Jerry Cotton - 2929 - Rien ne va plus
hastete hinüber ins Schlafzimmer.
Aus alter Gewohnheit hatte sie ihre Kleidung aus dem Koffer in die Schränke geräumt. Als sie dabei auf bereits vorhandene Abendkleider stieß, fand Easterman eine glaubwürdige Begründung dafür.
»Manche unserer weiblichen Gäste entscheiden sich kurzfristig für einen längeren Aufenthalt und da helfen wir dann mit der erforderlichen Abendgarderobe aus. Männern kann natürlich genauso geholfen werden«, sagte er.
Vor wenigen Stunden hatte sich die Erklärung nachvollziehbar angehört, da June bei der Tour durchs Haus auf weitere ungewöhnliche Dienstleistungen stieß. Jetzt trieb sie aber ein völlig anderer Gedanke um und daher schaute June sich die Abendkleider ein wenig genauer an.
»Sie könnten alle auch Monica gehört haben«, dachte sie.
Ging ihr Misstrauen zu weit? June hängte den Bügel zurück in den Schrank und schaute sich in dem Ankleidespiegel an.
»Mache ich mir etwas vor? Lasse ich mich von Blairs Wahnvorstellungen leiten?«
Doch nachdem Junes Misstrauen einmal geweckt war, ließ es sich nicht so leicht wieder vertreiben. Ihr fiel ein, was David Easterman über den Wandsafe im Wohnzimmer gesagt hatte.
»Ich gehe davon aus, dass Sie ihn nicht benötigen. Wenn doch, besorge ich Ihnen den Zugangscode«, hatte er gesagt.
Da June weder besondere Wertgegenstände noch ihre Waffe mitführte, hatte sie keine Verwendung für den Safe gehabt. Sie zögerte einen Augenblick, bevor sie über das Haustelefon beim Empfang anrief.
»Clark. Ich habe leider die Kombination für den Safe in meiner Suite vergessen. Könnten Sie sie mir freundlicherweise noch einmal sagen?«, bat sie.
Wie erwartet wurde Junes Bitte prompt erfüllt und sie konnte eine Minute später die Tür des Wandsafes öffnen. Sie schaute auf den kleinen Stapel von Dokumenten und zögerte erneut. Es würde unsagbar peinlich werden, wenn June beim Herumschnüffeln in Eastermans privaten Unterlagen erwischt wurde. Sie überwand ihre Hemmung und nahm nacheinander die Dokumente heraus, um sie sich genauer anzusehen.
Sie blätterte den Reisepass durch und legte alle Dokumente schließlich zurück. Gerade als sie die Tür wieder schließen wollte, entdeckte sie den kleinen Stick. Er musste anfangs hinter dem Stapel gelegen haben, weshalb June das Speichermedium übersehen hatte. Beim Zurücklegen der Unterlagen hatte sie ihn verschoben und nahm den Memorystick jetzt heraus.
Es gab eine moderne Medienausstattung in der Suite, sodass June trotz zunehmenden schlechten Gewissens die Daten auf dem Stick untersuchen konnte. Als die Bilder über den Monitor flimmerten, schaute June gebannt darauf und wusste, wie sehr Easterman sie getäuscht hatte.
»Sie hätten es nicht tun dürfen«, erklang plötzlich Eastermans Stimme hinter ihr.
June fuhr herum und sprang auf. Er musste sich mit einer Mastercodekarte Zutritt verschafft haben und stand mit vor Hass leuchtenden Augen im Wohnzimmer.
»Das war die Suite Ihrer Schwester, richtig? Und Sie haben alle Räume vom Sicherheitsdienst überwachen lassen?«, fragte June.
Er nickte. Nur so machte sein heimliches Eindringen einen Sinn und erklärte auch, wieso er über die Ausflüge seiner Schwester nach New York informiert gewesen war. Alle Ausreden mussten zwangsläufig ins Leere laufen. Easterman war ein krankhafter Kontrollfreak.
»Ja, und Monica war genauso undankbar wie Sie. Warum fällt es euch Weibern nur so schwer, wahre Liebe anzunehmen?«, erwiderte er.
Seine Stimme war ohne jede Emotion, wodurch seine Anschuldigung umso stärker wirkte. June erkannte seinen Wahn, den David Easterman bislang hinter der Maske eines zuvorkommenden Menschen versteckt hatte.
»Musste Monica deswegen sterben?«, fragte sie.
June wollte vor allem Zeit gewinnen und stellte Easterman daher Fragen, die seinen Gemütszustand durchaus zu ihrem Nachteil beeinflussen konnten.
»Blair wird vermutlich das Kasino überwachen«, hoffte sie.
Wenn Easterman sie aus dem Haus schaffen wollte, konnte Junes Partner noch eingreifen. Wesentlich kritischer sah es jedoch aus, wenn der Kasinobetreiber sie auf der Stelle töten und erst später wegschaffen würde. June wusste, wie riskant ihr Vorgehen war, und sah dennoch keinen Ausweg.
***
Die Vernehmungen liefen parallel und so erhielt ich regelmäßig neue Erkenntnisse. Es waren vor allem die Gäste der illegalen Spielclubs, die sich ausgesprochen aussagebereit zeigten.
»Mit diesen Informationen bekommt die Staatsanwaltschaft reichlich
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