Jerry Cotton - 2922 - Der lange Arm der Rache
zurück nach New York gebracht.
Phil und ich leiteten die Befragungen. Zuerst war Anna Quantiniano an der Reihe. Sie war eine für ihr Alter recht gut aussehende Lady und man merkte, dass sie in High-Society-Kreisen verkehrte. Was man ihr aber nicht ansah, war das viele Blut, das an ihren Händen klebte.
»Endlich lernen wir uns kennen«, sagte ich und nahm ihr gegenüber Platz.
»Das muss für Sie eine große Genugtuung sein, eine alte Frau wie mich durch halb Amerika zu hetzen, nur für eine Befragung«, sagte sie mit ruhiger Stimme.
Ich lächelte. »Nein, eigentlich nicht. Und es liegt auch nicht an mir, dass Sie den ganzen Weg von Chicago zurückfliegen mussten. Wenn Sie nicht geflohen wären, dann wäre das auch nicht nötig gewesen.«
»Fliehen?«, sagte sie fragend. »Ich wollte nur Urlaub machen, das ist alles.«
»Ja, mit einem One-Way-Ticket nach Italien«, meinte Phil. »Und mit einer halben Million Dollar in den Taschen.«
»Ich gehe eben gern shoppen und Italien ist ja für seine Mode berühmt«, sagte sie unbeeindruckt.
»Nicht nur für seine Mode«, sagte ich. »Auch für die Mafia. Und Sie, als langjähriges Oberhaupt der Quantiniano-Familie, wissen darüber sicher mehr als ich.«
Ihr Gesichtsausdruck wurde finster, sie sagte aber nichts.
»Reden wir nicht länger um den heißen Brei herum«, sagte ich. »Wir wissen, dass Sie die schmutzigen Geschäfte der Familie seit dem Tod Ihres Mannes geleitet haben, und wir wissen auch, dass Sie Umberto Apalacho den Auftrag erteilt haben, jeden zu töten, der an der Verurteilung Ihres Sohnes beteiligt war. Dieser Auftrag hat zum Tod von vier Menschen geführt. Ich weiß, dass das sicher nur ein kleiner Teil Ihrer Verbrechen ist, aber das ist es, was Ihnen zum Verhängnis werden wird.«
»Sie werden es nicht wagen, mich, Anna Quantiniano, anzuklagen!«, stieß sie überheblich aus. »Ich habe Verbindungen, Geld und Macht. Sie hingegen sind nur ein kleiner FBI-Agent, nicht mehr als ein Staubkörnchen im großen, weiten Universum.«
»An Selbstvertrauen mangelt es Ihnen wohl nicht«, sagte ich. »Oder sollte ich es lieber Selbstüberschätzung nennen? Wie auch immer: Es ist vorbei! Die Quantiniano-Familie ist Geschichte!«
Sie stand wutentbrannt auf. »Wie können Sie es wagen, so über meine Familie zu sprechen!«
»Ich kann!«, entgegnete ich. »Und ich werde dafür sorgen, dass Sie niemandem mehr ein Haar krümmen, auch nicht den Geschworenen, deren Tod Sie für Ihren Sohn so sehr gewollt haben.«
»Es ist mein Recht als Mutter, meine Kinder zu beschützen und all jene zu töten, die ihnen Böses wollen!«, sagte sie wutentbrannt.
»Interessanter Gesichtspunkt«, sagte ich kühl und breitete die Fotos der vier Personen, die sie hatte ermorden lassen, vor ihr aus. »Dies sind vier Menschen, die ein gutes Leben geführt haben, bis sie ihrer Bürgerpflicht nachgekommen und Geschworene beim Prozess Ihres Sohnes geworden sind. Und irgendwann haben Sie sie umbringen lassen. Und es ist mir egal, wie Sie es rechtfertigen: Es ist Mord!«
»Es war mein Recht als Mutter!«, fauchte sie.
»Und es ist unsere Pflicht, Sie dafür hinter Gitter zu bringen!«, sagte ich. »Und genau das werden wir tun!«
***
ENDE
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