so tun, als wäre nichts geschehen. Falls Sie noch etwas hören, das für uns interessant sein könnte, geben Sie uns Bescheid. Aber löschen Sie in Ihrem Handy die Liste der gewählten Rufnummern, sodass niemand herausfinden kann, dass Sie Kontakt zu uns aufgenommen haben.«
Sie nickte. »In Ordnung, geht klar.«
Wir
Weitere Kostenlose Bücher