Jerry Cotton - 2929 - Rien ne va plus
Schluss setzte er sich an die Bar und ließ sich einen starken Kaffee servieren.
»War Miss Easterman öfter bei Ihnen?«, fragte Blair.
Die junge Angestellte hinter der Bar musste nicht lange nachdenken. Sie lächelte verschmitzt.
»Oh ja. Sie kam bei jedem Aufenthalt in unserem Haus und trank kurz nach ihrer Ankunft ein Glas Champagner. Das gleiche Ritual wiederholte sich unmittelbar vor ihrer Abreise«, erzählte sie.
Blair hörte sich in aller Ruhe an, was die Barkeeperin über Monica Easterman zu erzählen wusste. Irgendwann kam sie auf einen Mann zu sprechen, der offenbar eine intime Beziehung zu Eastermans Schwester pflegte.
»Woran machen Sie das fest?«, unterbrach Blair sie.
»Sie berührten sich mehr, als es normale Menschen tun würden. Er strich mit seinen Fingern über ihren Handrücken, wenn er nach den Erdnüssen in der Schale griff. Solche Dinge eben«, antwortete sie.
Aus einer Eingebung heraus zückte Blair sein Mobiltelefon und holte ein Bild von Carl Hendriks auf das Display.
»War das der Mann?«, fragte er.
»Ja, das ist er«, bestätigte die Barkeeperin.
Es hatte demnach eine Affäre zwischen Monica Easterman und Carl Hendriks gegeben. Blair erinnerte sich lebhaft an die völlig überzogenen Reaktionen des Kasinobetreibers und fragte sich, ob Easterman wohl eine Beziehung zwischen seiner jüngeren Schwester und seinem engsten Vertrauten gebilligt hätte.
»Es gab da eine merkwürdige Sache mit einem Schlüssel«, sagte die Barkeeperin.
Sofort wurde Blair hellwach.
»Erzählen Sie. Was für ein Schlüssel war das und welche Bewandtnis hatte er?«, fragte er.
Die junge Frau beschrieb den Schlüssel und auch wie sie Zeugin der Übergabe geworden war. Sie hatte es nur am Rande wahrgenommen, weil sie zu dem Zeitpunkt mit den Wünschen anderer Gäste beschäftigt gewesen war.
»Ich hörte nur noch, wie der Mann etwas Merkwürdiges sagte: Ein wenig altmodisch, aber dafür sicher. Ja, das war es. Wegen dieser seltsamen Formulierung ist es mir in Erinnerung geblieben«, erzählte sie.
Das waren weitaus mehr Informationen, als Blair erwartet hätte. Er bezahlte seinen Kaffee und fügte ein großzügiges Trinkgeld bei, was ihm ein erfreutes Lächeln der jungen Frau eintrug. Als Blair wenige Augenblicke später an den Empfangstresen trat, streckte ihm der Sicherheitschef eine Disk entgegen.
»Ich habe alle Tagesaufzeichnungen überspielt, an denen Miss Easterman in unserem Haus zu Gast war«, sagte er.
Blair dankte ihm und war sich ziemlich sicher, dass er damit die zeitgleichen Aufenthalte von Hendriks nachweisen konnte. Zufrieden mit seinem Ergebnis verließ er das Hotel und wandte sich zum Parkplatz, um in den Dodge Nitro einzusteigen.
Blair hatte aus dem Augenwinkel eine Postfiliale registriert und musste unwillkürlich an den Schlüssel denken. Hendriks’ Worte würden einen Sinn ergeben, wenn sie sich auf ein Schließfach bezogen.
Eine halbe Stunde später hatte Blair darüber Gewissheit erlangt und auch die kleine Enttäuschung verdaut, nachdem sich das Schließfach leer präsentiert hatte.
»Dann wird es heute ein Filmtag«, murmelte er.
Auch in der Postfiliale gab es ein Überwachungssystem und die Aufnahmen der zurückliegenden Wochen wurden gespeichert. Also hatte sich Blair auch diese Aufzeichnungen auf eine Disk überspielen lassen und würde sie später im Büro auswerten.
***
In einem Cadillac, der ebenfalls auf dem Parkplatz des Hotels stand, rieb sich Desmond Salomon nachdenklich über den Nasenrücken. Die Vorsichtsmaßnahme seines Bosses erwies sich als sehr berechtigt.
Zuerst war Salomon skeptisch gewesen und hielt die Überwachung des Hotels für reine Zeitverschwendung. Doch dann fuhr der rote Dodge Nitro auf den Parkplatz und Salomon entdeckte die Signallampen im Kühlergrill. Als er dann den Fed bei seiner Fragerunde beobachtet hatte, verflogen die letzten Zweifel.
»Ich bin’s, Boss. Ein Agent Duvall schnüffelt im Hotel herum und fragt nach Carl. Er war auch noch in einer Filiale der Post, hier ganz in der Nähe«, meldete Salomon.
Auf der anderen Seite trat für einige Sekunden Stille ein. Dann meldete sich Easterman mit klaren Anweisungen, die Desmond Salomon ein brutales Grinsen entlockten. Das war eine Aufgabe ganz nach seinem Geschmack.
»Keine Sorge, Boss. Das wird zu deiner Zufriedenheit erledigt. Dieser Schnüffler wird den Tag bedauern, an dem er sich mit dir angelegt hat«, versprach er.
Damit war das Telefonat beendet und Salomon beeilte
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