Jerry Cotton - 2917 - Heisse Ware und kaltes Blei
können wir das Gespräch im Field Office führen«, bot ich an.
Die sorgfältig ausgezupften Augenbrauen der Frau ruckten bei der Erwähnung des Field Office überrascht in die Höhe.
»Entschuldigen Sie uns bitte«, wandte de Koes sich zu ihr um.
Bevor sie nachfragen konnte, schob er sich zwischen den wartenden Designern hindurch. Schließlich erreichten wir einen schmalen Gang, von dem mehrere Türen abgingen. Hier drehte de Koes sich mit verärgertem Gesichtsausdruck zu uns um.
»Was bezwecken Sie mit diesem Auftritt? Wenn Sie keinen guten Grund dafür haben, werde ich mich bei Ihrem Vorgesetzten beschweren«, fuhr er mich an.
»Ihre neuen Freunde erregen unsere Aufmerksamkeit. Seit wann zählen Gotchev und Barlow dazu?«, erwiderte ich kühl.
De Koes schluckte mehrfach und suchte nach einer passenden Antwort.
»Seit wann kann ich mir nicht mehr aussuchen, mit wem ich verkehre?«, fragte er.
Ich trat näher und tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust. Nicht sehr hart oder nachdrücklich, aber de Koes zuckte erschrocken zurück.
»Seitdem gewisse Gangster Frauen mit Rohdiamanten ermorden. Ihr schlechter Ruf eilt Ihnen voraus, de Koes. Noch können Sie sich retten. Aber nur, wenn Sie ab sofort mit uns kooperieren«, antwortete ich.
Es waren vage Andeutungen. Da ich keine Namen nannte, musste de Koes seine eigenen Schlüsse ziehen. Konnte ich etwas dafür, wenn er dabei an Gotchev oder Barlow dachte?
»Darf ich?«
Nach einer halben Minute nachdenklichen Schweigens deutete de Koes auf die Tür, die zur Herrentoilette führte.
»Natürlich. Wir warten hier auf Sie«, antwortete ich.
Ich übersah das verwunderte Stirnrunzeln meines Partners und ließ de Koes in der Toilette verschwinden.
»Wenn wir Glück haben, ruft er von seinem Mobiltelefon aus jemanden an«, sagte ich.
Im gleichen Augenblick öffnete ich möglichst leise die Tür zum Vorraum der Toilette, sodass Phil verstehend nickte. Ich lauschte und konnte trotzdem keine verräterische Stimme vernehmen. Als ich die Verbindungstür aufstieß, schlug mir Kälte entgegen. Mein Blick erfasste das geöffnete Fenster und dann wirbelte ich herum.
»De Koes hat sich abgesetzt«, rief ich.
Phil und ich rannten den Gang hinunter, durchquerten das Foyer mit dem Sicherheitspersonal, um auf dem vereisten Gehweg schliddernd zum Stehen zu kommen.
»Siehst du ihn irgendwo?«, fragte ich.
Unsere Blicke huschten über die wenigen Fußgänger hinweg, erfassten die Fahrzeuge und suchten nach de Koes.
»Nein. Verdammt, wie konnte er so schnell abtauchen?«, rief Phil.
Im nächsten Augenblick durchschaute ich die Finte und drehte mich mit einem verärgerten Ausruf um.
»De Koes ist noch im Gebäude, Phil. Er hat uns hereingelegt«, sagte ich.
Als wir keine halbe Minute nach dem dramatischen Abgang erneut durchs Foyer hetzten, schauten uns die Sicherheitsmitarbeiter ungläubig an.
»Ist Mister de Koes hier vorbeigekommen?«, fragte ich.
Der Mann schüttelte den Kopf und wir stürmten in den Auktionssaal.
Ich entdeckte die Frau mit der auffälligen Kleidung und eilte zu ihr.
»Special Agent Cotton vom FBI. Haben Sie Mister de Koes nach Ihrem Gespräch nochmals gesehen?«
Nach einem kurzen Blick auf meine Dienstmarke nickte sie.
»Er hat einen Mann angesprochen und ist mit ihm in die gleiche Richtung verschwunden wie vorhin mit Ihnen«, antwortete sie.
Phil und ich eilten hinüber in den Gang. Als mein Blick auf die nur angelehnte Tür zur Herrentoilette fiel, machte ich meinem Partner Zeichen. Ich zog die SIG und drückte die Tür vorsichtig auf. Noch immer spürte ich den eisigen Windzug, der durch das geöffnete Fenster eindrang. Leises Stöhnen alarmierte mich, woraufhin ich blitzschnell den Vorraum mit dem Waschbecken durchquerte. Die Verbindungstür ließ sich nur mit viel Kraft aufdrücken, denn der Körper von Nick de Koes blockierte sie.
»Ich rufe einen Rettungswagen«, rief Phil.
Während er bereits sein Mobiltelefon aus der Jacke zog, ging ich neben de Koes in die Hocke. Sein Oberhemd war von Blut getränkt und seine Augen geschlossen.
»De Koes? Können Sie mich hören?«, fragte ich.
Seine Lider zuckten und schließlich gelang es ihm, sie zu öffnen. Die Pupillen waren geweitet und es bereitete de Koes sichtlich Mühe, den Blick zu fokussieren.
»Wer hat das getan?«, fragte ich.
Meine Erfahrung sagte mir, dass diesem Mann nicht mehr zu helfen war. Vielleicht konnte er mir wenigstens noch den Namen seines Mörders
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